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Wen störten die Bewohner von Mochowo

Unsere Region Krasnojarsk war nicht nur ein Ort, an dem Menschen aus politischen Motiven verhaftet wurden (es waren mehr als 50,000 Personen), sondern auch ein Gebiet, in dem Menschen ihre unverdiente Strafe verbüßten. Und das waren mehr als eine halbe Million Sondersiedler, enteignete Großbauern, Deportierte, Verschleppte. Im traurig-berühmten Norillag, Kraslag, Jenisejstroi und anderen Lagern auf Krasnojarsker Boden befanden sich hunderttausende Gefangene. Ein besonderer Teil des Strafgesetztes der RSFSR bestrafte alle, die nach dem Ermessen der Ermittlungsrichter unerwünscht waren. Dies war im Rahmen des § 58 möglich – konterrevolutionäre Verbrechen. Der Untersuchungsrichter konnten diesen Paragraphen mit jedem beliebigen Vermerk versehen und den Angeklagten zum Tod durch Erschießen verurteilen.

Der blutige § 58 rollte in den 1930er Jahren wie ein Moloch auch durch unseren Bezirk. Nahe Bolschoj Porog am, Ufer des Jenisej, gab es ein Dorf namens Mochowo, in dem 26 Höfe standen und 102 Menschen wohnten. Laut Ermittlungsmaterialien, die im Martjanow-Museum in Minusinsk aufbewahrt wurden, führten die Einwohner von Mochowo angeblich konterrevolutionäre Aktivitäten durch und befassten sich mit antisowjetischer Agitation. 21 Familien wurden verschleppt, 8 Personen verhaftet und in Minusinsk erschossen. Nachfolgend die namentliche Liste der Erschossenen:

Kucharenko, Pawel Andrianowitsch, geb. 1902, erschossen am 07.05.1938
Mochow, Ilja Fjodorowitsch, geb. 1908, erschossen am 11.04.1938
Spirin, Iwan Wasiljewitsch, geb. 1893, erschossen am 27.05.1938
Fatejew, Andrej Sergejewitsch, geb. 1863, erschossen am 09.03.1938
Tschurogaschew, Pawel, Konstantinowitsch, geb. 1875, erschossen am 31.05.1938
Schaburakow, Stepan Romanowitsch, geb. 1882, erschossen am 14.04.1938
Aprajew, Prokopij Kapitanowitsch, geb. 1901, erschossen am 05.08.1938
Spirin, Fjodor Wasiljewitsch, geb. 1903, erschossen am 27.05. 1938

Die Einwohner von Mochowo lebten friedlich miteinander. Sie pflanzten Kartoffeln, bauten Gemüse an, bewachten die Lagerhäuser der Jenisej-Motorschifffahrtsgesellschaft, fischten und jagten. Schönheit, freies, ungebundenes Leben, auf hundert Werst keine Menschenseele. Wen sollten sie hier denn schon gegen die Sowjetmacht einschwören und sich dazu auch noch mit „Konterrevolutionären Tätigkeiten befassen“? Die Einwohner von Mochowo waren in ihrer Mehrheit Analphabeten, und Ausdrücke wie antisowjetische Agitation oder konterrevolutionäre Aktivitäten kannten und verstanden sie überhaupt nicht. Das Dörfchen Mochowo existiert heute schon nicht mehr, an seiner Stelle plätschern die Wellen des Sajan-Schuschensker Staudamms.

I. Sorin

Schmerz und Erinnerung. Gewidmet den Opfern der politischen Repressionen in den 1930er bis 1950er Jahren im Jermakowsker Bezirk


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