Einen großen Eindruck hinterließ bei mir ein hochgebildeter, kultivierter
Mann, ein Spezialist im Bereich der Seefahrt, der hervorragend Englisch sprach –
der Kapitän auf großer Fahrt Georgij Osipowitsch Kononowitsch; er war es, unter
dessen Kommando 1947 im Rahmen der Reparationsleistungen eine Schiffskarawane
von Finnland nach Dudinka verlegt wurde, mit dem Eisbrecher „Tajmyr“ und einer
wunderschönen, finnischen Dreimast-Yacht an der Spitze, die mit gehißten Segeln
ihren Ankerplatz in Dudinka anfuhr, und alle an den Anlegern festgemachten und
auf Reede liegenden Schiffe, alle möglichen „Kähne“ und sogar das städtische
Wärmekraftwerk ließen ihre langgezogenen, dreimaligen Begrüßungssirenen ertönen.
Mit so einem Pomp also wurde Kapitän Kononowitsch Anfang September 1947 für
seinen Mut und das qualifizierte Lenken der Schiffskarawane aus dem Baltikum
empfangen, deren Weg an Skandinavien vorbei, durch die rauhen Gewässer des
Nordmeer-Seewegs bis an den Jenisej geführt hatte. Am folgenden Tag luden der
Abteilungsleiter für das Wassertransportwesen Rasin und Kapitän Kononowitsch
alle freien Mitarbeiter dieser Abteilung ein, die finnische Yacht zu besichtigen
und damit eine Probefahrt auf dem Jenisej zu unternehmen. Auf der Yacht wurden
wir von der Mannschaft der „Seewölfe“ – ein paar rauhen und braungebrannten
Burschen – begrüßt. Im Frachtraum zeigte man uns eine Reihe herrlicher Kajüten
mit 18 Schlafplätzen sowie die Gemeinschaftskajüte im Bugteil, neben der sich
die Kombüse mit Herd, Kühlschrank, Spülbecken und einem Küchentisch befanden.
Alle waren verblüfft, als sie die für zwei Personen gedachte Sauna sahen, die
mit zwei Sitzbänken und einem gußeiserenen Ofen ausgestattet war, auf dem Kugeln
aufgestellt waren, aus denen der Dampf strömte. Der Maschinenraum mit einem 100
PS Dieselmotor war sauber und aufgeräumt. Die Antriebsschraube besitzt
Rotationsflügel; deswegen wird sie abgestellt, wenn man unter Segeln fährt, so
daß eine Bremswirkung ausgeschlossen ist. Die Toilette mit zwei Klosettbecken
und einer Dusche befand sich im Heck, gleich neben der Sauna. Alles sah in
dieser Miniaturform sehr schön und anziehend aus. Die Stunden dieser Exkursion,
mit der man uns beschenkt hatte, hinterließen bei uns einen großen Eindruck. Von
ganzem Herzen dankten wir Kapitän Kononowitsch und seiner Mannschaft für dieses
freizügige Geschenk.
Es näherte sich bereits der Polarwinter, und so wurde die Yacht Ende September
zur Winterreede nach Igarka verlegt. Auf Beschluß der Hafenleitung von Dudinka
wurde diese Yacht dem Direktor des Norilsker Kombinats, Generalmajor Panjukow,
zugeteilt. Aber dann ereignete sich ein Unglück. Während der ersten
Überwinterung in Igarka wurde die Yacht ein Raub der Flammen. Man hatte es nicht
zustande gebracht, dieses wertvolle Stück zu behüten und zu schützen. Grund für
das Feuer war eines der üblichen Trinkgelage der Binnenschifffahrtsleitung von
Igarka an Bord des Schiffes, bei dem auch die gemütliche Sauna eingeheizt wurde.
Später wurde Kapitän Kononowitsch Kapitän und Lehrer auf dem atombetriebenen
Eisbrecher „Lenin“. Ein interessanter Fall ereignete sich mit Kononowitsch im
Londoner Hafen. Während er darauf wartete, daß der Nordmeer-Seeweg nach dem
Winter wieder für die Schifffahrt freigegeben wurde, erhielt Kapitän
Kononowitsch, der hervorragend Englisch sprach, im Winter 1946 in Leningrad die
Aufgabe, Fracht in Liverpool abzuliefern. Auf der Reede in der Themse wurde sein
Schiff freundlich von den Lotsen begrüßt, die ihm auf der Durchfahrt durch die
Kanäle nach Liverpool das Geleit geben sollten. Die englischen „Seewölfe“
erinnerten sich noch an die Zeit des vergangenen Krieges und schätzten die
russischen Seeleute in der Regel sehr. Der Lotse übernahm das Kommando auf der
Brücke, der Mechaniker – im Maschinenraum. Zu Stalins Zeiten hatten lediglich
drei Mitglieder der Mansnchaft das Recht, sich von Bord des Schiffes ans Ufer
eines bourgeoisen Staates zu begeben: der Kapitän, der Mechaniker und der
Funker. Wie die Etikette es vorsieht, lud der Kapitän den Lotsen zu einer
Zigarre und einer Tasse Kaffee ein. Man muß dazusagen, daß die Kommandobrücke
unter Seeleuten als heiliger Ort in Bezug auf die Sauberkeit der Einrichtung
gilt und stets besonderen Respekt verdient. Wenn der Lotse auf dem Kanal ein
Schiff in schneller Fahrt bemerkte, lenkte er das Schiff mit meisterlichem
Geschick, vor allem bei Gegenwind. Nachdem der Kaffee getrunken und die Zigarre
aufgeraucht war, warf der Lotse den Stummel direkt auf den Fußboden der
Kapitänsbrücke. Kononowitsch sah das, und zog, ohne dabei einen größeren Skandal
zu verursachen oder dem Lotsen einen Verweis zu erteilen, ein schneeweißes
Taschentuch aus seiner Jackentasche, bedeckte damit den Zigarrenrest und warf
ihn anschließend mitsamt dem Taschentuch über Bord. Der Lotse verfolgte das
Geschehen und entschuldigte sich sogleich. Es folgte eine stumme Szenerie,
Totenstille. Erst nachdem die Schiffsüberführung vollständig beendet war, nahm
Kononowitsch auf dem Fallreep die Entschuldigung des Lotsen an, nachdem er ihm
die heilsame Lehre eines russischen Seemanns erteilt hatte. Im März 1976
schickte Kononowitsch mir einen äußersten interessanten Brief nach Moskau. Er
lobte die in den Jahren 1946-1948 in der Arktis in so hervorragender Weise
erfolgten Schiffskarawanen von Murmansk nach Dudinka, zu einer Zeit, als ich im
Hafen von Dudinka in der Abteilung für Wassertransportwesen gearbeitet hatte.
Nachdem 30 Jahre vergangen waren, fand ich ihn in Murmansk wieder, wo er eine Wohnung besaß. Ich zitiere im folgenden den vollständigen, sehr interessanten Brief, der mir lieb und teuer ist: „Lew Ottowitsch, ich grüße Sie! Ihr Brief hat mich gerührt. Aber ich erhielt ihn mit großer Verspätung: erst Anfang Februar. Das kam daher, daß ich mich „auf dem Arktischen“ lediglich während der Überfahrt von Tallinn nach Murmansk aufhielt, denn ich kenne die Schwierigkeiten der dänischen Meerengen recht gut, und man hatte mir den Auftrag erteilt dafür Sorge zu tragen, dass für die Zeit der Überfahrt jegliche Sicherheit gewährleistet war. Aber viele Jahre zuvor, im Jahre 1961, fuhr ich, ebenfalls als Kapitän und Lehrmeister, auf dem Eisbrecher „Lenin“ zur nördlichen Halbkugel. Und, sofern wir von der Presse reden, so hat man mich diesbezüglich nicht nur vergessen, sondern sogar verwöhnt, denn aus irgendwelchen Gründen sollte ich mich auf irgendwelchen interessanten, ausführlich beleuchteten Fahrten befinden und auf bekannten Schiffen schwimmen. Und das Buch mußte ich auch selber schreiben – „Die Geschichte des Eisbrechers „Jermak““. Das ist Ihnen einfach nicht vor die Augen gekommen. So bin ich eben, und zwar nicht wegen der Angeberei, sondern nur deswegen, um zu beweisen, dass es im Leben auch auf den Zeitungsseiten manchmal rein zufällige Begegnungen gibt. Ein wenig von mir. Meine Chronik. Wie Sie wissen überführte ich zwischen 1946 und 1948 finnische Schiffe nach Dudinka. Anschließend, von 1949-1951, war ich auf dem Eisbrecher „Lewanewskij“. 1951-1958 – Eisbrecher „Jermak“, 1958-1963 Kapitän und Lehrer in der Arktis und der Antarktis (5. Expedition). Gleichzeitig leitete ich 1962 die Operation des Westlichen Sektors der Arktis im Jahre. Im Jahre 1961 arbeitete ich als Kapitän und Instrukteur auf dem Eisbrecher „Lenin“. Danach verabschiedete ich mich von der Arktis und war nur noch auf Frachtschiffen tätig. 1963 übernahm ich in der DDR ein neues Schiff namens „Dedowsk“ - einen Erzfrachter, mit dem ich bis 1967 unterwegs war. Anschließend übernahm ich das Motorschiff „Swenigorod“, das zu der damaligen Zeit der größte Stückgutdampfer der UdSSR war, mit einer Tragfähigkeit von 23000 Tonnen. Wasserverdrängung 303000 Tonnen. Und nun fahre ich darauf schon im 9. Jahr von hier nach da. Und in der Zwischenzeit riefen sie mich gelegentlich zur Teilnahme an komplizierten Schiffspassagen. So fuhr ich beispielsweise auf dem Diesel-Elektroschiff „Ob“ zum zweiten Mal in die Antarktis (10. Expedition). Mit den familiären Angelegenheiten sieht es da schon schlechter aus. Ich war verheiratet, habe zwei erwachsene Töchter, beide sind verheiratet, ich habe Enkelkinder. Ich bin geschieden. Meine zweite Frau ist vor drei Jahren gestorben. Jetzt bin ich ein einsamer, alter Seewolf. Ich wohne in Murmansk. Eine Tochter lebt in Moskau, die andere in Kronstadt. Derzeit liegen wir im Hafen von Rostock (DDR), und von hier aus schreibe ich Ihnen auch diese Zeilen. Aber abschicken werde ich den Brief aus Murmansk. Im Januar war ich in Moskau – ich fuhr zur Hochzeit der Tochter meines Freundes, und bei der Gelegenheit habe ich auch gleich meine jüngste Tochter Natascha besucht, die sich in Selenograd eine Wohnung gekauft hat. Ich würde mich freuen Sie wiederzusehen, obwohl es sicher nicht leicht sein wird, die Fäden der Vergangenheit zusammenzuführen. Unlängst war ich zu Gast bei den Berdjugins. Sie müßten sich an sie erinnern – Sergej Parfjonowitsch? Und mein älterer Gehilfe auf dem Bugsierschiff „W. Tschkalow“ – Stepan F. Perfischin ist inzwischen in Rente gegangen und lebt in der Ukraine. Ich bin schon 61 Jahre und ein paar zerquetschte alt, die Jahre eilen dahin; seit 6 Jahren bin ich bereits berechtigt in Rente zu gehen – das ist ja bei uns mit 55. Aber ich habe gar nicht den Wunsch mich zur Ruhe zu setzen, Kraft habe ich noch und Energie auch. Mit der Gesundheit ist es natürlich nicht mehr so gut, obwohl es einstweilen noch ganz erträglich ist. Unser Dampfer fährt nur ins Ausland, Küstenschiffahrt gibt es nicht. Und so laufen wir aus. Häufig bin ich in den USA, Kanada, Kuba und der DDR. Unsere wichtigste Fracht ist Apatit, welches wir von Murmansk nach Rostock bringen, das sind 5-6 Fahrten pro Jahr, und dann noch 2-3 Fernreisen. Im vergangenen Jahr war ich zum ersten Mal in Argentinien und in so wunderbaren Häfen wie Buenos-Aires. Rosario und Bahia Blanca, und anschließend sind wir von Texas (Houston) zurück nach Leningrad. Obwohl ich nun schon 45 Jahre lang die Meere befahre, habe ich immer noch nicht genug davon, im Gegenteil – es gefällt mir immer besser.
Nun gut, ich will zum Schluß kommen. Herzliche Grüße und alle guten Wünsche an Ihre Lieben. Ich werde Sie unbedingt besuchen oder mich mit Ihnen treffen, wenn ich wieder einmal in Moskau bin. Meine Wohnadresse lautet: Murmansk, Oktoberstraße 30, Wohnung 74. Dienstanschrift: Murmansk, Kominternstraße 15, MMP (Murmansker Seeschifffahrtsgesellschaft), M/S „Swenigorod“. Ich drücke Ihre Hand. Nochmals vielen Dank für den Brief und dass Sie an mich gedacht haben. Kononowitsch“.
Zu einem Zusammentreffen in Moskau kam es nicht, obwohl ich mich in Murmansk mehrfach nach ihm erkundigte, aber er war ständig auf langen Fahrten unterwegs. In diesem Jahr vollendet G.O. Kononowitsch sein 90. Lebensjahr. Ob er wohl noch am Leben ist? Ich würde es zu gern wissen!
Also, da es nicht dazu gekommen ist, dass wir uns auch nur ein einziges Mal in Moskau getroffen haben, ist mir über G.O. Kononowitschs weiteres Schicksal auch nichts bekannt. Meine telefonischen Bemühungen ihn in Murmansk ausfindig zu machen blieben ohn Ergebnis. Und dann, erst im März 2006, fand mein Enkel im Internet die Telefonnummer des Dispatcherraums der Murmansker Seeschifffahrtsgesellschaft MMP, wo ich die Telefonnummer der Museumsleiterin der MMP (8152/481356) – Valentina Iwanowna Karepowa, erfuhr, die mir dann wiederum die Nummer von G.O. Kononowitschs Ehefrau, Margarita Aleksandrowna Kononowitsch, in Sankt Petersburg gab (812/5287647). Außerdem erhielt ich ihre Adresse: 195112 Sankt Petersburg, Nowotscherkassker Prospekt, Haus 37, Block 1, Wohnung 77. Es stellte sich heraus, dass G.O. Kononowitsch am 15. September 1995 im Alter von 81 Jahren durch einen tagischen Unglücksfall beim Überqueren einer Straße in dem Dorf Iwanowka, Gebiet Leningrad, ums Leben gekommen war. Dort hatte sich ihre Datscha befunden – ein Auto tötete ihn. In dem Testament, das seine Ehefrau vorfand, bat Georgij Osipowitsch sie, seine Urne mit der Asche in der Nähe der Inselgruppe der Lofoten zu bestatten, in der stürmischen norwegischen See, die er nicht nur einmal bezwang und wo er ihre gefährlich hohen, tosenden Wellen miterlebte, sich jedoch stets als Sieger über die Naturgewalten erwiesen hatte. Im Testament begründete er den Grund für die gewünschte Bestattung an ausgerechnet diesem Ort – hier im Weltmeer hatte die gefährlichste Begegnung mit den Elementen in seiner gesamten Seefahrerei stattgefunden, als sein Schiff drohte, auf die Felsen hinaufgeschleudert zu werden; und in dem Augenblick hatte er sich geschworen, dass, sollte er den Sturm besiegen, sein Schicksal nach seinem Tode auf immer und ewig mit der norwegischen See und ihren Lofoteninseln verbunden bleiben sollte. Die Murmansker Seeschifffahrtsgesellschaft organisierte extra für die M/S „Swenigorod“, den größten Stückgutfrachter Rußlands, dessen Kapitän er war und mit dem Georgij Osipowitsch Kononowitsch „an Land gegangen“ war, aufgrund seiner langen Dienstzeit und seemännischer Kameradschaft eine Fahrt zu eben diesen Inseln, wo seine Frau Margarita Aleksandrowna Kononowitsch dann auch tatsächlich die Urne mit Georgij Osipowitsch Kononowitschs Asche ins Meer herabließ. In diesem Augenblick wurde durch den Funker des Schiffes eine Eilnachricht von diesem Ereignis an alle Schiffe Rußlands übermittelt, woraufhin dem ehemaligen Seemann Schiffe in allen Häfen der Welt mit ihren Sirenen den Salut erwiesen. So verknüpfte G.O. Kononowitsch sein Schicksal für alle Zeit mit dem Weltmeer, auf dem er einst gedient hatte. Und erst jetzt, im Oktober 2006, erhielt ich vom Museum der Murmansker Seeschifffahrt das letzte und wichtigste Dokument – einen Auszug aus dem Logbuch:
„Ministerium der Seeflotte
Murmansker Seeschifffahrtsgesellschaft
M/S „Swenigorod“
AUSZUG
Aus dem Logbuch N° 309, S. 93
M/S „Swenigorod“
02. Oktober 1995 um 18 Uhr 39 min in der
Norwegischen See mit folgenden Koordinaten beigesetzt:
67° 29*6 nördlicher Breite, 11° 28*8
östlicher Länge – in einer Meerestiefe von 150 m
wurde die Bestattung der Urne mit der Asche von
KONONOWITSCH, GEORGIJ OSIPOWITSCH, geb. 1914, vorgenommen.
Die Bestattung wurde gemäß G.O. Kononowitschs
Testament vollzogen.
Kapitän der M/S „Swenigorod“
G.I. Gasparjan
03.10.95
Dieser Auszug aus dem Logbuch ist das einzige ERINNERUNGSSTÜCK, das den Bestattungsort G.O. Kononowitschs bezeichnet. Ihm zu Ehren wurde ein Tanker benannt – „Georgij Kononowitsch“ – der ständig Erdöl von der Halbinsel Jamal nach Murmansk transportiert. Georgij Osipowitsch Kononowitsch war einer der ältesten und verdienstvollsten Kapitäne der Murmansker Seeschifffahrtsgesellschaft. Ein angesehener Polarforscher, verdienter Mitarbeiter der Meeresflotte, verdienter Mitarbeiter im Transportwesen, Ehrenbürger der Stadt Rostock; er besaß mehrere goldene Gedenkmedaillen aus verschiedenen Ländern; 56 Jahre seines Lebens widmete er dem Meer. Auch nach seinem Tode hat Kapitän Kononowitsch dieses Meer nicht verlassen - die Urne mit seiner Asche wurde in der Norwegischen See im Bereich der Lofoten-Inseln beigesetzt. Er schrieb zwei Bücher, von denen eines mit dem Titel „Gesetze des Meeres“ noch zu seinen Lebzeiten (1000 Exemplare) veröffentlicht wurde; das zweite wird derzeit noch von seiner Ehefrau für die endgültige Fertigstellung bearbeitet. M.A. Kononowitsch ist Journalistin von Beruf; sie war mit dem Leben und der Tätigkeit G.O.Kononowitschs vertraut und besaß auch diverses Archivmaterial – deswegen korrigiert sie das Werk ihres geliebten Mannes und wird es mit Erfolg zum Abschluß bringen. In einem Telefonat mit Margarita Aleksandrowna, das sich über mehr als eine Stunde hinzog, bekam ich Einblick in die nicht einfach „gewöhnliche“ Liebe zu ihrem Mann, sondern vielmehr die Liebe zweier Herzen im wahrsten Sinne dieses Wortes; mitunter konnte sie die Worte nicht ruhig aussprechen, Tränen und der Kummer um den unwiderruflichen Verlust des lieben Lebensgefährten erdrückten förmlich ihre Seele. Ich war froh, dass dieses Gespräch stattgefunden hatte, als dessen Folge eine neue Bekanntschaft mit einem interessanten, edelmütigen Menschen entstand. Wie Margarita Aleksandrowna mitteilte, erklärt sich die hohe charakterliche Wertschätzung des Georgij Osipowitsch in Leben, Beruf und Kultur schon dadurch, dass er aus einer alten, verdienten Adelsfamilie hervorging: sein Großvater Wladimir Osipowitsch Kononowitsch war der erste Gouverneur auf der Insel Sachalin, und sein Vater Osip Wladimirowitsch Kononowitsch stand zu Sowjetzeiten im Rang eines Oberst; in der Zeit des Massenterrors 1937-1938 wurde er erschossen und später posthum rehabilitiert. A.P. Tschechow hat in seinen Aufzeichnungen über eine Reise zur Insel Sachalin seinen Großvater mit gutherzigen Worten erwähnt. Ich werde diesem hervorragenden Menschen Georgij Osipowitsch Kononowitsch mein Leben lang ein leuchtendes Andenken bewahren. Die Familie Kononowitsch – Georgij Osipowitsch und Margarita Aleksandrowna, hat eine ganz andere, nennen wir es einmal – nicht zeitgemäße – Lebensweise praktiziert, denn sie beruht auf höchst sittlich-moralischen Prinzipien, bei denen das Verständnis für alles Heilige, Ehre und das Gewicht des gesprochenen Wortes, der Eid sich selbst gegenüber, der Wert, der Respekt vor sich selber und schließlich die große Liebe als höchste Lebensgrundlage gelten. Diese Prinzipien bringen auch solche Charaktere hervor, wie wir sie bei Georgij Osipowitsch und Margarita Aleksandrowna vorfinden, die sich durch diese Prinzipien treu ergeben sind und zuguterletzt, wenn sie dann aus dem Leben scheiden, ewig mit ihnen verbunden bleiben – eine Bestattung inmitten des Meeres, welches für ihn das Leben bedeutete. Das ist eine Heldentat, die aufgrund seines gesamten Lebenswegs nur ein Mensch wie Georgij Osipowitsch hat vorbereiten können. Der Schwur (den er vor sich selber leistete!) das M/S „W. Tschkalow“ zu retten, wurde erfüllt, sein hochmoralisches Testament wurde von Margarita Aleksandrowna umgesetzt, und natürlich richtete er diesen nur sehr schwer zu realsierenden letzten Willen, diese Bitte, an seine Frau, von der er überzeugt war, dass sie alles daransetzen würde, um seinem letzten Wunsch tatsächlich zu erfüllen. Sonst hätte er seine letzte Ruhestätte (sogar mit detaillierten Koordinaten) im Meer wohl nicht verlangen können. Diese Familie mit ihrem besonders wunderbaren Lebensstil möchte ich, liebe Leser, Ihnen gern mit Margarita Aleksandrownas Worten nahebringen, die uns ihre Gedanken in dem Artikel „Meilen aus meiner Erinnerung“ anvertraut.