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Aleksander Timofejew. Zwei Kämpfer aus E. Freybergs Truppe (eine biographische Rekonstruktion)

Ermittelt werden konnten die Namen zweier Kämpfer aus der Truppe von E. Freyberg (später Atschinsker Partisanen-Reiter-Einheit, Atschinsker Schwadron). Angeführt werden grundlegende biographische Angaben zu jedem von ihnen, einschließlich der Namen nahestehender Angehöriger. Alle persönlichen Angaben, unter anderem auch Fotos, gehen erstmalig in den wissenschaftlichen Austausch.

Lange Zeit war ein Artikel in der Zeitschrift „Wachsoldat“1 die einzige Quelle, in der in aller Kürze die Geschichte der Atschinsker Partisanen-Reiter-Einheit (AKPO) beschrieben wurde. Die biographische Information, die unlängst von S.W. Wolkow2 vorgestellt wurde, enthält Einzelheiten biographischen Charakters über den Kommandeur der Einheit selber, erklärt jedoch keineswegs die Gründe für sein Erscheinen in Krasnojarsk. Die namentliche Liste der Kämpfer dieser Einheit bleibt auch weiterhin ein Rätsel für die Forscher.

In der Tat stellt sich die Frage, warum der künftige Organisator der AKPO, E. Freyberg, sich von der Front nicht in den Süden Russlands aufmachte, wohin zahlreiche Offiziere strebten, sondern ins ferne Sibirien. Warum ging er nach Krasnojarsk? Mit welchem Ziel? Wie gelang es ihm in einer unbekannten Stadt eine militärische Einheit zu formieren, ohne dabei irgendwelche Verdachtsmomente zu erregen?

Es kam die Vermutung auf, dass seine Verwandten oder Freunde in Krasnojarsk lebten, auf die er zählen konnte…

Weiter unten werden biographische Angaben zweier Verwandter von E. Freyberg vorgestellt, die in Krasnojarsk lebten und Freiwillige in der AKPO waren. Es handelte sich um: Aleksander Freyberg – den jüngeren leiblichen Bruder des Kommandeurs der AKPO, sowie seinen Neffen Georgij Freyberg. Im Moment des Auftauchens von E. Freyberg in Krasnojarsk besuchten beide dieselbe Klasse der Krasnojarsker Realschule.

***

Und hier endet die Kunst.
Und es atmen der Boden und das Schicksal…
Leonid Pasternak

Aleksander Georgiewitsch von Freyberg

In der deutschen Version – Alexander Felix Freyberg3
(1/14.09.1900, Stadt Pernow, Gouvernement Livland4
- 6.09.1948, UdSSR5).

Teilnehmer am Bürgerkrieg in Sibirien, der Baikal-Region und dem Fernen Osten. Führer einer Hundertschaft. Emigrant6.

Geboren in er Familie eines Speditionskaufmanns, eines Balten-Deutschen.

Er war evangelisch-lutherischen Glaubens7, aber – überzeugter Monarchist. Er sprach Deutsch (Muttersprache), Russisch und Englisch. Staatsangehöriger des Russischen Imperiums8. Er besuchte die Krasnojarsker Realschule (1916-1918)9. Er absolvierte die Militär-Fachschule in Chita (1920, Truppenart – Kavallerie). Als Freiwilliger in der Atschinsker Partisanen-Kavallerie-Einheit (ab 18.07.1918). Beim Militärdienst in der Sibirischen Armee und anderen Truppenteilen der Ost-Front im Bürgerkrieg: Irkutsker Husaren-Regiment, Panzerzug der Militär-Fachschule Chita, 2. Baikal-Kosaken-Regiment10. Am 12. Oktober 1920 als Fähnrich der Baikal-Truppe in Charbin11. Zum zweiten Mal traf er in der Mandschurei aus dem Primorje-Gebiet kommend ein und passierte die Grenze am 22.11.1921 an der Station Pogranitschnaja, wo bei er im Besitz eines Urlaubsscheins des Regimentskommandeurs war und ein chinesisches Visum besaß; letzter Dienstgrad – Führer einer Hundertschaft12. War bei einer englischen internationalen Kommissionsgesellschaft tätig (Charbin, 1923-1928). Vorübergehende Beschäftigungen in der Mandschurei: Kaufmannsgehilfe, Zimmermann, Maler, Bergarbeiter, Arbeiter auf einer Milchfarm, in einem Brennholz-Lager, Wachmann; später diente er bis zum 26.01.1936 in der 1. Russischen Kompanie der 1. Vorhut-Armee-Einheit (Standort in der Stadt Taiwatschin, - handschriftliche Aufzeichnungen nicht eindeutig zu entziffern. Anm. A.T.)13. Die Art der Beschäftigung nach 1936 konnte nicht ermittelt werden. War Mitglied der Gesellschaft ehemaliger Zöglinge von Ataman Semenow an der Militärfachschule in Chita sowie der Militär- und Monarchie-Vereinigung (von 1934 bis zu ihrer Liquidierung.)14 Verhaftet am 02.04.1947, verurteilt am 01.08.1947 vom Kriegsgericht des Turkestaner Wehrkreises nach § 58-2 des Strafgesetzes der RSFSR zu 10 Jahren Freiheitsentzug. Starb am 06.09.1948 an einem der Haftverbüßungsorte in der Usbekischen SSR15.

Verwandte: Vater – Georg Johann von Freyberg16 (1848-?), Mutter – Jekaterina/Katharina von Freyberg (geb. itt17, 1865-1945?, verstorben auf einem Schiff bei der Evakuierung aus Pernow, begraben auf dem Rostocker Friedhof18), Brüder: Erich (08.01.1890, Stadt Pernow, Gouvernement Livland – 11.10.1944, Allenstein, Deutschland)19, Christian (12.05.1892, Stadt Pernow, Gouvernement Livland20 – nach 1949, Berlin21), German (im Kirchenbuch Hermann; 10.09.1895, Stadt Pernow, Gouvernement Livland22. – 07.07.1930, Aubure/Vogesen, Frankreich23). War nicht verheiratet, besaß keine Kinder; er war der letzte Vertreter seines Projekts24.

Georgij Wladimirowitsch von Freyberg

In der deutschen Version – Georg von Freyberg, in der englischen – George von Freiberg (24.07.1901, Stadt Pernow, Gouvernement Livland. – 26.09.1948, San Francisco, USA)25 In einigen Dokumenten der Krasnojarsker Realschule ist er vermerkt als Grzegorz und Grigorij 26.

Teilnehmer am Bürgerkrieg in Sibirien, im Baikal-Gebiet und in Fernost. Emigrant.

Sohn einer Bürgerlichen aus den Reihen der Verbannten, eines Balten-Deutschen27. Glaubensbekenntnis: katholisch, nahm 1977 den orthodoxen Glauben an; überzeugter Monarchist. Staatsangehöriger des Russischen Imperiums28. Besuchte die Allgemeine Realschule in Kansk (1914) und die Krasnojarsker Realschule (1914-1918)29. Freiwilliger in der Atschinsker Partisanen-Infanterie-Einheit (ab 18.07.?1918). Absolvierte die Militärfachschule in Chita (1920, Truppen-Art – Kavallerie).

In der Emigration ab 1920. Passierte die Grenze zur Mandschurei mit der Truppen-Unterabteilung der Kavallerie von Ataman Semenow. Lebte eine Zeit lang in Charbin, wo er in der Kommissionsgesellschaft „Internationale Ko“ tätig war (1920-1924) und als Platzanweiser in privaten Omnibussen (1924-1930)30. Heiratete O:A. Schestakowa (Stadt Charbin, 01.07.1935?). Diente als Kommandeur und Instrukteur in den Einheiten Tschiang Kai-Scheks. Erlitt eine schwere Verwundung. Lebte eine Zeit lang in Shanghai, wo er als Leibwächter bei einem wohlhabenden chinesischen Händler angestellt war, später – als Wachmann bei der Firma CalTex31. Ab 1943 erneut in Charbin, wohin er mit seiner Ehefrau auf Einladung eines Verwandten umzog, der dort über einen ständigen Arbeitsplatz verfügte32. Ein paar Jahre später kehrte er nach Shanghai zurück. Im Flüchtlingslager auf der Insel Tubabao , Philippinen (1949-1950)33. In der Emigration in den USA ab 30.11.1950. Dauerhafter Wohnsitz in San Francisco, wo er, ohne jemals Urlaub zu nehmen; bis zu seinem 70. Lebensjahr als Putzhilfe im Balfour Building arbeitete, auf dem Bau jobbte und sich mit dem Anstreichen von Häusern befasste34.

Verwundung: am Bein, Brust-Durchschuss im Bereich des Herzens, mehrere abgefrorene Zehen wurden ihm amputiert35.

Auszeichnungen: Georgskreuz36 4. Grades N° 12337937.

Verwandte: Vater – Wladimir Jegorowitschz von Freyberg (22.04.1850 – 1927, Stadt Charbin)38, Mutter – Maria Boleslawowna von Freyberg (geb. Nowazkaja, 29.08.1872, Sankt Petersburg – 25.08.1957. Krasnojarsk)39, Schwestern: Jekaterina (17.11.1897, Krasnojarsk – 11.02.1986, Krasnojarsk)40 und Warwara (4/17.01.1900, Tomsk – 19.06.1990 Worms, Deutschland)41, Ehefrau Olga Aleksejewna von Freyberg (geb. Schestakowa, 27.06.1915, Nertschinsk – 22.05.2002, San Francisco, USA), Tochter Natalia (geb. 09.02.1947 in Shanghai)42.

Ich möchte meinen aufrichtigen Dank und meine tiefempfundene Anerkennung gegenüber N. Sawelnik und B. Hanaoke zum Ausdruck bringen, die auf die Anfrage reagiert haben und nicht nur ihre Erinnerungen geteilt, sondern auch äußerst seltene Fotografien aus ihren Sammlungen zur Verfügung gestellt haben.

Sehr herzliche danke ich auch N. Malkow, der die Mühe auf sich genommen hat, die beschädigten Fotos zu restaurieren.

Literatur- und Quellen-Angaben

1. Timofejew. Die Geschichte der Atschinsker Partisanen-Pferde-Einheit. „Der Wachmann“, N° 56, März 1931, S. 25.
2. S.W. Wolkow. Russische Kriegsemigration. Moskau, “Paschkow-Haus”. 2008.
3. National-Archiv Estlands. Saaga. EAA. 1273.1.350; 1900
4. National-Archiv Estlands. Saaga. EAA. 1273.1.350; 1900
5. Föderaler Sicherheitsdienst der Russischen Föderation. Verwaltung des Gebietes Omsk. Ausg. N° 10/7/T-32 vom 23.03.2010. Persönliches Archiv des Autors.
6. Staatsarchiv der Region Chabarowsk, Bestand 830. Verz. 3. Zuordnungseinheit 50095. Blatt 1-21.
7. Nationalarchiv Estlands. Saaga. EAA.1273.1.350; 1900
8. Staatsarchiv der Region Chabarowsk, Bestand 830. Verz. 3. Zuordnungseinheit 50095. Blatt 1-21.
9. Staatsarchiv der Region Krasnojarsk. Bestand 855. Verz. 1. Dossier 566. Blatt 22, Rücks. 23.
Staatsarchiv der Region Krasnojarsk. Bestand 855. Verz. 1. Dossier 18. Blatt 89
10. Staatsarchiv der Region Chabarowsk, Bestand 830. Verz. 3. Zuordnungseinheit 50095. Blatt 1-21.
11. Abschrift aus dem Kirchenbuch „Über Eheschließungen“ im Jahr 1920, herausgegeben vom Kirchspiel der Heiligen Aleksejewsker Kirche in Modjagou, Stadt Charbin. N° 182. Persönliches Archiv des Autors.
12. Staatsarchiv der Region Chabarowsk, Bestand 830. Verz. 3. Zuordnungseinheit 50095. Blatt 1-21.
13. Ebenda
14. Ebenda
15. Föderaler Sicherheitsdienst der Russischen Föderation im Gebiet Omsk. Ausg. N° 10/7/T-32 vom 23.03.2010. Persönliches Archiv des Autors.
16. Nationalarchiv Estlands. Saaga. EAA.1273.1.350; 1900
17. Ebenda
18. Bernard Ford Hanaoka (Warschau, Polen), persönliche Information
19. Ebenda. Nationalarchiv Estlands. Saaga. EAA.1273.1.340.2; 1890
20. Nationalarchiv Estlands. Saaga. EAA.1273.1.342; 1892
21. Bernard Ford Hanaoka (Warschau, Polen), persönliche Information
22. Nationalarchiv Estlands. Saaga. EAA.1273.1.345; 1895
23. Unvergessene Gräber. Russisches Ausland: Nekrologe 1917-2001: Bd. 6, Buch 2. Skr-F /
Ros.Gos.B-ka; Verf.: W.N. Tschuwakow; unter der Redaktion von J.W. Makarewitsch. –
Moskau, 2005, S. 692
24. Bernard Ford Hanaoka (Warschau, Polen), persönliche Information
25. Natalie Sabelnik (San Francisco, USA), persönliche Information
26. Staatsarchiv der Region Krasnojarsk, Bestand 855. Verz. 1. Dossier. 282. Blatt 2-2 Verso.
27. Der Vater unterhielt in der Stadt Krasnojarsk das “Eremitage”-Hotel, welches sich 1895 in
der Woskressenskij-Straße (im Haus der Kandaurowa) befand, später in der
Blagoweschtschensker Straße 105 (im Haus der Melnikowa).
28. Natalie Sabelnik (San Francisco, USA), persönliche Information
29. Staatsarchiv der Region Krasnojarsk, Bestand 855. Verz. 1, Dossier 566, Blatt 9 Verso -
10.
Staatsarchiv der Region Krasnojarsk, Bestand 855. Verz. 1, Dossier 35, Blatt 23-23 Verso.
Staatsarchiv der Region Krasnojarsk, Bestand 855. Verz. 1, Dossier 306, Blatt 22
Staatsarchiv der Region Krasnojarsk, Bestand 855. Verz. 1, Dossier 566, Blatt 9 Verso-10
30. Staatsarchiv der Region Chabarowsk, Bestand 830. Verz. 3. Dossier 44537, Blatt 11
31. Natalie Sabelnik (San Francisco, USA), persönliche Information
32. Staatsarchiv der Region Chabarowsk, Bestand 830. Verz. 3. Dossier 44537, Blatt 11
33. Bernard Ford Hanaoka (Warschau, Polen), persönliche Information.
Natalie Sabelnik (San Francisco, USA), persönliche Information.
34. Natalie Sabelnik (San Francisco, USA), persönliche Information
35. Ebenda
36. Staatsarchiv der Baikal-Region, Bestand 329, Verz. 1, Dossier 75, Blatt 78 Verso.
37. Natalie Sabelnik (San Francisco, USA), persönliche Information
38. Persönliches Archiv des Autors
39. Ebenda
40. Ebenda
41. Ebenda
42. Natalie Sabelnik (San Francisco, USA), persönliche Information

Foto-Quellen
Fotos des Alexander von Freyberg und des Georg von Freyberg – aus der Kollektion von N. Sabelnik (San Francisco, USA), Foto vom Georgskreuz – aus der Kollektion des Autors.


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