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Kerze der Erinnerung. Das Tajmyr-Gebiet in den Jahren der politischen Verfolgung. Erinnerungen

Gilda (Hilde) Georgiewna Malyschewa (Prott). Wir aßen Fischschuppen

Geboren 1925 in der Ortschaft Warenburg, ASSR der Wolgadeutschen. Im September 1941 in die Region Krasnojarsk ausgesiedelt und 1942 in die Siedlung Nikolskij, Bezirk Dudinka, verschleppt. Arbeitete als Fischerin. Lebt heute in der Siedlung Nosok, Ust-Jenisejsker Bezirk.

Wir lebten nicht weit von der Wolga entfernt .....

Ich wurde schon früh zur Waise. Mama starb bei der Geburt, und kurz darauf verließ uns auch der Papa. Meine ältere Schwester zof mich groß. Emma war damals dreizehn jahre alt. Im Herbst 1941 geriet ich mit ihr in das sibirische Dörfchen Parowaja, Beresowsker Bezirk, Region Krasnojarsk. Ein Jahr später, im September 1942, brachten sie uns ins Tajmyrgebiet. In der kleinen Siedlung Nikolskij gab es eine Kolchos namens „Kirow“. Wir begannen dort mit dem Fischfang und gingen auf die Jagd. Jeden Monat, jeweils am 15., mußten wir uns in der Kommandantur melden. Man fürchtete, dass wir fliehen könnten. Aber wo sollten wir denn schon ohne vernünftige Kleidung, ohne Dokumente hinlaufen.

Der erste Winter in Nikolskij (1942-1943) war ganz schrecklich. Die Menschen hungerten. Sie aßen die Haut der Rentiere und die Schippen der Fische. Vereinzelt aßen halbwüchsige Mädchen ihre Finger auf. Viele erfroren in der Tundra, denn sie hatten keine Kraft mehr, Brennholz zu tragen oder die Fischernetze aus dem Wasser zu ziehen....

Wir bekamen alles Schlechte ab, es war ein schweres Leben. Wir fischten in Schnürstiefeln bis Mitte Oktober. Zu der Zeit herrschte bereits Frost, der Fluß war zugefroren.

Und nun melden sich die Gelenke mit dumfem Schmerz, es tut immer weh ....

Aufgezeichnet in der Siedlung Potapowo im Jahre 1992


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