Rundschreiben des Ministers für innere Angelegenheiten der Sowjetunion
und
der Generalstaatsanwaltschaft der Sowjetunion, 1947,
N°. 32/39 streng geheim.
INHALT: Über die Art und Weise der Heranziehung zur strafrechtlichen
Verantwortung von Sonder-Umsiedlern wegen Flucht aus den Orten ihrer
Zwangsansiedlung
Stadt Moskau
N°. 32/39 streng geheim
14. Februar 1947
An die Minister für innere Angelegenheiten der Unions- und autonomen Republiken, die Leiter der MWD-Behörden der Regionen und Gebiete, die Staatsanwälte der Republiken, Regionen und Gebiete
Im Zusammenhang mit den eingetroffenen Anfragen über die Art und Weise der Heranziehung zur strafrechtlichen Verantwortung von Sonder-Umsiedlern wegen Flucht aus den Orten ihrer Zwangsansiedlung – wird darum ersucht, sich von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
1. Sonderumsiedler –„Wlassow-Anhänger“, Legionäre, ehemalige Polizei-Angehörige und andere Personen, die in der deutschen Armee gedient haben, sind für Fluchtversuche nach Abs. 2, § 82 des Strafgesetzes der RSFSR sowie den entsprechenden Paragraphen des Strafgesetzes der anderen Unionsrepubliken zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen.
2. Sonderumsiedler aus dem Nord-Kaukasus, Kalmücken, Krim-Tataren und andere, die während des Vaterländischen Krieges umgesiedelt wurden, sind für Fluchtversuche nach § 16 und Abs. 1, § 82 des Strafgesetzes der RSFSR sowie den entsprechenden Paragraphen des Strafgesetzes der anderen Unionsrepubliken zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen.
3. Ermittlungsakten über Fluchtversuche von Sonderumsiedlern, wie in Punkt 1 und 2 dieser Direktive beschrieben sind durch die MWD-Organe an den Haftorten der Geflohenen zu führen und bei Abschluss des Untersuchungsverfahrens, gemäß Befehl des MWD der UdSSR N° 354 vom 23. Oktober 1946, zur Überprüfung an die Sondersitzung beim MWD der UdSSR weiterzureichen.
4. Die Anordnungen der Sondersitzung beim MWD der UdSSR hinsichtlich der wegen Fluchtversuch verurteilten Sonderumsiedler sind sowohl an das MWD / die MWD-Behörden weiterzuleiten, welche die Verhaftung des Geflohenen vorgenommen haben, als auch an die MWD-Stellen, in deren Zuständigkeitsbereich die Flucht verübt wurde.
5. Sonderumsiedler – Deutsche aus den Reihen der während des Vaterländischen Krieges zu Industrieunternehmen mobilisierten Personen, die vom Arbeitsplatz desertiert sind, sind zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen, und zwar: am Haft-Ort nach dem Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 26. Juni 1940 oder gemäß Ukas des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 26. Dezember 1941 – in Anhängigkeit von der Art des Industrieunternehmens, aus dem der Sonderumsiedler desertierte.
Diese Sonderumsiedler sind nach Verbüßung ihrer Strafe mit einer Gefangenenetappe an den Wohnort ihrer Familie zu schicken.
6. Sonderumsiedler aus den Reihen der nicht arbeitsfähigen oder noch minderjährigen Personen sowie Familien mit zahlreichen Kindern (die mit ihren minderjährigen Familienmitgliedern geflohen sind), sind nicht wegen Fluchtversuchs an ihrem Verhaftungsort zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen, sondern gemäß Punkt 2 des Rundschreibens des NKWD der UdSSR N° 275 vom 29. Dezember 1944 in gewöhnlichen Passagierzügen oder einzelnen Waggons ohne Bewachung, jedoch in Begleitung von Mitarbeitern des MWD / der MWD-Behörden, zur Verfügung des MWD / der MWD-Behörden an den festen Aufenthaltsorten, an denen der Fluchtversuch erfolgte, zurückzuschicken.
Die Frage der Heranziehung zur strafrechtlichen oder administrativen Verantwortung dieser Art von Sonderumsiedlern wegen Fluchtversuchs ist von den örtlichen MWD-Organen und den Organen der Staatsanwaltschaft bei Eintreffen dieser Sonderumsiedler an ihrem ständigen Aufenthaltsort zu entscheiden.
7. Bei der Ent6scheidung der Frage über die Heranziehung zur strafrechtlichen Verantwortung wegen Fluchtversuchs von Sonderumsiedlern (ehemaligen Großbauern) aus ihren Siedlungsorten, ist der Befehl des NKWD der UdSSR und der Staatsanwaltschaft der UdSSR N° 0041 vom 9. Januar 1941 zu befolgen.
Punkt 1 des Rundschreibens des NKWD der UdSSR N° 275 vom 29.12.1944 und die Direktive des NKWD der UdSSR N° 246 vom 20.12.1945 sin für ungültig zu erklären.
Der Minister für innere Angelegenheiten der UdSSR
General-Oberst (S. Kruglow)
Generalstaatsanwalt der Sowjetunion
Amtierender staatlicher Ratgeber der Justiz
(Gorschenin)