Infolge der Vereinfachung des sowjetischen Gesellschafts- und Staatsaufbaus, des gestiegenen Wohlstands und kulturellen Niveaus in der Bevölkerung, der Zunahme des Bewusstseins unter den Bürgern, ihrer aufrichtigen Einstellung gegenüber der Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Pflicht, haben sich Gesetzlichkeit und sozialistische Rechtsordnung gefestigt und die Kriminalität im Lande merklich vermindert.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ist der Meinung, dass unter
diesen Bedingungen keine Notwendigkeit besteht, Personen weiterhin an den
Haftverbüßungsorten inhaftiert zu halten, die Verbrechen begangenen haben,
welche keine große Gefahr für den Staat darstellen, und die durch ihr
gewissenhaftes Verhalten gegenüber die Arbeit unter Beweis gestellt haben, dass
sie ins aufrichtige Arbeitsleben zurückkehren können und nützliche Mitglieder
der Gesellschaft sein können.
Das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ordnet an:
1. Aus den Haftverbüßungsorten und anderen nicht mit Freiheitsentzug verbundenen Strafmaßnahmen die Personen zu entlassen, die zu einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren einschließlich verurteilt wurden.
2. Aus den Haftverbüßungsorten wegen Amts- und Wirtschaftsvergehen sowie Kriegsverbrechen (wie in §§ 193-4 „a“, 193-7, 193-8, 193-10, 193-10a, 193-14, 193-15, 193-16 und 193-17 „a“ des Strafgesetzes der RSFSR und den entsprechenden Strafgesetzbüchern der anderen Unionsrepubliken aufgeführt) Verurteilte, unabhängig von ihrer Haftdauer, freizulassen.
3.Aus den Haftverbüßungsorten, unabhängig von der Haftdauer, verurteilte Frauen mit Kindern bis zu zehn Jahren und schwangere Frauen zu entlassen, außerdem nicht Volljährige unter 18 Jahren, Männer über 55 Jahre, Frauen älter als 50 Jahre sowie Verurteilte, die an schweren, unheilbaren Krankheiten leiden.
4. Die Strafe von Verurteilten, die zu einer Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurden, um die Hälfte zu senken.
5. Alle Ermittlungsverfahren sowie Fälle, die noch nicht gerichtlich behandelt wurden, einzustellen, sofern die Verbrechen vor Bekanntgabe des vorliegenden Ukas verübt wurden:
a) für die laut Gesetz eine Freiheitsstrafe mit einer Dauer von bis zu fünf Jahren oder andere Strafmaßnahmen vorgesehen sind, die nicht mit einer Inhaftierung an einem Haftverbüßungsort verbunden sind,
b) Amts-, Wirtschafts- und Kriegsverbrechen, wie in § 2 des vorliegenden Ukas genannt,
c) sofern sie von unter Punkt 3 dieses Ukas erwähnten Personen begangen wurden.
In anderen Fällen von Verbrechen, die vor Herausgabe dieses Ukas begangen wurden, für die laut Gesetz ein Freiheitsentzug von mehr als fünf Jahren vorgesehen war gilt: sofern das Gericht es für erforderlich hält, eine Strafe von unter fünf Jahren zu verhängen, den Verurteilten ganz von der Strafe zu befreien; sofern das Gericht an mehr als fünf ahren Freiheitsentzug festhält, die Strafe um die Hälfte zu vermindern.
6. Bürgern die Vorstrafen zu erlassen und ihnen ihr Wahlrecht zurückzugeben, die früher verurteilt wurden und ihrer Strafe verbüßt haben oder vorzeitig, auf Grundlage des geltenden Ukas, von ihrer Strafe freigestellt wurden.
7. Die Amnestie nicht anzuwenden bei Personen, die wegen konterrevolutionärer Verbrechen, Diebstahl sozialistischen Eigentums in großem Umfang, Banditenwesen und vorsätzlichem Mord zu mehr als fünf Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurden.
8. Es für unerlässlich zu halten, die Strafgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken zu überprüfen, mit dem Hintergrund, die strafrechtliche Verantwortlichkeit für einige Amts-, Wirtschafts-, Alltags- und andere weniger gefährliche Delikte durch Maßnahmen administrativer und disziplinärer Art zu ersetzen, sowie die strafrechtliche Verantwortung für einzelne Verbrechen zu mildern.
Dem Ministerium der Justiz der UdSSR die Anordnung zu erteilen, innerhalb einer Frist von einem Monat entsprechende Vorschläge auszuarbeiten und sie zur Überprüfung beim Ministerrat der UdSSR zur weiteren Vorlage beim Präsidium es Obersten Sowjets der UdSSR einzureichen.