23. Mai 1941
Nach Informationen der Operativen Abteilung des Nördlichen Petschora-Lagers bei der Hauptverwaltung der Lager für den Bau von Eisenbahnstrecken des NKWD ergreift die Leitung des Petschora-Lagers, trotz der Lektionen des vergangenen Jahres, nicht die dringend erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung normaler Alltagsbedingungen für die Häftlinge. Die Gefangenen werden in Filzschuhen und alten Schnürschuhen aus Segeltuch zur Arbeit geführt, und in der Frühlingsschlammzeit müssen sie tagelang in Schmutz und kaltem Wasser stehen, wodurch eine Vielzahl von Erkältungskrankheiten hervorgerufen wird.
Am 10. Mai dieses Jahres gab es allein im südlichen Abschnitt des PetschorLag / NKWD 1.361 stationär behandelte Kranke. Die Zahl der Erkrankten steigt von Tag zu Tag.
In erschreckendem Maße zugenommen hat auch die Anzahl der an Skorbut erkrankten Personen. Am 10. Mai waren im südlichen Abschnitt des PetschorLag / NKWD 8.939 Skorbutkranke registriert, davon 3.398 Personen im 2. und 3. Stadium und 4.991 im 1. Stadium der Erkrankung. Die Zahl der Skorbuterkrankungen nimmt zu.
Trockenräume, Baderäume, Desinfektionskammern decken den Bedarf der Arbeitskolonnen zu 50% - aus Mangel an Siedekesseln sind die Menschen gezungen ungekochtes Wasser zu trinken, beim Küchengeschirr ist der tatsächliche Bedarf lediglich zu 40% gedeckt.
Baracken und Zelte befinden sich in einem katastrophalen sanitären Zustand, es gibt kaum Bettzeug und Leibwäsche, der Läusebefall unter den Häftlingen liegt bei 70%.
Trotz Anordnung der Lagerleitung des PetschorLag wird die übliche 21-tägige Quarantäne für neuangekommene Etappen nicht eingehalten.
Die in Kanin-Nos eingetroffenen Transporte werden zufuß, in Filzschuhwerk, durch Matsch und Wasser, an ihren 150 km entfernten Bestimmungsort geschickt.
Leiter des GULAG / NKWD der UdSSR - Major der Staatssicherheit NASEDKIN
Staatsarchiv der Russischen Föderation, Fd. 9414, Vz.1, Akt. 42. Bl. 40-41.
Maschinengeschriebene Kopie
Veröffentlicht in
RUSSLAND. 20. JAHRHUNDERT. DOKUMENTE. GULAG (Hauptverwaltung der Lager)
1917-1960
VERFASSER: A.I. Kokurin und N.W. Petrow
Wissenschaftlicher Redakteur: W.N. Schostakowskij
MOSKAU 2000