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Das höllische Schwungrad des Todes

Die Repressionen der 1930er Jahre drehten sich. Haftanstalten und Isolationsgefängnisse der Region Krasnojarsk zermalmten hunderttausende Gefangene. Das Höllen-Schwungrad war mit voller Kraft in Gang gesetzt worden.

So wurden in der Ortschaft Busunowo, im Krasnoturansker Bezirk mehr als 20 Männer mit dem Nachnamen Busunow verhaftet. Und am 6. November 1937 nahm man in Minusinsk den Oberpriester der Dreieinigkeitskirche, Nikolaj Iwanowitsch Komarow, fest. Um der konterrevolutionären Verschwörung der Kirchenmänner Bedeutung zu verleihen, wurden auch noch 31 weitere Geistliche verhaftet. Die Troika der NKWD-Behörde in der Region Krasnojarsk fackelte nicht lange und gab sich mit den Fällen gar nicht erst groß ab, sondern fasste am 27. November 1937 den Beschluss, 27 der Männer zum Tod durch Erschießen zu verurteilen. Am 6. Dezember desselben Jahres wurde das Urteil vollstreckt.

In unserer Region verbrachte in der Ortschaft Bolschaja Murta Jekaterina Aleksandrowna Maksimowa ihre Verbannungsstrafe, die Ehefrau des berühmten Agenten Richard Sorge; hier starb sie auch, aber ihre Grabstätte ist nicht bekannt. Olga Stepanowna Michailowa, die Ehefrau von Semjon Bujonnow, Solistin am Bolschoi-Theater verbrachte ihre Verbannungszeit in Jenisejsk; dort arbeitete sie an der Schule N° 45 als Reinmachefrau. Der berühmte Schauspieler Georgij Stepanowitsch Schschonow verbüßte seine erste Strafe an der Kolyma, wurde aber nach seiner Freilassung erneut verhaftet und nach Norilsk verschleppt. Aschchen Stepanowitsch Nalbandjan, die Mutter von Bulat Okudschawa verbrachte die Verbannungszeit in der Ortschaft Bolschoj Uluj. Der Sohn von Nikolaj Gumiljew und Anna Achmatowa – Lew Nikolajewitsch – wurde noch als Student des vierten Lehrgangs an der Fakultät für Geschichte der Staatlichen Leningrader Universität zu fünf Jahren Verbannung verurteilt. 1943 wurde er freigelassen, gelangte mit dem Kampfgeschehen bis nach Berlin und wurde am 6. November 1948 erneut verhaftet und zu 10 Jahren verurteilt. Nach seiner Freilassung schrieb er zwei Doktor-Arbeiten (historische und geographische Wissenschaften). Die berühmte Sängerin Lidia Ruslanowa verbüßte ebenfalls ihre Verbannungsstrafe in der Region Krasnojarsk. Auch die Frauen von W.M. Molotow und M.I. Kalinin erwiesen sich als Volksfeinde und verbüßten ihre Strafe in unserer Region. Stalin verschonte niemanden, nicht einmal die höchsten Persönlichkeiten aus seiner unmittelbaren Umgebung.

Von 1935 bis 1939 war A.J. Wyschinskij General-Staatsanwalt der UdSSR. In seinen
Gerichtsreden stellte er die „wissenschaftliche“ These auf, dass der beste Beweis für die Schuld eines Verhafteten sein persönliches Geständnis über das von ihm begangene Verbrechen ist. Die Massen-Verhaftungen der 1930er Jahre führten dazu, dass Haftanstalten, Isolationsgefängnisse und Lager vollkommen mit Häftlingen überfüllt waren, die in ihrer Mehrheit die erlogenen Anschuldigungen wegen antisowjetischer Tätigkeiten nicht zugegeben hatten.

Das Politbüro des Zentral-Komitees der WKP (B) mit Stalin an der Spitze verschickte unverzüglich in alle Republiken, Regionen und Gebiete seinen neuen Beschluss, in denen den Ermittlungsrichtern völlige Freiheit gelassen wird, unter anderem auch die, bei den Verhörend der Festgenommenen physische Gewalt anzuwenden, und um es etwas einfacher auszudrücken – sie zu foltern. Dies ist das Stalinistische Schwungrad der Vernichtung des eigenen Volkes.

Der bekannte Schriftsteller Boris Wasiljew, Autor des Romans „Im Morgengrauen ist es noch still“, brachte in der Radiosendung „Offenes Studio“, als er sich mit dem Journalisten Andrej Switenko unterhielt, solche Beispiele an. Ab August 1937 bis Oktober 1938 wurden im Land etwa zwei Millionen Menschen repressiert, von denen mehr als 670.000 erschossen wurden. Und während Stalins Regierungszeit wurden mehr als 16 Millionen Menschen unterdrückt. Mehr als 40.000 Militär-Fachleute wurden am Vorabend des Großen Vaterländischen Krieges erschossen. Im Grunde genommen war die Armee damit führungslos.

Die offene „wissenschaftliche“ These Wyschinskijs, durch Foltern untermauert, erbrachte recht schnelle Resultate. Die Häftlinge, die durch das Foltern bis zum Wahnsinn getrieben wurden, unterschrieben die absurden Anklageschriften mit den ihnen vorgeworfenen Beschuldigungen. 1937 unterzeichneten auf diese Weise 61 Bewohner des Bezirks ihre eigenen Todesurteile, ein Drittel von ihnen waren Einwohner von Usinsk. Und im darauffolgenden Jahr wurden bereits 200 Personen erschossen. Allein im August desselben Jahres wurden 34 Jermakowsker vernichtet, die Hälfte von ihnen stammte aus Usinsk. Und im Morgengrauen des 10. März 1938 ereignete sich eine schreckliche blutige Tragödie: in Minusinsk wurden 79 Einwohner unseres Bezirks hingerichtet. Am meisten hatten die Bewohner der Ortschaft Wjerchneusinsk unter den Repressionen zu leiden. In diesem Zeitraum wurden hier mehr als dreitausend Einwohner gezählt, und die Hälfte von ihnen war Repressionen ausgesetzt; 118 wurden erschossen.

Die tragischen 1930er Jahre der Stalinistischen Repressionen gehören inzwischen der Vergangenheit an, aber der Schmerz der Verluste ist in der menschlichen Erinnerung haften geblieben.

I. Sorin

 

Schmerz und Erinnerung. Gewidmet den Opfern der politischen Repressionen in den 30er bis 50er Jahren des 20. Jahrhunderts im Bezirk Jermakowskoje


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