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L.O. Petri, V.T. Petri . Wahre Begebenheiten aus dem Tajmyr-Gebiet

Anhang 6. Poesie im Tajmyr-Gebiet

Eines der Lieder im Repertoire des deutschen Chors in Dudinka: „Die Freunde verlassen mich alle“
Musik: Arno Kaiser
Text: Walentine Willms

Die Freunde verlassen mich alle
Und wandern wie Zugvögel aus.
Die Töne im Herzen verhallen-
Ein Ruf in die Ferne hinaus.
Was heilig uns war und so teuer-
Die Heimat in engerem Raum,
Vernichtet von Falschheit und Feuer,
Zurück blieb ein sehnlichen Traum.
Verschwunden die Namen und Gassen,
Die Kindheit voll Freude und Glück.
Wir mußten die Heimat verlassen.
Wohin soll ich kehren zurück?
Die Töne im Herzen verhallen-
Ein Ruf in die Ferne hinaus,
Die Freunde mich alle verlassen
Und wandern wie Zugvögel aus.

Deutsch von Rosa Pflug, Dudinka

T. Tsarkova, 1996, Dudinka

Norilsker Golgatha (zum Gedenken an die Opfer des Norillag)

Sah ich hier keine glücklichen Tränen
Mit einem unschuldigen Tod von Menschen?
Diese ganze schreckliche Wahrheit,
Wenn die Seele nicht leben will!
Aber so ist es geschehen, dass im Vaterland,
Durch das vom Blut flammendrote Kattun
Menschliche Leben zu Staub wurden
Unter der boshaften Willkür der Henker.
Wir würden diese Zeit gern vergessen ...
Aber wieder, in der Stille der Trauer,
Drückt die Zeit auf unsere Seelen,
Schwer, wie ein Schrei des Herzens!
Wieder ist die Erde wie ein Schlachtfeld,
Das vom Feuer der Gewehre nicht erkaltet,
Und die hervorbrechenden Trauergebete
Zerreißen uns buchstäblich das Herz.
Und gleichsam mit dem letzten Seufzer,
Bevor sie in dieser Erde begraben werden,
Durchlaufen diese Toten das Golgatha
Durch die Sterne der Erinnerungskerzen.
Wird es sich noch einmal wiederholen –
Das Golgotha meiner Heimat?
Und werden wir uns wieder abfinden
Mit dem unschuldigen Tod der Menschen?
Kommt zur Besinnung, Leute!
Der irdische Schmerz -
Er schreit, heran schwebt ervon allen Seiten!
Und dieser Schmerz, er wird begleitet
Vom Sturmgeläut der Glocke!
Sie dröhnt in Tbilissi, Karabach
Moldowien, Riga und Litauen ...
Ist das Schafott denn wieder hergerichtet
Für irgendeinen stolzen Kopf?
Rette uns, Gott, und sei uns gnädig!
Mach, dass wir die Vergangenheit nicht vergessen!
Damit alle geheiligten Gräber
In unseren Herzen verwahrt bleiben!
Damit in Litauen, in Norilsk Frieden herrscht.
Und jeder, der die Schwelle überschreitet,
Die russische und georgische
Und die baltischen Sprachen hören kann,
Damit die Menschen den Frieden in ihren Seelen tragen,
Ganz egal, in welchen Gegenden ...
Und ewig mögen wir uns an Rußland erinnern,
An all seine unglücklichen Söhne!

Viktor Boschtschenkow
(Aus dem Buch „Kerze der Erinnerung“ von O.P. Kornejewa und N.A. Predtetschenskaja)

Wenngleich dieses Gedicht von W. Woschtschenkow an eine bestimmte Adresse gerichtet ist, so erfaßte es doch, was den Inhalt seiner Thematik – Repressionen und Opfersein -, in vollem Umfang auch die tajmyrer Sondersiedler.


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