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Edward Setko-Serkewitsch. „Gott, errette meine Seele“

Edward Setko- Setkewitsch im Norilsk, 1951  Vor Beginn des Weltkrieges im Jahre 1939 arbeitete ich als Praktikant für die Waldwirtschaft im Haupt-Forstrevier Bjala (Beloweschskaja Puschtscha), 18 km von der Stadt Chajnuwka und ebenso weit von der Stadt Bjalovesch entfernt. Verwaltungsmäßig gehörte das GorLag, Haupt-Forstrevier zum Regierungsbezirk Belsk Podljaski, Wojewodschaft Bialystok.

Im Februar 1940 (ich weiß das genaue Datum nicht mehr) ging die erste Deportation nach Sibirien los. In unserem mit Posten abgesperrten Wald-Gebiet erschienen nachts NKWD- Mitarbeiter und befahlen dem Förster und seiner Frau sich fertig zu machen.

Ich selber schlief in einem anderen Haus, in dem auch der Revierauf-seher mit seiner Familie wohnte. Ich zog mich schnell an und rannte zur Bahnstation, um nach Wolkowysk zu fahren, wo meine Eltern lebten. So entging ich der ersten Deportation, geriet aber zusammen mit meiner Familie letztendlich in die dritte – am 20. Juni 1941, dem Vorabend des Kriegsbeginns zwischen Deutschland und Rußland (*1).

In Wolkowysk arbeitete ich in der „Kreis-Lebensmittel-Transport-Verwaltung“ in der Position eines Buchhalters, bis eben zu jenem Tage, als ich mit den Eltern und meiner Schwester in die Siedlung Rybinsk, Wjerchne-Ketsker Kreis, im Gebiet Nowosibirsk, deportiert wurde (2*). In dieser Siedlung befand sich ein sogenannter mechanisierter Waldpunkt. Hier schickte man uns, junge sowie alte Menschen, zum Bäumefällen, und im Frühjahr mußten wir die Stämme auf dem Ket, einem Nebenfluß des Ob, bis nach Kolpaschewo abflößen. Dort fischten wir die Stämme heraus, bauten Flöße daraus und schickten sie nach Tomsk, wo es eine Eisenbahnlinie und Sägemühlen gab.

Man lud uns zu jeweils 40-50 Mann auf Güterwaggons. Die neunzig Waggons wurden von zwei Lokomotiven gezogen. Alles war vergittert, es gab nicht eine einzige Toilette, nicht einmal eine ganz primitive, lediglich zweistöckige Pritschen aus Brettern, die zu beiden Seiten des Eingangs aufgestellt waren; die zwei Türen waren vernagelt und man hatte Löcher hineingeschlagen - als eine Art Toilette.

In unserem Waggon befanden sich zweiundvierzig Personen, darunter sieben Kinder. Die übrigen Erwachsenen, unter ihnen auch die Familie Schwojnizkij (2 Personen), Pani (poln.„Frau“; Anm. d. Übers.) Laschkewitsch mit vier Kindern, Pani Zybek, die Familie Gasperowitschi (3 Personen), Familie Woljan, Setko-Setkewitsch (4 Personen), Familie Platek (4 Personen), die Sliwinskis (4 Personen). Viele von ihnen weilen schon längst nicht mehr unter den Lebenden. Platek, Sliwinski und Gasperowitsch gelang es im stalinistischen Polen Karriere zu machen. Seit dem Tag der Ankunft in Polen hatte ich zu ihnen keinen Kontakt mehr, obwohl ich mit ihnen nicht nur in derselben Stadt, sondern sogar in derselben Straße wohnte und in derselben Schule zum Unterricht ging. Sliwinskij war aus den Reihen der Generäle degradiert worden, wegen seines Vaters, der Kommandant des Polizeireviers war. Platek ist auch heue noch Oberst in Krakau, Gasperowitsch ist ebenfalls Oberst; er wurde aus dem militärischen Aufklärungsdienst in die Reserve entlassen, und lebt in Warschau in der Allee des Polnischen Heeres Nr. 220. Unsere Wege gingen auseinander und führten nicht wieder zusammen.

Drei Wochen waren wir unterwegs; während der gesamten Zeit brachten sie uns nur zweimal Mittagessen – in Kujbyschew und in Nowosibirsk. Jeden Tag bekamen wir zwei Eimer Wasser – und das war alles. Das war unser Frühstück – und zum Waschen gab es nichts. Man sagte uns: „Wenn ihr angekommen seid, dann könnt ihr euch waschen“.

In der Siedlung Bely Jar (am Fluß Ket) wurden wir ausgeladen; danach brachte man uns mit Booten in die Siedlung Rybinsk, und am nächsten Tag schickten sie alle bis auf den Letzten zur Arbeit. Nur die betagten Menschen, die bereits älter als sechzig waren, wurden nicht zum Arbeiten gezwungen, aber Kinder ab dem 13. Lebensjahr, vor allem die Sechszehnjährigen wurden zum Bäumefällen in den Wald gejagt; natürlich wurden die Kinder nur für Hilfsarbeiten eingesetzt. Man erklärte uns, daß wir Verbannte seien und ohne Erlaubnis nirgendwohin fahren dürften. Alle Papiere und Dokumente wurden uns weggenommen. So funktionierte das NKWD, damit nur ja keine Spuren hinterlassen wurden. Und wir arbeiteten den halben Juli, den August und einen Teil des Monats September in unserer Eigenschaft als Verbannte auf Lebenszeit.

Im September kam der Vorsitzende der polnischen Botschaft zusammen mit dem Leiter des örtlichen NKWD angefahren. Alle Polen wurden zu einer Versammlung zusammengerufen. Pan Schwojnizki wurde zur Vertrauensperson ernannt, ein 65-jähriger Rentner und ehemaliger Eisenbahner, und ich wurde sein Stellvertreter im Wjerchne-Ketsker Kreis. Wir waren dort insgesamt ungefähr 1500 Polen sowie eine kleinere Anzahl Ukrainer aus vorangegangenen Deportationen.

Der Wjerchne-Ketsker Kreis erstreckt sich von Tomsk über mehr als fünfhundert Kilometer nur am Fluß entlang, und von der sog. Gebietsstadt Kolpaschewo am Ob (nördlich von Nowosibirsk) – über zweihundert Kilometer am Fluß Ket entlang. Im Sommer ist die Taiga undurchdringlich; nur im Winter, wenn alles gefroren ist, kann man mit Schlitten hindurchfahren. Über die Botschaft bemühte ich mich, allerdings ohne Erfolg, darum, daß man mich und alle unsere Jugendlichen in die Armee aufnahm, die von General Anders formiert wurde, und auf eigene Faust war es fast gänzlich unmöglich. Passagiertransporte gab es nicht, und sich an irgend jemanden mit der Bitte im Hilfe wenden war ein völlig vergebliches Unterfangen.

Meine Tätigkeit als Stellvertreter der Vertrauensperson brachte Ergebnisse. Im Winter vollendete ich einen 200 km weiten Marsch nach Kolpaschewo und verschaffte Verpflegung für die polnischen Staatsbürger, die an den Verbannungsorten Mangel an warmer Kleidung und Nahrung litten und durch die kräftezehrende Schwerstarbeit in der Taiga. Die ganze Arbeit wurde mit den Händen gemacht, mit Säge und Axt, und zu Kriegszeiten jeden Tag zehn Stunden lang. All dies und zudem die unkultivierten, primitiven Bedingungen des Alltags der Ausgebeuteten und Unterdrückten zeigten ihre Auswirkungen auf die Menschen und lähmten ihren Lebenswillen. Aber wir alle glaubten hoch und heilig, daß wir eines Tages in die Heimat zurückkehren, nicht mehr mit unserem Schweiß diese unmenschliche Erde begießen würden und die Göttliche Vorsehung Mitleid mit dem gequälten und völlig erschöpften Volk haben würde; auf ewig wollten wir an unsere Kirche und unsere väterliche Heimat glauben. Es gelang mir, von dieser Fahrt auf Schlitten-Fuhrwerken soviele Lebensmittel mitzubringen, daß jeder fünfzehn Kilogramm australischen Mehls, drei Kilo Graupen, Seife, gesalzenes Fleisch und viele andere Lebensmittel bekam, die nie irgend jemand in irgendeinem Lädchen gesehen hatte, wo immer nur Brot ausgegeben wurde.

Es gab dabei folgende Mengenunterschiede: wer arbeitete erhielt fünfhundert Gramm, sog. nicht verdienende Familienmitglieder, die also nicht arbeiteten – zweihundert Gramm, und dazu ein 100 gr-Stückchen Seife pro Monat. Zucker wurde überhaupt nicht zugeteilt; den teilten die Angehörigen der Lagerleitung untereinander mit ihren Helfershelfern und Bediensteten auf. Den Arbeitern hielten sie die Mündungen ihrer Schußwaffen unter die Nase, anstatt Zucker oder irgendwelchen Stoff. Wir kamen mit Materialien aus, die wir noch aus Polen mitgebracht hatten. Es fehlten die allernötigsten Waren für die Schwerstarbeit Leistenden. Nur einmal wurde auf Anordnung der Leitung Schuhwerk ausgegeben.

Der Vertrauensmann für das gesamte Nowosibirsker Gebiet war ein Professor der Stefan-Batorij-Universität in Wilno. Er hieß Wladislaw Mattoschka, wurde später verhaftet und zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Gerade hatten sie ihm auch unseren Prozeß noch mit angehängt. Über das weitere Schicksal des Professors ist mir nichts bekannt. Und da begann man uns materielle Unterstützung in Form von Geldmitteln, Kleidung und Lebensmitteln zukommen zu lassen. Die polnische Bevölkerung lebte auf, die Armut nahm ab, das materielle und moralische Elend stärkte unsere Seele und unseren Glauben angesichts des Sieges der Wahrheit, des Guten über das Böse, das in Stalins und Berijas Paradies herrschte. Und es war uns auch noch beschieden, viel Kummer von diesem Zweiergespann in ihrem kommunistischen Paradies, das auf den Qualen der Menschen gegründet war, zu erfahren, damit jene, die überlebten, an ihre Nachfahren weitervermitteln konnten, was Gewalt, Diktatur und die Unterdrückung von Völker bedeuten – und nicht nur des unseren.

Im Oktober 1943 wurde die Jugend in die Armee einberufen, nur war dies nun schon die Armee von Wanda Wasiljewskaja. Aber mich ließen sie zurück. Beim nächsten Aufruf werden Sie mitgehen – das sagten sie mir.

Mitten in diesen unermüdlichen Kampf um das Leben und alle Mühen, brach der schwärzeste Tag meines jungen, unerfahrenen und einfach ganz naiven Lebens herein – meine Verhaftung. Sie geschah am 20. Januar 1944 und war für mich so etwas wie Donnergrollen am klaren Himmel – weshalb? Was hatte ich getan? Wen hatte ich beleidigt, wem hatte ich irgendeinen Schaden verursacht? Gott, errette meine Seele. Die Verhaftung und die häusliche Durchsuchung erschütterten meine Eltern und meine Schwester zutiefst. Das NKWD beschlagnahmte sogar meine Fotos aus dem Familienalbum. All meine Papiere wurden zur Beute des NKWD, und ich erinnere mich daran, wie ich die Unterlagen unserer Vertretung herausgab, buchstäblich die gesamte Korrespondenz und Auslieferungslisten von irgendwelchen Sachen, Geld und Lebensmitteln. So daß nichts weiter von den Sachen erhalten blieb, die man mir im Juni 1943 befohlem hatte abzugeben. Im Haftbefehl war von einer Anschuldigung wegen Spionage zugunsten Londons und einer gewaltsamen Beseitigung des sowjetischen Aufbaus die Rede. Eine absurde Anklage nach §58, Absatz 2, 6, 10 und 11 des Strafgesetzbuches. Man brachte mich nach Kolpaschewo, wo bereits die gesamte Vertretung, angeführt von den Bevollmächtigten, einsaß (aber warum von den unseren denn nur ich? Vielleicht weil sie unseren Vertrauensmann für einen alten Mann hielten?).

Und da begannen auch sogleich die Spielchen des NKWD. Uns, das heißt Jerzy Michailowskij, Mazkewitsch (Vertrauensperson in Koplaschewo), Bajraschewskaja, Sasim, Kulezkij, Nasarewitsch und mich, wollten sie „überzeugen“, daß diese Fieberphantasie genau dasselbe war wie das, was wir wollten und taten. Offenbar hatte das NKWD seine Abnehmer, falls wir alle (vermutlich aus Willensschwäche) diese Überzeugung verstärkten. Die Menschen besitzen eine gewisse Grenze, was ihre körperliche Widerstandsfähigkeit angeht. Ja und nicht nur wir, die Charakterschwachen, gaben offensichtlich unseren Kampf auf und unterschrieben die von den Ermittlungsführern erdichteten Märchen, denn wer hätte all das auch so lange ertragen können? Tage! Nächte! Im Kabinett des Untersuchungsrichters ohne Schlaf, ohne Essen – jedenfalls nicht, solange du die Papiere nicht unterschreibst. Die physischen Erniedrigungen, die Schläge – und sind denn etwa der Entzug von Schlaf und Nahrung keine Folter? Und so war es auch mit mir selbst. Mit dem Ergebnis, daß der Ermittlungsführer eine Akte fabrizierte – und ich unterschrieb, und die anderen auch (obwohl mich das ein wenig tröstete - zeigte es doch, daß nicht nur ich mutlos, charakterschwach, viel zu jung und viel zu unerfahren war), ebenso wie der mit mir zusammen in einer Zelle sitzende lettische Vize-Admiral und der litauische Oberst aus dem Lager, in dem sich internierte Polen befanden. Sie munterten mich auf und sagten, daß niemand standhalten könnte. Wer hier hereinkommt – der wird verurteilt, und es gibt keine Rückkehr.

Unsere Gerichtsverhandlung fand im April statt, irgendwann vor dem 1. Mai - an das genaue Datum kann ich mich nicht erinnern. Das Ganze war nur eine reine Formsache. Drei solcher Subjekte hatten dort irgendwie Platz genommen, außerdem noch der Untersuchungsführer, der Staatsanwalt und eine Person weiblichen Geschlechts – sie nannte sich Rechtsanwältin und Verteidigerin. Diese ganze Vorstellung dauerte nicht länger als eine Stunde, und dann wurden wir aus dem Saal hinausgebracht. Wir warteten noch ungefähr eine Stunde, dann wurden wir aufgerufen und uns allen verkündet, daß alle zu 10 Jahren Lagerhaft verurteilt worden waren, nur Pani Bajraschewska, ich sowie Alder Sasim zu 8 Jahren.

Offenbar verbüßten alle die ihnen auferlegte Strafe. Pani Bajraschewska blieb in Nowosibirsk, ich weiß nicht, wie ihre Lebensgeschichte weiterging, aber ich und Sasim kehrten am 31. Dezember 1955 nach Polen zurück. Auch über das Schicksal der anderen ist mir nichts bekannt. Nach dieser ganzen Komödie wurden wir, das heißt Mazkewitsch, Michalowskij, Sasim, Mikolaj Kulezkij, Leon Nasarewitsch, Maria Bajraschewskaja und ich, nach Nowosibirsk gefahren und im Lager Nr. 4 (Glasfabrik „Swetlana“) untergebracht.

Man begann mit dem Bau dieser Fabrik, und uns fiel die Rolle unentgeltlicher Sklavenarbeitskräfte zu. Ein solches Los bestimmte Stalin für uns voraus – dieser Tyrann, Bandit und Verbrecher, dem jegliche Menschlichkeit abhanden gekommen war. Allen Völkern Europas tat er Gewalt an, nicht nur seinem und dem unseren, den Polen. Und es muß noch geradeheraus gesagt werden, daß sie uns 500 g Brot, zwei Schöpfkellen voll Flüssigkeit, die sich „Suppe“ nannte, und für den Fall, daß man die Norm erfüllte (die Normerfüllung hing vom Wohlwollen der Brigadeleiter ab) noch eine Kelle voll Brei zu essen gaben, den sie als „Weizen-Hirse“ bezeichneten, und das war alles. Das heißt für zehn Stunden Schwerstarbeit auf dem Bau eine derartige Menge Nahrung, die nicht ausreichte, um am Leben zu bleiben – geschweige denn auch noch zu arbeiten. Polnische Juden, die dort als Freie arbeiteten, retteten uns, indem sie uns durchfütterten.

Am 25. März 1945, ich weiß es noch wie heute, jagten sie mich als einzigen zum Lager Nr. 1 (dem zentralen Nowosibirsker) hinüber, wo ich insgesamt drei Monate blieb; dort traf ich meinen Kameraden Mikolaj Kupezkij, der in irgendeiner Fabrik arbeitete. Seitdem ist mir nichts darüber bekannt, wie das Schicksal weiter mit ihm verfuhr, und über Jerzy Michalowskij habe ich später auch nichts mehr gehört. Aber was aus Leon Nasarewitsch geworden ist, das weiß ich – ich habe selbst dafür gesorgt, daß er, von russischen Kriminellen übel zugerichtet, ins Lager-Krankenhaus kam. Im Krankenhaus starb er dann auch. Alder Sasim kehrte mit mir nach Polen zurück; er weilt schon nicht mehr unter den Lebenden. Maria Bajraschewska blieb in Nowosibirsk – wie ich hörte, heiratete sie aus eigenem Willen einen ortsansässigen Russen.

Im Juni 1945 wurde ich in ein Lager in Kriwoschtschokowo (einer Nowosibirsker Vorstadt am linken Ufer des Ob) verlegt. Dieses Lager lief unter der Bezeichnung Lager Nr. 3, und alle, die unter seiner „Vormundschaft“ standen, arbeiteten in Rüstungsbetrieben. In einer dieser Fabriken, die Panzerminen herstellte, wurde auch ich untergebracht. Dort verwandelte ich mich als Folge der schweren Arbeit (10 Stunden) und der kärglichen Ernährung schnell zu einem lebendigen Skelett, und die Ärztin veranlaßte dann, daß ich zu einer leichteren Tätigkeit innerhalb der Lagergrenzen versetzt wurde (in eine mechanische Werkstatt). Zudem erhielt ich die sogenannte Genesungsration (1 Kelle mit 300 Gramm Haferbrei). Während ich dort arbeitete, machte ich die Bekanntschaft mit einem Polen aus der Nähe von Wolkowysk; sein Familienname lautete Potschobut (den Vornamen habe ich vergessen), und dank seiner Hilfe fand ich im Frühjahr 1946 Arbeit im Lager-Kontor. Potschobut hatte sich einen Namen als Schneider gemacht und nähte Kleidung für die Lagerleitung. Durch den Hauptbuchhalter, den den Häftling Robert Kjust, nahm man mich als Buchhalter an. In diesem Amt arbeitete ich mit großem Eifer, damit man eine gute Meinung von mir bekam. Gleichzeitig vertiefte ich meine Erkenntnisse in buchhalterischen Dingen, in Psychologie und auch in anderen Dingen – dadurch, daß ich häufig ganze Vorträge und Lektionen von hochgebildeten Gefangenen.

Im Jahre 1947, ebenfalls im Frühling, fand ich eine Arbeit als Registrator im Ambulatorium und Krankenhaus, das sich in diesem Lager befand, und betreute all seine Lagerpunkte. Dort bekam ich neuen Lebensmut, genas von der schrecklichen Entkräftung und der Ruhr – davor hatte ich ganze sechsundvierzig Kilogramm gewogen.

Aber dann brach das Jahr 1948 herein und, wieder im Frühjahr, verkündete mir die Leiterin, eine Majorin im Sanitätsdienst, daß aufgrund einer neuen Verordnung aus Moskau alle politischen Häftlinge in Sonderlager in Norilsk geschickt würden, und ich fiel auch darunter. Auf diese Etappe geriet auch mein vorheriger Chef Robert Kjust, ein Wolgadeutscher.

So fand ich mich zum Ende des Frühling 1948 in Krasnojarsk im Durchgangsgefängnis wieder. Dort verbrachte ich den ganzen Sommer, und erst im September schickten sie mich auf Etappe zum Polarkreis – ins Nationale Gebiet Narym (*3).

Nördlich von Krasnojarsk, zweitausend Kilometer entfernt, befindet sich die Stadt Norilsk – jedenfalls ist das heute so, aber damals gab es sie noch nicht, denn eben gerade wir, die politischen Gefangenen waren diejenigen, die dort im ewigen Frost Fabriken, die Stadt selbst und ein Kombinat errichteten. Dort geriet ich ins Lager Nr. 4 zum Bau der Kupferschmelzerei, einer 150 Meter langen Rohrleitung sowie dem Stadtzentrum.

Das Sonderlager Nr. 4 (*4) in Norilsk befand sich etwa zwei Kilometer von der im Bau befindlichen Kupferschmelzerei entfernt, und bis zur Stadt waren es noch einmal zwei Kilometer. In diesem Lager brachte ich nicht lange zu, aber ich begegnete dort Tscheslaw Lotarewitsch aus dem Wilensker Truppenteil der Armija Krajowa (Truppenteil der polnischen Armee, welche Kampfhandlungen gegen die deutschen Okkupanten führte; Anm. d. Übers.) und freundete mich mit ihm an. Er kehrte im Jahre 1957 nach Polen zurück, lebt heute mit seiner Familie in Nowa Huta und arbeitet in einem Kombinat. 1949, dank der Hilfe eben jenes Kjust, gelang es mir erneut, Arbeit im Kontor zu bekommen. Aber ich arbeitete dort nicht lange: das Lager-NKWD interessierte sich für mich und wollte unbedingt einen Denunzianten aus mir machen. Selbstverständlich war ich damit nicht einverstanden, und sogleich schickten sie mich ins Lager Nr. 1, an einen Berghang; diesen Lagerpunkt nannten sie Medweschka (*5).

In diesem Berg gab es ein Bergwerk; hier wurde im Tagebau Erz gewonnen. In diesem Bergwerk gab es alle Buntmetalle (Kupfer, Zink, Silber, Wolfram und andere). ie wurden mit großen Lastkraftwagen in die weiter bergab gelegene Aufbereitungsfabrik transportiert. Dort wurde das Erz zerstückelt, durchgewaschen, in einzelne Bruchstücke getrennt und über große Rohrleitungen in die Kupferschmelze, die Zinkfabrik usw. geschickt. Eine Fabrik wurde streng geheim gehalten – die Silber-, Gold- oder Uranfabrik? Dort hatte niemand Zutritt, nicht einmal die Offiziere. Alle, die dort arbeiteten, sowohl Freie als auch Häftlinge, waren vollständig von den anderen isoliert. Was später mit ihnen gemacht wurde, weiß niemand.

Es gab nicht einmal Unterhaltungen zu diesem Thema. Außerdem gab es dort auch einen Kohleschacht – Energie und Wärme für das Kombinat und die Stadt. Wie uns dieser Terror, die Unsicherheit, die Angst den Verstand und das Herz zerfraß.! Was für ein Glück, daß Gott Erbarmen hatte, daß die entsetzlichen, totalitären Regime bereits hinter uns liegen. Mich schickten sie zu diesen sehr schweren Arbeiten, aber da war ich schon nicht mehr so allein und schutzlos: ich kam in eine Brigade.

Das Lager Nr. 1 befindet sich im Süden der Stadt, etwa zehn Kilometer vom Zentrum entfernt, an der Straße, die um den Berg herumführt. Anfangs arbeitete ich in der Brigade unmittelbar bei der Bohrung von Sprenglöchern und dem Auslegen von Sprengladungen – eine schwere und gefährliche Angelegenheit. Mit den Sprengladungen (dem endgültigen Legen und den eigentlichen Sprengungen) arbeiteten andere, freie Mitarbeiter, die hierher kamen und Arbeitsverträge für drei Jahre abschlossen. Sie erhielten einen 100%igen Polarzuschlag und 10% für jeden Monat. Nach zweieinhalb Jahren gestand man ihnen einen halbjährigen bezahlten Urlaub zu plus einen weiteren Monat für die Fahrt sowie einen kostenlosen Fahrschein bis an den Bestimmungsort, an den sie fahren wollten. Und wer für weitere drei Jahre einen Arbeitsvertrag unterzeichnete, bekam dieselben Bedingungen und zusätzlich noch einen Reiseerlaubnisschein für einen Sanatoriumsaufenthalt in voller Urlaubslänge erhalten.

Kehren wir jedoch zu den Häftlingen und Verbannten zurück (die Verbannten lebten mit ihren Familien in der Stadt und nicht im Lager). Die Häftlinge führten die allerschwersten Arbeiten aus: das Verladen der geförderten Erze auf Lastwagen, den Transport der Erze zur Weiterverarbeitung in die Fabriken, das Beladen der Loren, Straßenbauarbeiten, die Verlegung von Eisenbahnschienen und ähnliches. In einer solchen Brigade kam auch ich zum Einsatz, und ich arbeitete dort so gut ich es vermochte und so weit meine Kräfte reichten. Der Winter dauert dort zehn Monate, und in dieser Zeit war die Arbeit am schwersten.

Nach einer gewissen Zeit, genau weiß ich das nicht mehr, aber ich glaube, es muß so im Mai 1950 gewesen sein, erkrankte ich sehr schwer an Skorbut, mit dichten Geschwüren an den Beinen und unter den Armen. Das war das Ergebnis zahlreicher Erkältungen und der erbärmlichen Ernährung, obwohl diese hier besser war als in Nowosibirsk, und sogar in anderen Norilsker Lagern. In acht Jahren Lageraufenthalt erhielt ich kein einziges Paar Socken. In Norilsk gaben sie uns Fußlappen, aber in den anderen Lagern gab es auch die nicht – in die Gummistiefel stopften wir Stroh, Heu und ähnliche Materialien, die uns in die Finger kamen. Daher war es das Einfachste vom Einfachen richtig durchzufrieren, und dann auch noch die eintönige Ernährung – und schon kamen die Krankheiten.

Mit einem Wort – ich wurde krank, und zwar schwer. Hinzu kamen die große Schwäche und der Skorbut – die Zähne fielen aus, der ganze Körper war voller Geschwüre. Sie schickten mich sogleich ins Krankenhaus, wo ich drei bis vier Monate lag. Ich erinnere mich noch an die Spritzen – abwechselnd mit Glukose und Säure (*6). Unzählig viele bekam ich davon, und bis heute habe ich an den Armen Beulen; so oft haben sie mir in die Venen beider Arme gestochen. Als diese Pferdekur zuende war, schickten sie mich als Mechaniker zu Reparaturarbeiten. Dies wurde dank der Unterstützung von Ingenieur Metschislaw Turin möglich – er war Leiter der mechanischen Werkstätten, in denen sogar Bagger, schwere große Maschinen zum Verladen von Erz, heilgemacht wurden. Ich wurde zum Brigadeführer der Reparaturarbeiter ernannt. Bei dieser Tätigkeit war alles schon leichter. Der Frost war nicht so schrecklich und auch der Hunger machte sich nicht gar so sehr beim Fehlen von Vitaminen bemerkbar. Die Verpflegung der Häftlinge gestaltete sich äußerst kalorienarm: Wassersuppe aus Kohlblättern und Rüben, eine Handvoll getrockneter Kartoffeln, und dann gaben sie allen noch eine Kelle voll Gerstengrütze. Ich kann nicht verstehen, wozu die Staatsmacht dies alles nötig hatte: die Zwangsarbeit, die für Gesellschaft und Staat von Nutzen war, - und dann ein derartiger Mangel an Fürsorge für die Menschen, die mit dieser schweren Arbeit beschäftigt waren. Es gab praktisch überhaupt keine angemessene Kleidung, - und tatsächlich war es so, daß keine Filzstiefel vorhanden waren. Und zudem das vollständige Fehlen von Vitaminen. Nach dem Essen schlief der Mensch sofort ein, obwohl es weder Schlafstellen noch Matratzen gab.

Die Baracken wurden vom Dienstpersonal geheizt, und das kulturelle Leben in Norilsk pulsierte nur so, dank der Vielzahl an Liebhabern und Artisten von Bühne, Theater und Kino, - und das gerade unter den Häftlingen. Die Lagerleitung nahm selbst gern an solchen Veranstaltungen teil. Die soziale Zusammensetzung der politischen Gefangenen war mannigfaltig, aber es überwogen Angehörige der Intelligenz und Halbintelligenz aller europäischen und asiatischen Nationalitäten, aber auch solche, die früher im öffentlichen Leben gestanden hatten: Politiker, Wirtschaftler, akademische Wissenschaftler, ehemalige Diplomaten aus den europäischen Ländern (das stalinistische Regime hatte sie als Verbrecher in Lager gesteckt), die das Glück gehabt hatten am Leben geblieben zu sein. Dort saß übrigens auch der Botschafter der UdSSR, der bis zum Krieg in Rumänien tätig gewesen war.

Das Lager, in dem ich mich befand, war nicht groß und zählte ungefähr zweitausend Gefangene. Bei uns gab es noch nicht einmal einen schönen Club; das intellektuelle und kulturelle Leben flackerte nur ganz schwach auf, und es gab nichts weiter als harte Arbeit und Unterdrückung von Menschen. In dieser Zeit bekamen wir Häftlingsnummern aufgenäht - wir waren keine Menschen, sondern Nummern. Als Beispiel nahm man das hitlerische System der Unterjochung, der Erniedrigung des Menschen. Ich erhielt die Nummer O-932. Das ist also noch eine Bestätigung dafür, daß der Stalinismus ein ebensolches, wenn nicht noch schlimmeres System der Vernichtung von unerwünschten und unbequemen Menschen war. Und gerade damals störten die Polen auch das Regime bei der Einführung und Festigung des Kommunismus in Polen. Aber da wegen des Kampfes gegen Hitler ein Bündnis mit dem Westen existierte, durfte man uns nicht nach dem alten, auf den Erfahrungen der Jahre 1936-1939 beruhenden Muster, d.h. vollständig und ohne jegliche Spuren zu hinterlassen, vernichten. Und so begann man dann mit der Ausrottung durch kräftezehrende Zwangsarbeit, ständigen Hunger, Unterjochung und Erniedrigung.

Polen befanden sich in jedem der Lager, und wir ließen es nicht zu, daß sie uns unseren Geist nahmen, uns demütigten, und die Agitatoren-Schmeichler für die 17. Republik konnte man an den Fingern abzählen (Wanda, Lampe, Naschkowskij und noch zwei drei solche Typen wie Berutow und Ochabow). In unserem Lager am Bergwerk wurden wir wiedervereint. Die Hauptfigur war der Ingenieur Metschislaw Turin, und dann noch Wladislaw Pogoschelski, Stanislaw Koslowski aus Nowaja Wilejka (*7), Bolek aus Drogobytscha, - an seinen Nachnamen kann ich mich nicht mehr erinnern, aber sein Vater war dort der Oberingenieur auf den Erdölfeldern. Soweit ich weiß, kehrten sie alle später nach Polen zurück, aber wo man sie dort suchen soll und ob sie überhaupt noch am Leben sind, das ist mir leider nicht bekannt: ich, der Forstaufseher, habe mich oft im Wald versteckt und versucht, die Vergangenheit zu vergessen, aber sie saß in mir fest wie eine Splitter. Und für welche Sünden? Aufgrund welcher Schuld haben unsere tödlichen Feinde auf so grausame Weise mit dem polnischen Volk ihren Spott getrieben? Wozu führen sie jetzt solche rührenden, ergreifenden Gespräche über ewige Freundschaft? Vielleicht will das heutige System tatsächlich den Haß in Freundschaft umwandeln. Kommt Zeit – kommt Rat, aber nicht mehr bei uns, sondern bei unseren Kindern und Enkeln. Weil dazu nämlich nur eine nichtkommunistische Regierung in der Lage ist, und innerhalb von 45 Jahren ist absolut nichts gemacht worden: eine ununterbrochene Lüge, Unheil, Ausschreitungen der Herrschenden. Dem Volk überließen sie es Befehle auszuführen, aber keinesfalls dachten sie: das ist ein Vorrecht der Mächte.

Im Winter des Jahres 1951, als mein Leidensweg bereits dem Ende zuging, verlegten sie mich ins Lager Nr. 5, so eine Art Zentral-Lager (*8). Dort gab es Krankenstationen und Lager-Werkstätten, und von hier fanden auch die Entlassungen in die Freiheit statt, wobei zuvor die Dokumente und Direktiven der Sonder-Abteilung des NKWD durchgesehen wurden: es gab Fälle, in denen Menschen selbst nach Beendigung der unverdienten Haftstrafe immer noch nicht aus dem Lager entlassen wurden. In diesem Lager wurde ich dank der Heilnahrung vollständig von Skorbut und Geschwüren befreit. Auch behielt ich meine restlichen Zähne, es waren insgesamt acht, und ein äußerst liebenswerter Techniker setzte mir eine Brücke ein und stellte wieder eine gewisse Ordnung in meinem Mund her: hatte ich doch im Jahre 1933 schon fast keine Zähne mehr. Heute ist davon keine einzige Spur zurückgebleiben, ich habe nur noch Prothesen.

Ich will in diesen Aufzeichnungen noch erwähnen, daß ich in einem noch geheimeren Lager meinen Schulkameraden Alexander Schisnewskij wiedertraf, der zu 15 Jahren verurteilt worden war und der, glaube ich, später in Norilsk blieb, aber ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Auch von einem andern mir bekannten Polen hörte ich nichts mehr, von Stanlislaw Brubel aus Warschau, obwohl wir vereinbart hatten, daß wir einander ausfindig machen wollten. Ich habe ihn gesucht und suche immer noch nach ihm, aber bis jetzt ohne Erfolg.

Und dann kam der 23. Januar 1952. Quälende Unruhe – und dann riefen sie mich hinaus und befahlen mir, die Lagerkleidung und alles andere zurückzugeben. An diesem Tag brachten sie mich zusammen mit 5 Mann fort. Sie fuhren uns zur Miliz und sagten, daß wir warten sollten, bis wir aufgerufen würden. Erst gegen Abend erfolgte mein Aufruf. Sie zwangen mich einen Teufelspakt zu unterschreiben, daß ich niemandem erzählen sollte, wo ich gewesen war und was ich dort gemacht hatte. Als ich das unterschrieben hatte, erklärten sie mir, daß ich von nun an ein Verbannter „auf Lebenszeit“ sei. Sie gaben mir keinerlei Dokumente und schickten mich zum Kommandanten. Dort sagten sie mir, wie oft ich mich zum Registrieren zu melden hatte – zwei- oder dreimal im Monat. Ich mußte mich auch sogleich entsprechend meiner fachlichen Fähigkeiten an die Arbeit machen - die Beschaffung einer Arbeitsstelle war garantiert – und mir auch einen Platz zum Wohnen suchen. Von der Miliz ging ich zu einem Bekannten, der früher als ich in die Freiheit entlassen worden war. Die Adresse hatten sie mir bei der Miliz gesagt. Ich fand ihn auch und ließ mich bei ihm nieder, dem armen Schlucker, der in einem Zimmer wohnte, und Küche und Bad waren Gemeinschaftsräume, die er mit zwei anderen Familien teilen mußte. Bei unserem ersten Wiedersehen umarmten wir uns voller Freude als freie Menschen (und nicht als Arbeitsvieh), obwohl wir noch auf dieser unmenschlichen Erden bleiben mußten. Aber wir glaubten fest daran, daß wir in die Heimat zurückkehren würden, zu unseren Familien, zu Vater und Mutter, in unser Elternhaus.

Ich gründete eine Familie mit der Tochter des verbannten Polen Stanislaw Niwinskij. Er war bereits im Jahre 1937 repressiert worden und hatte seine STrafe zusammen mit Tupolew abgesessen; er war von beruf Ingenieur und Mechaniker, U-Boot-Spezialist. Seine Tochter Lidia wurde meine Frau. Und ich nahm meine Arbeit in der Handelsverwaltung des Kombinats als Buchhalter und Revisor auf und später als Revisor und Inspektor. Im Jahre 1954 wurde unser Sohn Wladislaw geboren (heute ist er Kapitän bei der Kriegsmarine und besitzt das Ingenieur-Diplom). Ich gab mich ganz meiner Familie und meiner Arbeit hin und kam mit vielen Bekannten sowie sehr sympathischen Russen zusammen, jenen klugen und gebildeten Menschen, mit denen ich arbeitete. Und schließlich, dank der beharrlichen Bemühungen meines Bruders Wladislaw, wurde ich zum NKWD bestellt, wo man mir eine Direktive des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR über die Bereitstellung von Antragsformularen zur Repatriierung zeigte. Und Anfang November teilten sie mir mit, daß ich von einem Lastwagen abgeholt werden würde, der mich zum Flugplatz bringen sollte, damit ich in die Heimat fliegen könnte. So wurden meine Träume wahr, meine heftigen Träumereien von einem Wiedersehen mit meinen Verwandten in Polen. In Krasnojarsk brachten sie uns in irgendeiner Schule unter, wo wir auf die Ankunft all derer warteten, die ebenfalls repatriiert wurden. Dort begegnete ich Mariana Boncharda, Dobschinskij, Alder Sasim, Polubotschka und vielen anderen.

Letzten Endes brachten sie uns am 31. Dezember 1955 nach Malbork, wo meine Familie wohnte. Damit schließe ich die Beschreibung meines Leidensweges ab. Er ist vollkommen authentisch, nichts darin ist ausgedacht.

Heute, nachdem ich vierzig Jahre lang schwer gearbeitet habe, hat man mir ein Arbeitsleben von siebenundzwanzig Jahren angerechnet!

03.10.1989, Edward Setko-Setkewitsch
ERINNERUNGEN SIBIRJAKOW, BAND III, Seiten 5-12. Verlag POMOST, Warschau, 1990

(Polnisch-russische Übersetzung: 09.08.1993 durch W.S. Birger, Krasnojarsk, Gesellschaft „Memorial“) 

Anmerkungen des Übersetzers

*1. Heute wird diese Deportation für die letzte von insgesamt vier gehalten.

*2. Heute gehört der Wjerchne-Ketsker Kreis zum Bestand der Region Tomsk.

*3. Richtig – Nationalgebiet Tajmyr.

*4. Die 4. Lagerabteilung des GorLag (Besserungsarbeitslager „GR“).

*5. Die 5. Lagerabteilung des GorLag (Besserungsarbeitslager „GR“).

*6. Gemeint ist hier wohl die Verabreichung von Ascorbinsäure-Spritzen ( Vitamin C).

*7. Heute die Stadt Nauja Wilnja in Litauen.

*8. Die 5. Lagerabteilung des GorLag (Besserungsarbeitslager „GR“).


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