Autorin:
Anna Choroschawina, Schülerin der 10. Klasse an der Swetlolobowsker
allgemeinbildenden Oberschule No. 6
Projektleiter:
I.P. Senzowa, Pädagogin für Fortbildung
M.A. Dubko, Pädagoge für Fortbildung
Beratung:
M.A. Pjankow, Pädagoge für Fortbildung am Nowoselowsker Kinder- und
Jugendzentrum
Nowoselowo 2007
1. Vorbemerkungen
2. Einführung
3. Forschungsmaterialien und –methoden
4. Kurze Inhaltsangabe
Kapitel 1. Kurze Beschreibung der Repressionen
Kapitel 2. Rekonstruktion der Biographie der Heldin
2.1. Das Dorf
2.2. Die Schule
2.3. Die Kindheit
2.4. Juni bis Oktober 1941
2.5. Das Leben nach dem Krieg
4. Schlußbemerkung
5. Literaturangaben
Thema dieser Forschungsarbeit: das Schicksal des Menschen zur Zeit der Repressionen.
Meiner Meinung nach ist dieses Thema von aktueller Bedeutung, weil hunderttausende von Deutschen, die seit Jahrhunderten auf dem Territorium der Rus lebten, durch das ungerechte Verhalten, das die Sowjetmacht ihnen entgegenbrachte, zu Krüppeln gemacht wurden. Und viele lange Jahre blieben die Lebensumstände dieser Menschen gänzlich unbemerkt. Wir wollen daher mit unserer Arbeit die Aufmerksamkeit der Umgebung auf das Schicksal unserer deutschen Mitbewohner im Dorf lenken, die nach unseren Vermutungen mit ihren Familien und vielen anderen Deutschen repressiert wurden.
Gegenstand der Forschungsarbeit: das Schicksal des Menschen in der Zeit der Repressionen.
Thema der Forschungsarbeit: die Situation der Repressionsopfer in den Jahren des Großen vaterländischen Krieges auf dem Territorium der Region Krasnojarsk.
Ziel der Forschungsarbeit: das Studium der Repressionen am Beispiel der rekonstruierten Biographie von Germina (Hermine) Davidowna Beljakina.
Besondere Aufgabenstellung:
Die untere Grenze für den Zeitraum, den unsere Arbeit umfaßt, setzen wir in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts an, denn in eben dieser Zeit setzten die Repressionsmaßnahmen auf dem Territorium der UdSSR ein, geschah der Mord an S.M. Kirow. In Zusammenhang mit dem Mord wurde das Gesetz über das unverzügliche Einleiten eines gerichtlichen Untersuchungsverfahrens sowie die sofortige Vollstreckung der verkündeten Urteile verabschiedet. Als zeitliche Obergrenze haben wir für unsere Arbeit das Jahr 1956 festgelegt, als der 20. Parteitag der KPdSU stattfand. Auf diesem Parteitag hielt Chruschtschew seine Rede „über die Überwindung des Stalin-Personenkults und seiner Folgen“. Im gesamten Zeitraum zwischen 1956 und 1961 wurden 700.000 Personen für unschuldig erklärt und rehabilitiert. In der hier vorliegenden Arbeit haben wir eingehend die Angaben über Umsiedler der Region Krasnojarsk und insbesondere des Nowoselowsker Bezirks in Augenschein genommen.
Ich denke, daß ich mit meiner Arbeit das Problem nicht vollständig ausgeschöpft, sondern vielmehr das unbarmherzige Verhalten gegenüber Menschen, die in die Welle der stalinistischen Verfolgungen hineingerieten und im Schatten eben dieser Ereignisse zurückblieben, herausgestellt habe.
Für mein Referat habe ich veröffentlichte Materialien aus der Lehrmittel-Literatur, ein enzyklopädisches Lexikon und den Zeitungsartikel „Neuland“ verwendet. In den Lehrmaterialien von A.A. Danilow und L.G. Kosulina werden die Repressionen und politischen Wirren jener Zeit sowie ihre Gründe und Folgen beschrieben. In der Enzyklopädie – Hauptredakteure J.S. Osipow und M. Krawez – werden die Fakten der Zwangsumsidelung auf russischem Terrirorium beschrieben. Auch fand für diese Arbeit ein Artikel über die Massenaussiedlung von Bauern in den Norden Sibiriens im Jahre 1930 Verwendung; hier wird ausführlich das Verhalten der Staatsmacht gegenüber den repressierten und enteigneten Menschen, den anderen Dorfbewohnern und ihren Verwandten beschrieben, und es war keineswegs erfreulich oder tröstlich. In dem Artikel wird eine Vielzahl von Dokumenten und Auszügen aus offiziellen Befehlen zitiert, die die grausame Haltung der Behörden gegenüber den Menschen bestätigen. In der Arbeit berücksichtigt wurden zudem die Erinenrungen von A.L. Woitolowskaja, Warlam Schaslamow und Robert Conquest. Diese Erinnerungen von Augenzeugen, Teilnehmern, Opfern stellen ein wertvolles Material dar, denn sie bestätigen, wie es tatsächlich war.
Die vorliegende Forschungsarbeit kann für Lehrzwecke im Geschichtsunterricht und auf Themen-Abenden verwendet werden. Sie ist von praktischem Nutzen, vor allem weil sie auf wissenschaftlicher Forschung basiert.
1934 wurde der Erste Sekretär des Gouvernementskomitees, S.M. Kirow, ermordet. Innerhalb von einer halben Stunde wurde das Gesetz über eine beschleunigte Einleitung des Ermittlungsverfahrens und die unverzügliche Urteilsvollstreckung erlassen. Infolgedessen wurden etwa 2 Millionen Menschenerschossen beziehungsweise zwangsumgesiedelt. Als wir erfuhren, daß es in unserem Dorf Leute gibt, die noch zur Zeit des Großen Vaterländischen Krieges daran zu leiden hatten, fingen wir an uns dafür zu interessieren, wie diese Aussiedlung ablief und wie sich die Betroffenen an ihren neuen Wohnorten einlebten.
Während der wissenschaftlichen Nachforschungen wurden folgende Dokumente begutachtet:
„Arbeitsveteran“ (Bescheinigung vom 7. August 1996). Hermine Davidowna wurde die medaille „Für heldenhafte Arbeit während des Krieges 1941-1945“ verliehen (Bescheinigung vom 14. April 1995). Außerdem besitzt sie mehrere Jubiläumsmedaillen (Bescheinigungen vom 22. März 1995 und 15. Februar 2005).
Die Bescheinigung über ihre Rehabilitation als Opfer politischer Repressionen wurde ihr am 20. Januar 1995 ausgehändigt. Die Bescheinigung vom 9. Februar 2004 „Übr das Recht auf Vergünstigungen“ besitzt unbefristete Gültigkeit auf dem gesamten Gebiet der Russischen Föderation.
Für die vorliegende Arbeit wurden folgende Arbeitsmethoden angewandt: Gespräche, Studium von Dokumenten, Analyse aller erhaltenen Informationen mittels Datenvergleich.
Kurze Beschreibung der Repressionen
Eines der Vorzeichen für das politische Regime der UdSSR war der Stalinsche personenkult. Am 21. Dezember 1929 wurde Stalin 50 Jahre alt. Bis zu diesem Zeitpunkt war es nicht üblich gewesen, derartige Jubiläumsfeierlichkeiten von Partei- und Staatsführern öffentlich zu begehen. Lenins Jubiläum war bis dahin die enzige Ausnahme gewesen. Aber die Zeitung „Prawda“ („Wahrheit“; Anm. d.Übers.) widmete Stalin einen Artikel, es gab Ansprachen, Briefe, Telegramme, eine Flut von Lobeshymnen und Schmeicheleien. Diese Anregung griffen wiederum andere Zeitungen (von den Hauptstadt- bis hin zu den Bezirkszeitungen), Zeitschriften, Radiosender und Kinotheater auf. Man bezeichnete Stalin als den tapferen, großartigen, genialen Organisator der Oktober-Ereignisse, den Schöpfer der Roten Armee, einen hervoragenden Heerführer, den Bewahrer der leninschen „Generallinie“, Führer des Weltproletariats und großartigen Strategen des Fünfjahresplans, den „Vater aller Völker“ und „besten Freund der sowjetischen Kinder“. Alle wurden noch übertroffen von dem kasachischen Volksdichter Dschambul, der in jener „Wahrheit“ sagte: „Stalin ist tiefer als der Ozean, höher als der Himalaya und heller als die Sonne. Er ist der – Lehrmeister des Weltalls“.
Gegen Mitte der 1930er Jahre war der Marxismus-Leninismus bereits zur offiziellen Staatsideologie geworden. Aus den Bibliotheken wurden die Werke aller politischen und ideologischen Opponenten der Bolschewiken entfernt und vernichtet. Auch das Bildungssystem unterlag Veränderungen. Lehrpläne wurden umgestellt, der Inhalt des Unterrichts neu definiert. Ihnen lag nun die marxistisch-leninistische Interpretation zugrunde, und zwar nicht nur in den gesellschaftswissenschaftlichen Kursen, sondern mitunter auch in den naturwissenschaftlichen Fächern. In den 1930er Jahren begann sich eine neue Spirale von Repressionen, diesmal gegen die Kirche gerichtet, zu drehen. Man veranstaltete eine Kampagne des „feierlichen“ Herabwerfens der Glocken von den Türmen der Gotteshäuser und veranlaßte ihren Abtransport zum Umschmelzen für den industriellen Bedarf.
Zusammen mit den ideologischen Einrichtungen besaß das stalinistische Regime auch noch eine andere zuverlässige Stütze – das System der Straforgane. Zu Beginn der 1930er Jahre fanden die letzten politischen Prozesse gegen die früheren Gegner der Bolschewiken statt – ehemalige Menschewiken und Sozialrevolutionäre. Sie wurden fast alle erschossen oder in Gefängnisse und Lager geschickt. Ende der 1920er Jahre diente die Schachty-Akte als Signal für den Ausbruch des Kampfes gegen „Schädlinge“ aus den Reihen der wissenschaftlich-technischen Intelligenz in allen Bereichen der Volkswirtschaft. Ab Beginn der 1930er Jahre war dann eine Massen-Kampagne von Repressionen im gange, die sich gegen Kulaken (besitzende Bauern, die Arbeitskräfte bei sich beschäftigten; Anm. d. Übers.) und mittelständische Bauern. Am 7. August 1932 wurde das von Stalin geschriebene Gesetz „Über den Schutz des Eigentums von staatlichen Unternehmen, Kolchosen und Kooperativen sowie die Festigung gesellschaftluchen (sozialistischen) Eigentums“ verabschiedet, das als das berühmt-berüchtigte „Fünf-Ähren-Gesetz“ in die Geschichte einging; demnach konnte man bereits wegen eines geringfügigen Diebstahls zm Tod durch Erschießen verurteilt werden.
Ab November 1934 wurde beim Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten die Soner-Beratung geschaffen. Sie erhielt das Recht, auf rein administrativem Wege, ohne Anwesenheit des Angeklagten, ohne Teilnahme von Zeugen, Staatsanwalt und Advokat, „Volksfeinde“ für eine Dauer von bis zu fünf Jahren in die Verbannung oder in Arbeits- und Umerziehungslager zu schicken.
Anlaß der Massenrepressionen war der Selbstmord des Mitglieds des Politbüros des Zentralkomitees der WKP (B), des Ersten Sekretärs des Leningrader Gouvernementskomitees der WKP (B) – S.M. Kirow - am 1. Dezember 1934 in Leningrad. Nur wenige Stunden nach diesem tragischen Ereignis wurde das Gesetz über die Einleitung „eines vereinfachten verfahrens bei der Verhandlung der Fälle, in denen es um Terrorakte und –organisationen ging“ verabschiedet. Von nun an sollte das Ermittlungsverfahren beschleunigt abgewickelt werden und innerhalb von zehn Tagen abgeschlossen sein; die Anklageschrift sollte dem Beschuldigten 24 Stunden vor der Verhandlung des Falls vor Gericht ausgehändigt werden; ein Staatsanwalt und ein Verteidiger waren nicht anwesend; Anträge auf Begnadigung waren nicht zulässig. Erschießungsurteile wurden unmittelbar nach ihrer Verkündung vollstreckt. 1937 fand ein zweiter Prozeß statt, in dessen Verlauf eine Gruppe von Führern der „Leninschen Garde“ verurteilt wurde. In demselben Jahr wurde auch eine große Gruppe höherer Offiziere mit Marschall M. Tuchatschewskij an der Spitze repressiert.
Im März 1938 wurden das ehemalige Regierungsoberhaupt A. Rykow und der „Liebling der Partei“ N. Bucharin erschossen.
Jeder dieser Prozesse führte dazu, daß sich das Schwungrad der Repressionsmaschinerie für hunderttausende von Menschen immer schneller drehte, vor allem für die Verwandten und Bekannten, Arbeitskollegen und Nachbarn von Repressionsopfern. Allein aus der obersten Armeeleitung wurden vernichtet:
3 von 5 Marschällen,
3 von 5 Oberbefehlshabern 1. Ranges,
10 von 10 Oberbefehlshabern 2. Ranges,
50 von 57 Armeekorps-Kommandeuren,
154 von 186 Divisionskommandeuren,
16 von 16 Armee-Kommissaren 1. und 2. Ranges,
25 von 26 Armeekorps-Kommissaren,
58 von 64 Divisionskommissaren,
401 von 456 Regimentskommandeuren.
Insgesamt wurden 40.000 Offiziere der Roten Armee repressiert. Damals wurde eine Geheimabteilung beim NKWD geschaffen, die sich mit der Vernichtung politischer Gegner im Ausland befaßte. Im August 1940 wurd Trotzkij ermordert. Zu Opfern des stalinistischen Regimes wurden zahlreiche Funktionäre der Komintern und sogar einige Vertreter der „weißen“ Emigration. In den Gefängnissen reichte der Platz nicht mehr aus. Es begann sich ein breites Netz von Konzentrationslagern herauszubilden. Ab der zweiten Hälfte der 1930er Jahre unterlagen der Verhaftung und Verurteilung nicht nur politische Opponenten, sondern auch „potentielle Feinde“, die man nicht aufgrund konkreter Taten richtete, sondern wegen ihrer möglichen Gefahr für das Regime. Eine solche „soziale Schutzmaßnahme“ führte zum „Herausschneiden“ ganzer Bevölkerungsschichten. Die Regierungsverordnung vom 7. April 1935 schrieb vor, daß gegen „Minderjährige ab dem 12. Lebensjahr, die des Diebstahls, der Gewaltanwendung, der Körperverletzung, des Mordes oder versuchten Mordes überführt worden waren, ein Strafprozeß eingeleitet wurde und als Strafmaß alle Strafen festgesetzt werden konnten, die auch im Strafgesetzbuch vorgesehen waren, einschließlich der Todesstrafe. (In der Folge wurde dieses Gesetz als Druckmittel für die Angeklagten benutzt, mit dem Ziel, sie zu Falschaussagen zu überreden, um auf diese Weise ihre Kinder vor Gewaltanwendung zu bewahren). Nach offiziellen Angaben wurden in den Jahren 1930-1953 aufgrund konterrevolutionärer und antistaatlicher Tätigkeiten 3.778.234 Urteile verhängt, darunter 768.098 Todesurteile. Der theoretische Beweis für die politischen Repressionen ist die von J.W. Stalin aufgestellte These über die Unvermeidbarkeit einer Verschärfung des Klassenkampfes während des sozialistischen Aufbaus. Allererster Ausgangspunkt für die Massenrepressionen in den Jahren 1936-1938 waren Widersprüche, die im Verlauf der sozialistischen Modernisierung entstanden waren. Die Industrialisierung veränderte die Struktur der sowjetischen Wirtschaft, indem sie einen schnellen Anstieg der städtischen (unter anderem auch der Arbeiter-) Bevölkerung auf Kosten der Landbevölkerung begünstigte. Aber die Dörfler von gestern besaßen keine Routine, keine Praxis im industriellen Bereich. Es fiel ihnen schwer, sich an die harte Arbeitsdisziplin anzupassen, in den Fabriken herrschte, und die Notwendigkeit, den strengen und genauen Arbeitsrythmus einzuhalten. All das wirkte sich auf die Qualität der herzustellenden Produkte aus; der prozentuale Anteil an Ausschußware war in allen Bereichen der Wirtschaft hoch (auch in der Verteidigungsindustrie). Es zeigte sich die Inkompetenz des Parteiapparates. Die Parteiangehörigen, die daran gewöhnt waren, die ideologische Führung zu übernehmen, indem sie die wenig gebildete Massen zum Arbeitsvollzug mobilisierten, begriffen nicht, daß die im Westen gekauften Werkbänke, Maschinen und andere Ausrüstungsgegenstände nur bei Einhaltung der strengen technischen Betriebsnormen funktionieren konnten. Die Politik, das Volk ständig zur Übererfüllung der Pläne anzutreiben, führte dazu, daß die maschinen beschädigt und unbrauchbar wurden; es häuften sich die Unfälle an Maschinen und Förderbändern. Für die Behörden war das alles vorsätzliche Schädlingstätigkeit, mit der die Massenrepressionen der Jahre 1936-1938 dann schließlich auch begründet wurden. Die komplizierte internationale Lage in den 1930er Jahren zwang die Landesführung erhöhte Anforderungen an die Wirtschaftsfunktionäre zu stellen, welche diese objektiv gar nicht erfüllen konnten. Dies wollten J.W. Stalin und seine nächste Umgebung nicht einsehen und begannen, sie mit Repressalien zu überschütten. Nach dem Ende des Bürgerkrieges, der Liquidierung des Mehrparteiensystems und dem Übergang zur NÖP (neue ökonomischen Politik; Anm. d. Übers.) verringerte sich das Ausmaß der Repressionsaktivitäten durch die Sowjetmacht für kurze Zeit, um dann Ende der 1920er Jahre erneut stark aufzuleben. Ständig traten Meinungsverschiedenheiten bei der höchsten politischen Leitung zutage; aber diese spitzten sich nach dem Tode W.I. Lenins noch zu, der kraft seiner Autorität jegliches Andersdenken unterdrückt hatte. In den scharfen Konflikten bewertete die überwiegende Mehrheit des Zentralkomitees ihre Gegner jedesmal als Oppositionelle. Mehrfach wurde Trotzkij als Oppositioneller angeklagt (1929 wies man ihn aus der UdSSR aus, 1940 wurde er in Mexiko von einem NKWD-Agenten ermordet). Das Zentralkomitee führte den Kampf gegen die „neue Opposition“ (1925, Sinowjew, Kamenew und andere), gegen den trotzkistisch-sinowjewschen Antipartei-Block“ (1926), gegen die „rechten Abweichler“ (1928, Bucharin, Rykow, M.P. Tomskij und andere) und gegen die „Rjutin-Gruppe“ (1930-1932). Im Verlauf des innerparteilichen Kampfes festigte sich Stalins Autorität. Nachdem er 1922 zum Sekretär des Zentralkomitees gewählt worden war, führte Stalin nach und nach die Kontrolle über den Parteiapparat ein, und unterdrückte seine Gegner, indem er sich voll und ganz auf diesen Parteiapparat stützte. Diejenigen, die mit seiner Politik nicht einverstanden waren, wurden ihrer Posten enthoben, aus dem Zentralkomitee oder der Partei ausgeschlossen und verbannt. Nach dem Mord an S.M. Kirow (1934) wurden Langzeit-Inhaftierungen und Todesurteile zu den gängigsten Strafmaßnahmen. Einigen Angaben zufolge erreichte die Zahl der repressierten kommunisten in den 1930er Jahren die 1,3- Millionengrenze (von 3 Millionen Mitgliedern und Kandidaten im Jahre 1934). Abgesehen von den innerpartlichen „Säuberungen“ wurden zur Festigung der neuen Staatsmacht in den 1920er und 1930er Jahren Massenrepressionen gegen verschiedene Bevölkerungsschichten in Gang gesetzt. Ab Ende der 1920er Jahre nahmen sie nach und nach zu und erreichten 1937 ihren Höhepunkt. Man unterscheidet zwei große Repressionswellen.
Von 1928-1933 litten die Bauern am allerschlimmsten: nach unterschiedlichen Einschätzungen, hauptsächlich im Verlauf der Kollektivisierung, zwischen 250.000 und 1 Million Familien repressiert. Dmals nahm auch der Klerus schweren Schaden: zum Jahr 1929 hin wurden bis zu 90% aller griechisch-orthodoxen Gotteshäuser geschlossen; viele Geistliche wurden verhaftet und kamen in Lagern ums Leben. Eine weit verbreitete Strafmaßnahme war der Entzug der bürgerlichen Rechte. 1932 waren etwa 3 Millionen Menschen davon betroffen – mit anderen Worten: 3,5% der gesamten Wählerschaft. Der Entzug der Rechte war begleitet von weiteren diskriminierenden Maßnahmen: Konfiszierung des Besitzes, Verlust des Rechts auf Lebensmittelkarten oder Wohnraum. Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre waren die wissenschaftlich-technischen, witrtschaftlichen Kader („Schachty-Sache“), die Intelligenz („Akademiker-Sache“, die „Sache der Slawen“ und andere) von den Repressionen betroffen. 1931 wurde ein Gerichtsprozeß gegen ehemaliger Mitglieder menschewistischer Organisationen organisiert, die an Mitte der 1920er Jahre illegal existiert hatten. Danach hörten die Aktivitäten der RSDAP in der UdSSR praktisch auf. Von 1929-1931 wurde ein folgenschwerer Schlag gegen die Militärkader ausgeführt. Dies führte zu einem unbefriedigenden Zustand bei der professionellen Vorbereitung und Ausbildung der Armee – ein großes Manko, mit dem sie 1941 in den Krieg zog. In den 1930er Jahren lauteten die Anklagen vor allem auf einen der Punkte des Artikels 58 des Strafgestzes („konterrevolutionäre Tötigkeit“, was häufig das Aussprechen von Todesurteilen nach sich zog. Viele der in den dreißiger Jahren zu langen Haftstrafen Verurteilten wurden 1941 ohne Gerichtsverhandlung erschossen.
Aus den Erinnerungen der verbannten Adda Lwowna Wojtolowskaja und ihrem mann Nikolaj Ignatewitsch Karpow: 1949 „in der Verbannung, traten Gewalt und Willkür in ihrer offensten, schamlosesten, nacktesten Form zutage. Im Lager haben die Behörden, die Lagerleitung es mit einer Unmenge Menschen zu tun. Wenngleich es eine amorphe Masse ist, ausgeblutet durch Verhaftungen, Ermittlungsverfahren, die Schuld, mit der sie abgestempelt waren, so war es doch eine riesige Menge. In ihr konnten potentiell Proteste einzelner wagemutiger Kerle oder zur Verzwiflung getriebener Gruppen auflodern, oder es konnte ganz spontan ein Aufstand ausbrechen. In der Verbannung hingegen herrscht völlige Isoliertheit, Hilflosigkeit, es gibt keine materielle Sicherheit. Die nackte Rechtlosigkeit, ohne „Essensration“, ohne jegliche staatliche Unterstützung war irgendwie wie zu Zarenzeiten.
Jeder kämpfte Mann gegen Mann gegen die Unverschämtheit des lokalen Willkürherrschers, immer mit dem bedrückenden Gedanken der vollständigen Machtlosigkeit. Jeder war der Macht des örtlich amtierenden Willkürherrschers ausgeliefert, der meist in der Vergangenheit auch schon einmal wegen krimineller oder kleinkrimineller Delikte repressiert worden war und nun liebedienern und sich einschmeicheln wollte. Und dem Verbannten wird sein Stückchen Brot entzogen, er muß auf die Hilfe der anderen verzichten; sie dürfen ihn übel zurichten, zu Boden trampeln, töten – und niemand wird davon erfahren, ihn verteidigen und schützen, ihm helfen oder davon erzählen. Wenn ein Lager mit den Methoden der Sklavenarbeit und einem barbarischen Verschleiß an hoch qualifizierten Arbeitskräften etwas erbaut und unbewohnte Gegenden des Landes erschließt, dann ist das in der Verbannung nicht der Fall. Da wird nichts gebaut; sie dient lediglich der Vernichtung des menschen. An den entlegenen Punkten der menschenleeren, tiefen Taiga, ohne das Recht auf Bewegungsfreiheit, ohne Telegraphen, ohne Krankenhaus, wo die ganzen neun, zehn langen Wintermonate die Post mit wechselnden Pferden zu Orten befördert wird, die tausende von Kilometern von Krasnojarsk entfernt liegen, und in dern Frühjahrs- und Herbstschlammzeit überhaupt nicht zugestellt werden kann, da erhebt sich vor jedem die harte Frage, wie man hier bestehen soll. Der Veerfolgung unterlagen alle sogenannten „Wiederholer“, also jene, die bereits in der Vergangenheit Repressionen ausgesetzt waren. Frappierend war die Anzahl von Sektierern. Offensichtlich hatte der Krieg religiöse Gefühle und einen gewissen religiösen Fanatismus hervorgebracht. Es gab eine Vielzahl von Sekten: Baptisten, Anabaptisten, Baptisten- Fünfziger, Menschen „von irgendwelchen Tagen“, wie beispielsweise die Adventisten „vom siebten Tag“, usw.. Die Gefängnisse waren voll mit Sektieren. Eng verbunden mit ihrer eigenen Sekte, benahmen sie sich gegenüber anderen Sekten äußerst unduldsam und geradezu feindselig. Die Sektiererei war besonders in den Gegenden verbreitet, die von der Okkupation betroffen waren, also auch im Gebiet Rostow. Das innere Gefängnis des Rostower NKWD, in dem ich mich nun plötzlich wiederfand, war völlig überfüllt. In der Zelle, die für vier Personen gedacht war, befanden sich ständig 9-12 Häftlinge. Es kam der Tag der Verschickung. Man begann damit, mich und andere Etappen-Häftlinge in einen „schwarzen Raben“ zu stoßen. Dann fuhren wir in einem „Stolypin-Wagen“; mit wem und wie weiß ich nicht mehr. Ein einziger Gedanke beherrschte mich: ich war auf ewig von den Kindern getrennt und würde sie niemals wiedersehen. Ich kann mich nicht erinnern ... Außer dem – existierte nichts, es war alles weg ... Ich hörte die hastig ausgestoßenen Kommandorufe und das Getrampel von Männerfüßen auf dem Korridor. Kolja gab einen Ton von sich, also ist er auch hier. Sie brachten die Männer fort. Es waren viele. Es verging noch etwa eine halbe Stunde. Der Begleitsoldat drehte den Schlüssel im Schloß und knurrte: „Raus!“. Wir gingen lange. Weit entfernt, hinter den Gleisen glänzte schwarz ein geschlossener „Rabe“, umgeben von Wachleuten, die eine Kette gebildet hatten. Neben dem Wageneinstieg stand einsam und verlassen die kleine Gestalt einer Frau. Man stieß sie und mich zum Fahrzeug, schnell wurde die Tür geöffnet, aus der ein übelriechender, warmer Luftstrom drang, wie aus einem Kübel mit chemischen Abfällen; es tauchte ein Durcheinander von Köpfen und Armen auf, und wir beide wurden mit Mühe und Not zu der nach Schweiß riechenden und zu Tieren gewordenen Männerbande hineingeschoben; jemand drückte die Tür hinter uns zu. Es gab überhaupt keinen Platz zum Stehen, geschweige denn, um sich hinzusetzen. Totale Finsternis. Ich wurde gegen irgendwelche Körper gedrückt, irgendjemandes Arme und Hände; es waren nicht nur einige, sondern viele, alle, die sich noch rühren konnten, krochen herum, wie Läuse auf Kleidung und Körper, und irgendjemandes Mund und Lippen sabberten das Gesicht voll. Der Ekel war zum Heulen. Sie nahmen uns die Sachen weg, rissen sie uns aus den Händen, und ich wehrte mich aus Leibeskräften mit den Ellbogen, denn die Handflächen waren an den Oberschenkeln wie festgeklebt. Schließlich konnte ich die linke Hand frei bekommen und stieß mit ihr ein verschwitztes Gesicht von mir weg. Auch ich selbst war schnell schweißüberströmt und mußte aufzustöhnen. In diesem Augenblick hörte ich Koljas gedämpfte Stimme: „Adda, ich bin hier!“. Die qualvolle Situation dauerte unendlich lange an; ich hatte schon ganz blutig gekratzte Hände, das Gesicht war mit zusammengelaufenem Speichel und Blut verklebt. Mein Kopf schleuderte in alle Richtungen, die Haare waren an der Kopfhaut festgeklebt. Das ließ sich nicht einmal beim Bad wieder ausspülen. Sie blieben so. Die Männer prallten zurück, und wir beiden aneinandergedrückten Frauen, fielen wie nasse Säcke zu Boden. Verwahrloste Arrestanten stürzten sich auf sie; alle, außer Kolja, waren Straftäter. Einer von ihnen, hochgewachsen und jung, hörte mit dem Radaumachen nicht auf, genau wie alle anderen im Inneren des „Raben“. Er ging auf die Bewacher los, schimpfte, fing an seine Kleidung zu zerreißen. Ein aufgebrachtes, rasendes Etwas, in dem alle menschlichen Züge völlig zerstört waren. Er saß blaß aus, seine schwarzen Augen waren groß und rund, das Weiße darin war blutunterlaufen. Und plötzlich riß er sein Hemd auf undbegann zu singen: ihr seid als Opfer gefallen... Völlig unerwartet für alle, auch für die Begleitsoldaten.
Die schreckliche Wucht und das Ausmaß der Repressionen gibt Zeugnis von der Angst und Verwirrung, die nicht beim Volk, sondern vielmehr bei den an der Macht Sitzenden vorhanden war. Auf die vielfältigen gesellschaftlichen Erscheinungsformen folgte von Seiten der Behörden eine typische, ganz geradlinige Reaktion – ein ganzer Katalog von Repressionen. Keinerlei Winde konnten die Gewitterwolken vertreiben. In der allgemeinen Geschäftigkeit und dem abgrundtiefen menschlichen Kummer wurde das quälende Gefühl der Trennung „für immer“ ein wenig schwächer. Andere Schicksale, nicht weniger bitter als das eigene, lenkten einen ab wie eine Reise, wie das Flimmern von Kinofilmen auf der Leinwand. Die Gedanken stellten sich auf allgemeine Dinge um. Wenn du Gefängnisluft einatmest, die angereichert ist mit Leid, Entzug, Kummer, sellischer Folter und dem ungerechten Mißverhältnis von ungerechten und gerechten Entscheidungen, dann schaust du unweigerlich auf das Wesentliche der Dinge, in die Seele hinein, auf den Kern der Wahrheit. Im Grunde genommen erfüllt die Presnja (Durchgangsgefängnis; Anm. d. Übers.) die Aufgabe eines Übergabe-Mechanismus, wo die Etappen sich nicht lange verzögern sollten, aber die breitgefächerte Großartigkeit des Unternehmens hinderte das Durchgangsgefängnis daran, seine eigentliche Funktion zu erfüllen, so daß wir uns hier mehr als zwei Wochen aufhielten. Endlich kam der Tag der Abfahrt, und es war allen unverständlich, weshalb man uns auf den Exerzierplatz zum noch viel unverständlichen Durchzählen brachte. Ein Meer von Köpfen durchzuzählen war eine Aufgabe, die die Kräfte so manch eines Menschen überstieg. Schließlich wird eine Handvoll Häftlinge in den zweiten Hof, zum Einsteigen in den „Raben“ geführt. Man brachte uns bis nach Krasnojarsk. Auch das Krasnojarsker Gefängnis hat sich nachdrücklich und tief im Gedächtnis festgesetzt, vor allem wegen seiner internationalen Zusammenstzung der Gefangenen. Das ist irgendein Internationalismus andersherum, in ganz verdrehter Form. Da war es also, wo der „Kampf gegen den Kosmopolitismus“ sein wahres Gesicht des groben Chauvinismus entblößte, den bedingungslosen Einfluß des Nazismus unter dem Deckmantel des „Schutzes der geistigen Interessen des russischen Volkes“ zum Ausdruck brachte. Eine Gruppe Wolga-Deutscher wird aus der Nähe von Kemerowo verlegt, wohin – das ist bislang nicht bekannt, aber auf jeden Fall weiter Richtung Norden. Als die Zellen von den in alle Ecken der Region Verschleppten beinahe gesäubert waren, wurde verkündet, daß wir in den Norden ausgesiedelt werden sollten, in den Bezirk Turuchansk, das ehemalige, riesige Gebiet Turuchansker Gebiet. Die Landetappen liegen hinter uns. Jetzt sind wir „für immer“ mit dem Fluß, der Taiga verbunden. Vor uns liegt der Jenisej. Der Jenisej – ein riesiges Reich! Er hat alles zu bieten – erstaunlich jähe Flußbiegungen und viele Kilometer geradlinigen Dahinfließens, was irgendwie an fliegende Pfeile erinnert, Stromschnellen und ein ruhig daliegendes, breites Flußbett, schiffbare Wassertiefe und hohe Wellenkämme, glänzende Wasserspiegel und schäumende Wellentänze, Inseln und Inselchen, die den Fluß in eine Vielzahl von Flußbetten unterteilen, und ein ununterbrochenes, gleichmäßiges Dahinströmen des Wassers. Mal fließt er zwischen Felsen und Schluchten, Gebirgsausläufern, vorbei an „Wangen“ und „Schiffchen“, an Felswänden, mal ist es steinig und uneben und dann wieder glatt wie ein Spiegel, wie ein Teich. Im Norden begrenzt ihn von beiden Seiten die zu seinem Schutz wuchernde Taiga. Im äußersten Norden wird die Taiga spärlicher, und er dehnt sich immer mehr aus, bis zu einer Breite von mehreren Kilometern. Schon die Ufer mit ihrem spärlichen Bewuchs, den niedrigen Büschen, den leicht abfallenden Abhängen aus Weidengestrüpp und Purpurweiden ziehen einem das Herz zusammen, und der unermüdliche Jenisej ergießt sich ins unermeßlich weite Meer. Endlich zeigt sich am hohen, steilen Ufer Turuchansk. Der erste und unvergeßliche Eindruck – die Mischung aus den Grautönen und der Farblosigkeit der kalten Dämmerung, das trostlose Ufer – am Hang eine aneinandergereihte Linie vion schwarzen, schiefen, niedrigen Holzhäusern, die ihre Zeit überdauert haben. In der Ferne Überreste des Glockenturmes einer Kirche und des ehemaligen Klosters. Alles ist baufällig und verrottet. Während des Krieges und auch danach wurden hauptsächlich folgende Deutsche aus dem Wolgagebiet mit ihren Kindern umgesiedelt: die Familien Keller, Kraft, Schutzmann, Merker, Groo und andere. Ihre wachsblonde Kinderschar, hungrig und nackt, läuft überall umher. Sie sprechen ihren ganz besonderen Wolga-Dialekt, so daß du sie nicht auf Anhieb verstehen kannst. Im Laufe der Zeit gewöhnte ich mich daran und bemerkte diese Dialektismen dann schon gar nicht mehr. Alle Kinderchen schwatzen bereits auf Russisch. Die Frauen waren ohne ihre Männer gekommen, mit Ausnahme der Familie von Schuster Merker, wo der Vater ein hinkender Kriegsinvalide war. Viele der Kinder wuchsen heran und arbeiteten dann in der Kolchose, die Mädchen beim Fischfang und in den Gemüsegärten, die jungen Männer als Jäger (sie ginen auf Eichhörnchen-Jagd), denn es handelte sich um eine Fischerei- und Kagd-Kolchose, die verpflichtet war, an den Staat Eichhörnchen und turuchansker Hering abzugeben. Bald darauf hörte man die Nachricht, daß sie nach Nischne-Imbatsk umgesiedelt werden sollten. Die Tatsache, daß unsnun ein langes, langes Leben in Imbatsk bevorstand, fand in unseren Köpfen und in unserem Bewußtsein keinen Platz, aber man mußte sich unterordnen. Es war ein großes Glück, daß ich mit meinem Mann zusammen war. Viele verloren den Verstand vor lauter Einsamkeit, der Isolation, der dem Gefühl des Verlassenseins und der Kälte jener Gesellschaft, in der sie bis zu ihrer Vertreibung gelebt und gearbeitet hatten.
Am 6. März 1953 starb Stalin. Am 27. März 1953 wurden eine Amnestie und eine ganze Reihe von Dekreten herausgegeben, aber bis zu uns gelangten sie erst eineinhalb Jahre später.
... Der Winter 1954 zog sich sogar für nördliche Begriffe in die Länge. Der Frühling entfaltete sich nur langsam. Man konnte nicht durch den Schlamm hindurchwaten. Die Sonne ließ sich nur selten und für kurze Zeit sehen. Selbst der Eisgang ging viel gemächlicher vonstatten als gewöhnlich. Das Wasser im Jenisej begann in der zweiten Junihälfte niedriger zu werden. Und da kamen uns Gerüchte zu Ohren, daß aus verschiedenen bewohnten Orten, und auch aus Turuchansk selbst, Verbannte zum MGB bestellt wurden, wo sie Ausweise und die Erlaubnis zur Abreise erhalten sollten. Man glaubte es, denn man wollte es glauben, und dann gab man den Glauben auf, denn von uns wurde keiner aufgerufen.
Beim Erhalt seines Passes passierte Kolja ein Zwischenfall mit dem KGB-Bevollmächtigten Majboroda. Bei seiner Ankunft ging Kolja wegen dieses Ausweises zum KGB.Im Empfangszimmer hatten bereits seit dem Morgen etwa zehn Personen gesessen. Majboroda erschien als erster zur Arbeit, betrachtete alle und ging, als er Kolja bemerkte, schnell auf ihn zu, und streckte seine Hand aus und sprach ein paar Glückwunsche aus. Aber seine Hand blieb in der Luft hängen. Kolja war nicht in der Lage, ihm sein grobes Verhalten, das er bei ihrer ersten Begegnung eineinhalb Jahre zuvor an den Tag gelegt hatte, zu verzeihen.
Einmal hatten wir bereits die Bitterkeit der Rückkehr erfahren, aber der Mensch darf nicht verlernen sich zu freuen, so lange er noch Lebenskräfte in sich hat, genauso, wie ein Vogel nicht aufhört zu fliegen, so lange er keinen Flügel gebrochen hat, oder wie die Blätter im Winde nicht aufhören zu zittern, bis sie zu Boden fallen. Die Ketten der „Ewigkeit“ waren von uns abgefallen. Und obwohl wir immer noch den Jenisej flußabwärts schwommen, gen Norden, so geschah dies doch immerhin schon mit einem ganz anderen Gefühl und mit ganz anderen Gedanken, als denen, die uns auf unserer damaligen Fahrt nach Turuchansk durch den Kopf gegangen waren. Die Freiheit wird wahrscheinlich trügerisch und unerfüllbar sein, aber dieses Mal soll sie uns ein wenig näher an die Gleichstellung mit den anderen heranbringen; was sollte uns sonst die Rückkehr an den Ort der Verhaftung und das Fehlen der „Minus“-Punkte selbst für Moskau und Leningrad bedeuten? Alles übrige stellte für uns überhaupt nichts Aufheiterndes dar. Wir fanden uns blindlings in dem, was geschehen war, zurecht, und das Verständnis stand in direkter Abhängigkeit mit jedermanns Laune und Verfassung. Die unablässige Anspannung viel von einem ab. All die Jahre hatten wir in einem Zustand gelebt, als ob die Hände sich an einen Vorsprung über einem tiefen Abgrund geklammert hätten, die Füße sich fest auf irgendeinen Punkt stemmten und immer wieder abrutschten, sodaß du jeden Augenblick hinabstürzen konntest. Aber da vollzog sich eine Wandlung – die Erdkruste rückte etwas näher zusammen, der Boden ebnete sich, du kannst die Muskeln wieder lockerlassen, die Hände von der Stelle lösen, an der du dich so verkrampft festgeklammert hast, auf festen Boden treten und seine stabile, schützende Geschmeidigkeit nutzen. Man kann wieder durchatmen, verschnaufen! Das ist viel, unermeßlich viel, selbst wenn die Freiheit nur ein Phantom, eine Fata Morgana ist.
Die „Wiederholungs“verbannten bestellte man aus dem gesamten Bezirk nach Turuchansk – weil sie Ausweise erhalten sollte, und gegen herbst des Folgejahres 1955, waren, bis auf wenige Ausnahmen, alle abgereist“.
Rekonstruktion der Biographie unserer Heldin
Dorf Klarus (Glarus), Balakowsker Bezirk, Gebiet Saratow. Liegt in der Steppe. Flachland, gute Fernsicht. Ein schönes Dorf, besteht aus drei Straßen: einer, die man von beiden Seiten befahren kann und zwei einspurigen. Im Frühjahr wurde um das Dorf herum ein Damm errichtet. Daneben wuchsen fünf riesige Pappeln. Dort wurde ein Brunnen gegraben, aus dem sie Wasser für ihre eigenen Bedürfnisse und zum Tränken des Viehs holten. Die meisten Dorfbewohner waren Deutsche und Kasachen. Die erwachsene Bevölkerung arbeitete in der Kolchose, die Kinder gingen zur Schule.
Alle Fächer wurden auf Deutsch unterrichtet. Russisch lernten die Kinder jeweils eine Stunde am Tag. Genau wie in allen anderen sowjetischen Schulen, gab es auch hier Kinder-Organisationen. Unsere Heldin war zunächst Schülerin der ersten drei Klassen, die von der Pionierorganisation betreut wurden, dann kam sie selbst zu den pionieren. Die Familie hatte kein Geld für ein Halstuch, und so kaufte die Lehrerin ihr eins von ihrem eigenen Geld und band es der kleinen Hermine um. Das Mädchen schaffte insgesamt vier Schulklassen, bevor der Krieg ausbrach, erinnert sich aber nich an das beschauliche, ruhige Leben. Erwachsene und Kinder putzten sich an den Abenden heraus und trafen sich im Klub. Dort feierten sie alle Feste. In dem Bemühen ihre Kultur zu bewahren, sangen sie Volkslieder und tanzten deutsche Tänze. Sie hatten ihre eigenen Harmonikaspieler. Im allgemeinen war das Leben im Dorf fröhlich, aber ruhig, und es gab keinerlei Anzeichen für ein bevorstehendes Unheil.
Hermina (Hermine) Davidowna Wagner wurde 1929 geboren. In der Familie gab es fünf Kinder. Der Vater, David Iwanowitsch Wagner, kam während des Bürgerkrieges ums Leben; er kämpfte auf der Seite der Roten. Eine Todesbenachrichtigung erhielt die Familie nicht, aber eine Frau aus dem Dorf überbrachte ihnen die Nachricht. Zufuß ging sie zum Beten nach Saratow. Ihr Weg führte durch Kampfgebiet, wo sie Hermines toten Vater entdeckt. Während der Kampfhandlungen war keine Gelegenheit gewesen, die Toten zu beseitigen – die Raben waren schon dabei, ihm die Augen auszuhacken. Nachdem sie ins Dorf zurückgekehrt war, berichtete sie ihren Verwandten davon.
Die Mutter – Maria Davidowna Wagner (Pracht), wuchs in einer gläubigen Familie auf. Ihr Vater hatte gegen die Weißarmisten gekämpft. Das Mädchen brauchte nicht in die Schule gehen, es wurde zuhause unterrichtet. Sie war von Natur aus ein kluges, aufgewecktes Mädchen, dem das Lernen leicht fiel. Sie liebte ganz besonders religiöse Bücher, die heimlich in jeder Familie verwahrt wurden.
Nachdem die Familie schon vorzeitig ohne einen Ernährer auskommen mußte, wurde ihr Leben sehr schwierig. Gemeinsam mit der Mutter stellten die Kinder Ziegelsteine her und bauten damit das Haus zuende, das der Vater begonnen hatte. Die Lehmwände weißten sie mit Kreide. Erst als die älteren Kinder herangewachsen waren und zu arbeiten begannen, wurde ihr Leben besser. Sie konnten sich sogar zu jedem Festtag billige Trachten kleidung nähen und fingen an sich besser zu ernähren.
Juni – Okrober 1941. Hermine war 11 Jahre alt, als der Krieg ausbrach. Die Nachricht vom Beginn des Krieges wurde über das Radio verkündet; es war eine schlimme Nacht. Die Dorfbewohner liefen auf die Straße, alles schluchzten und weinten. Aber in jenen Minuten wußte noch niemand, was für einen Schicksalsschlag dem deutschen Volk noch bevorstand, was es noch alles erleiden sollte. Fast alle Männer und jungen Burschen versuchten an die Front zu kommen, aber als sie sich an das Kriegskommissariat wandten, teilte man ihnen mit, daß ihnen dieser Wunsch aufgrund ihrer Nationalität verweigert werden müßte. Und da änderten sie einfach ihre Vor- und Zunamen und zogen in den Kampf. Auf diese Weise gelangten auch Hermine Davidownas Sportlehrer und viele andere an die Front. Die friedlichen Bewohner hofften, daß alles wieder zurechtkommen würde, bis dann der Oktober 1941 kam. Im Radio wurde die Umsiedlung aller Wolga-Deutschen verkündet. Die Bewohner glaubten, daß der Grund dafür Hitlers Worte waren, seine Pferde würden bald in der Wolga ihren Durst löschen. Aus dem Dorf wurden alle abtransportiert, nur die Soldaten und Kasachen blieben dort. Man erlaubte den Familien nur so viele Sachen mitzunehmen, wie sie tragen konnten. Jeder nahm das mit, was für ihn am wertvollsten, was ihm am liebsten war. In der Familie der kleinen Hermine gab es religiöse Bücher. Obwohl sie streng verboten waren, nahm Mutter Wagner sie heimlich mit. Seine eigenen Sachen trug jeder selbst, und den Familien, in denen es keinen mann gab, halfen Soldaten als Träger. Außer den allernotwenidgsten Dingen hatten man ihnen befohlen, Lebensmittel für mehrere Tage einzupacken. Vom Dorf bis zum nahegelegenen Sammelpunkt brachte man sie mit Pferden. Am Ufer der Wolga waren schon viel Umsiedler versammelt und warteten auf den Lastkahn. Niemand vermochte zu sagen, wie es nun weitergehen würde. Viele hatten schreckliche Angst vor der Ungewißheit, aber die Kinder begriffen das noch nicht. Die Erwachsen waren bemüht, ihre Kinder dicht bei sich zu behalten, damit keines in der Menge verlorenging. Mit dem Lastkahn wurden sie über den Fluß gebracht, auf Güterwaggons umgeladen und dann nach Sibirien und auch noch weiter in den Osten transportiert. Unterwegs durfte niemand die Waggons verlassen; allerdings durften die Erwachsenen während der Zughalte heißes Wasser holen. So geriet unsere Heldin mitsamt ihrer Familie nach Krasnojarsk. Von dort aus brachte man sie und einige andere Familien nach Nowoselowo, anschließend nach Swetlolobowo. Anfangs wurden alle uim Klub untergebracht. Die Bewohner des kleinen Dorfes äußerten keine Feindseligkeiten gegenüber den Umsiedlern, sondern versuchten zu helfen, wo sie nur konnten. Eine Wohnung bekamen nur die, in deren Familie es einen Mann gab. Die Wagners mußten einen ganzen Monat im Klub wohnen. Das Essen war sehr schlecht. Es gab keinen Zucker; er wurde durch Rüben und Malz ersetzt. Wegen der einsetzenden Kälte mußten sie den Ofen mit Kuhmist heizen, die sie in der Gegend sammelten. Säter geab man ihnen ein kleines, frei gewordenes Häuschen. Aus der Kolchose wurde ihnen eine Kuh zugeteilt. Die Mutter ging sofort in der Trocknungsanlage der Kolchose „Projektor“ arbeiten. Die Kinder gingen nicht mehr zu Schule. Der Bruder konnte kein Russisch, und Hermine mußte mit 12 Jahren anfangen zu arbeiten, um der Mutter zu helfen, die Familie zu ernähren. Zuerst sammelte und verarbeitete sie zusammen mit anderen Kindern Mohn und verlas Hafer.
Dann sammelten sie Pakete für die Soldaten an der Front. Als sie ein wenig herangewachsen war, begann sie auf dem Feld zu arbeiten.
2.5. Das Leben nach dem Krieg. In der Nachkriegszeit mußte Hermine als Köchin arbeiten, und bald bezeichnete man sie als eine der besten; man nannte sie die „goldene Köchin“. Sie kochte das Essen für eine 15-köpfige Brigade, die in der Taiga bei der Holzbeschaffung arbeiteten. Um 4 Uhr morgens stand sie auf, knetete den Teig für das Brot, kochte, wusch und fuhr zur Kolchose, um Lebensmittel zu holen. Sie war so klein, daß sie selber in den Ofen hineinkriechen mußte, um von dort das Brot herauszuziehen. Später lernte sie Traktorfahren und begann dann auch selbst zu pflügen, zu säen und zu mähen. Eine Zeit lang arbeitete sie zu Pferde. Jeden Morgen mußte sie sich das Pferd holen. Ausgerechnet dort lernte sie ihren zukünftigen Ehemann Stepan kennen. Anfangs half er ihr nur beim Anspannen des Pferdes, denn dem Mädchen fehlte die Kraft dazu. Dann gingen sie zusammen spazieren. Die Jugend organisierte selbst Tanzveranstaltungen zu den Klängen von Balalajka und Harmonika. Nach der Arbeit drehten sie sich unermüdlich bei Walzermusik, Foxtrott und Krakowiak. Und tagsüber arbeiteten sie gemeinsam auf dem Feldstützpunkt. Stepan galt als einer der besten Traktoristen Und auf diese Weise vergingen einige Jahre; schon hatten beide das 23. Lebensjahr überschritten und gar nicht bemerkt, wie zwischen ihnen ein großartiges Gefühl entstanden war – die Liebe! Hermione hatte niemals einen Deutschen heiraten wollen. Nach all den Leiden wollte sie, daß ihre Kinder russischer Nationalität sein sollten, Deswegen erklärte sie sich mit Freuden einverstanden, als Stepan ihr seinen heiratsantrag machte. Hermines Mutter dagegen, trat dem Brautwerber nicht gerade freundlich entgegen. Anfangs war sie verärgert über ihre Tochter, schrie: „Ich wird’s dir geben!“ – und wollte schon mit dem Filzstiefel nach ihr werfen. Nur die Worte Stepans: „Mutter, Mutter, laß sie in Ruhe!“ – erweichten ihr Herz. Unter vier Augen sagte sie zur Tochter: „Ich kann dir deinen Mann nicht aussuchen“. Nach der Heirat lebten sie bei der Familie Beljakin. Der älteste Bruder, Nikita Iwanowitsch, war empört darüber, daß Stepan eine Deutsche geheiratet hatte. Daraufhin erhielt er die antwort: „Du hast auch einmal geheiratet, und ich habe nicht gefragt; und ich heirate, wen ich liebhabe“. Ihre Liebe konnten sie durchs ganze Leben mit sich tragen. Viele Schwierigkeiten mußten sie durchstehen. Besonders schwer hatten sie es in den Kriegsjahren. Alle Deutschen mußten sich einmal im Monat in Nowoselowo melden. Sie mußten unterschreiben, daß sie das Dorf nicht verlassen würden. Selbst wenn sie nur ins benachbarte Dorf gehen wollten, waren sie gezwungen, eine spezielle Erlaubnis einzuholen. Einmal war es Hermine unmöglich, sich rechtzeitig zu melden, denn sie war mit dem Melken der Kühe beschäftigt und es war ihr verboten worden, den Arbeitsplatz zu verlassen. Dafür wurde sie 5 Tage und Nächte eingesperrt. Nur die Intervention ihres Ehemannes und des Onkels rettete die schwangere Frau. Während dieser ganzen Zeit war es den Repressierten erlaubt, den anderen Leuten aus dem Dorf Briefe zu schreiben, aber sie durften nur in Form eines gefalteten Dreiecks verschickt und nicht zugeklebt werden. Vom Sieg erfuhren sie an ihren Arbeitsplätzen. Manche weinten, andere lachten, viele konnten es auch nicht gleich glauben. Aber für alle Dorfbewohner veranstaltete man am folgenden Tag einen großen Festtag! Nach Stalins Tod wurden sie rehabilitiert und erhielten dann auch die Genehmigung, in ihre Heimat zurückzukehren. Viele reisten ab, unter ihnen auch Hermines Schwester. Aber unsere Heldin blieb, denn hier hat sich ihr gesamtes Leben abgespielt: ihre einzige, große Liebe, ihre Kinder.
Mehrmals reiste sie an die Wolga. In ihrem Heimatdorf erkannte sie nur noch die alte Kolchosscheune und den Friedhof wieder. Ihr Elternhaus war schon nicht mehr dort. Ihr Arbeitsleben beschloß sie als Köchin im Kindergarten.
Für ihre Arbeit bekam sie den Titel einer „Arbeitsveteranin“ verliehen (Bescheinigung vom 7. August 1996).
Hermine Davidowna bekam die Medaille „“Für heldenmütige Arbeit während des Krieges 1941-1945“ verliehen (Bescheinigung vom 14. April 1995).
Sie besitzt einige Jubiläumsmedaillen (Bescheinigungen vom 22. März 1995 und 15. Februar 2005).
Die Rehabilitationsbescheinigung für Opfer politischer Repressionen wurde ihr am 20. Januar 1995 ausgehändigt.
Die Bescheinigung vom 9. Februar 2004 „Über das Recht auf Vergünstigungen“ ist
auf dem Territorium der gesamten Russischen Föderation unbefristet gültig. Aber
Hermine Davidowna nimmt fast keine Vergünstigungen in Anspruch. Nur einmal
erhielt sie ein Paket aus Krasnojarsk, in dem sich 1 kg Zucker, 1 kg Weizengrieß
und ein Satz Bettwäsche befanden. Andere Wiedergutmachungen hat sie nicht
erhalten.
Im Verlaufe der hier vorliegenden Arbeit konnte ich die gestellten Ziele und Aufgaben umsetzen. Wir konnten und näher bekanntmachen mit der Geschichte der stalinistsichen Repressionen, soprikosnulis mit einem von hunderttausend Schicksalen politischer Repressionen. Es ist uns gelungen, eine bessere Vorstellung vom Umfang des Unglücks zu bekommen, das unser Volk in den Jahren des Stalinismus erfaßte.
Der Wert der erhaltenen Ergebnisse liegt darin, daß ein weiterer Kreis von Lernenden die Möglichkeit hat, sich mit der Geschichte der Region in den Jahren der Repression vertraut zu machen. Nach dem Studium von Literatur über die stalinistischen Repressionen, haben wir gesehen, daß die meisten Autoren eine besondere Grausamkeit gegenüber den Repressionsopfern unterstreichen. Die juristische Regel: Väter sind nicht für ihre Kinder verantwortlich, Kinder tragen nicht die Verantwortung für ihre Väter – existierte nicht. Die Folge davon war, daß alle bestraft wurden, sowohl gegen Kinder, als auch gegen Erwachsene, und sogar gegen alte Menschen wurden Urteile verhängt - ohne Gerichtsverhandlung und ohne Ermittlungsverfahren, und um die Bestrafung ihrer Kinder zu verhindern, gingen die Erwachsenen selbst vor Gericht. Auf diese Weise wurden etwa 3.778.800 Menschen ausgesiedelt oder erschossen. In der Literatur findet sich der Hinweis, daß alle Schicksale dieser Menschen für immer zerstört wurden, was einen noch mehr bedrückt: alle repressierten und erschossenen Menschen sind Deutsche, die auf dem Territorium der Rus bereits seit mehr als drei Jahrhunderten lebten.
Im Leben der Hermine Davidowna blieben die Repressionen als unauslöschlicher Fleck haften. Das historische Ereignis versetzte dem Schicksal der Heldin und noch weiteren Millionen Menschen, die unter den stalinistischen Repressionen leiden mußten, einen grausamen Schlag. Dieser Schmerz, diese Seelenqual und die Erniedrigungen von Seiten der staatlichen Behörden gönnen selbst einem ganz und gar gefühllosen Menschen keine Ruhe. Das Leben eines einzigen Menschen wurde zur Bestätigung für den Umfang und das Ausmaß der Massenrepressionen an sich.
1. Erinnerungen der Hermine Davidowna Beljakinij.
2. Große Russische Enzyklopädie. Vorsitzender des wissenschaftl. Redaktionsrates
– J.S. Osipow, verantwortl. Red.: Krawez. Moskau, Große Russische Enzyklopädie,
2004.
3. A.A. Danilow, L.G. Kosulina. Geschichte Rußlands, 20. Jahrh., Moskau,
Aufklärungs-verlag, 1995.
4. A.A. Lawandowskij, J.A. Schtschetinow. Rußland im 20. Jahrjundert, Moskau,
Aufklärungsverlag, 2003.
5. N.W. Sagadin, S.I. Koslenko. Geschichte des Vaterlandes. 20. bis Beginn des
21. Jahrhunderts, Moskau, Verlag Russisches Wort, 2005.
6. Journal „Stern“, St.-Petersburg, Druckerei-Hof, 1995
7. Journal „Das Banner“, Moskau, Presse-Verlag, 1993.
8. Zeitung „Dorf-Neuigkeiten“.