Bildungsbehörde der Verwaltung des Suchobusimsker Bezirks
Kommunale staatliche Bildungseinrichtung
„Suchobusimsker allgemeinbildende Oberschule“
Schülerin der Klasse 9 a – Kristina Alexandrowna Weber
Leitung: L.A. Iwakina, Lehrerin für Geschichte und Gesellschaftskunde
Kommunale staatliche Bildungsstätte „Suchobusimsker allgemeinbildende Oberschule“
Viele Menschen gingen während des Krieges an die Front, leisteten dem Feind Widerstand, verteidigten ihre Heimat und gaben ihr Leben fürs Vaterland. Und all das taten sie zum Wohle ihres Landes, ihrer Familie. Die Sowjetmenschen, die im Hinterland blieben, taten ihr Möglichstes, um dem Land dabei zu helfen, mit dem Unheil zurecht zu kommen, sie halfen den Soldaten, gaben ihnen zu essen und behandelten ihre Verletzungen. Derartige Menschen muss man achten, sich ihrer erinnern, denn ihnen ist es auch zu verdanken, dass es uns auf dieser Erde gibt und dass sich über uns ein friedlicher Himmel wölbt. Die Menschen im Hinterland vollbrachten Heldentaten mit ihrer Arbeit.
Meine Großeltern, Flora Alexandrowna Weber und Alexander Viktorowitsch Weber, gehören auch zu ihnen. Sie waren noch klein, als der Große Vaterländische Krieg ausbrach, aber ihre Eltern taten vieles zum Wohle der Heimat.
Nicht lange vor dem Krieg lebte Großmama an der Wolga, in der deutschen Autonomie, im Bezirk Pallasowka, Ortschaft Straßburg – und der Großpapa in der Ortschaft Krasnij Pachar (Roter Pflüger; Anm. d. Übers.), doch von der Existenz des jeweils anderen wussten die beiden damals noch nichts.
Nach den Erinnerungen der Großmutter führten sie ein gutes Leben, besaßen ein solides Haus, eine Menge Vieh und eigene Kamele. Der Großvater kann sich kaum an sein Elternhaus erinnern, dafür aber noch sehr gut an den wunderschönen Garten hinter dem Haus – und wie er dort mit seiner Mutter Beeren und Äpfel pflückte.
Als der Große Vaterländische Krieg ausbrach, nahm ihr ruhiges Leben ein jähes Ende. Viele Familien hatten zu leiden, weil sie zu Beginn des Krieges politisch verfolgt wurden und sie in der Heimat alles zurücklassen und mit nichts ins Unbekannte fahren mussten, wo sie, anders ausgedrückt, gezwungen waren, wieder ganz von Null anzufangen.
Im Herbst 1941 kam Stalins Befehl über die Umsiedlung der Deutschen; zum Packen gab man ihnen 24 Stunden Zeit. Großmutter erinnert sich, wie d8ie Menschen weinten, verzweifelt waren, nicht wussten, wohin sie ihr im Laufe der Zeit angeschafftes Hab und Gut geben sollten, und natürlich hatten sie große Angst, was mit ihnen weiter geschehen würde. Die Leute packten alles zusammen, was sie für unbedingt notwendig hielten; sie brieten für unterwegs Koteletts, kochten Kartoffeln, und füllten einen Eimer mit Fett, damit das Essen, das sie mitnehmen wollten nicht verdarb. Und dann ließ man sie in Güterwaggons einsteigen und brachte sie nach Sibirien. Die Fahrt dauerte einen ganzen Monat; viele kamen im Zug aufgrund von Hunger und Kälte ums Leben. Als sie in Krasnojarsk eintrafen, verfrachtete man sie sofort auf ein Schiff und schickte sie auf dem Jenissei bis zur Ortschaft Atamanowo; dort stiegen sie auf Pferde um und wurden zur Registrierung zur Suchobusimsker Miliz gebracht; später wurden sie dann über den gesamten Bezirk Suchobusinskoje verteilt. Großmutters Familie geriet in das Dorf Schoschkino, Großvaters Familie kam ins Dorf Irkutskaja.
Unmittelbar nach der Besiedlung wurden alle Männer in die Arbeitsarmee einberufen; nun mussten die Frauen ihre Familien selber ernähren. Großmamas Mutter fand Arbeit auf einem Viehhof. Großvaters Mutter ging zum Arbeiten in die Gemüsekeller des Dorfes Rodnikowa; von dort gelang es ihr ab und an, unbemerkt ein paar Kartoffeln für ihre Kinder mit nach Hause zu bringen. Aber wenn man das Gemüse bei ihr fand, welches sie unter ihrer Kleidung oder in den haaren versteckt hatte, fand, dann nahm man ihr sofort alles weg.
Die Väter der Großeltern arbeiteten zusammen beim Holzeinschlag an der Bahnstation Reschoty. Einmal lud Großmamas Vater, wie viele andere Arbeiter auch, Holz in einen Waggon, der Zug setzte sich in Bewegung – und irgend jemand auf einem Pferd stürzte und geriet direkt unter die Räder. Der Zug sprang aus den schienen und rutschte mitten in eine Gruppe von Arbeitern hinein. Sie kamen alle ums Leben. Da man nicht jeden einzeln beerdigen konnte, hoben andere Arbeiter ein Gemeinschaftsgrab aus und verscharrten darin alle Umgekommenen; Großmutters Vater war ebenfalls unter den Toten.
Großvater erzählte, dass die Familie schon bald darauf nichts mehr zu essen hatte, vor lauter Hunger starb die Schwester. Die Mutter brachte die Kinder in die Siedlung Rodnikowyj, in eine Erd-Hütte. Großmama erzählte, dass ihre Mama und die älteste Schwester nähten und Mama die Sachen anschließend ins Nachbardorf trug. Sie ging nachts dorthin, weil es keinem der Umsiedler erlaubt war sein Dorf zu verlassen, und jeden Tag mussten sie sich bei der örtlichen Milizabteilung melden und registrieren lassen; taten sie das nicht, dann zählte das so, als ob sie geflohen wären, und dann spionierte man ihnen nach, und sie wurden erschossen.
Bald darauf ging der Krieg zu Ende. Drei Jahre nach Kriegsende kehrte Großpapas Vater nach Hause zurück und zog mit der Familie sofort in das Dorf Tolstmysowo um. 1949 zog Omas Familie ins Dorf Rubzowka. Dort begannen Mama und die älteste Schwester in einer Fabrik zur Herstellung von Ersatzteilen für Traktoren zu arbeiten. Bald beendete die Großmama die Schule und fing ebenfalls an in dieser Fabrik zu arbeiten. 1954 reiste Großmutters Familie nach Kirgisien ab. Oma fand eine Arbeit in der Näherei, wo sie bis 1957 tätig war.
Zu dieser Zeit fuhr der Großpapa und sein Vater nach Kirgisien, um dort um die Hand eines Mädchens anzuhalten, und sie machten an Großmamas Haus halt. Aber anstatt dieses Mädchen zu heiraten, suchte der Opa sich die Großmama aus. Sie nahmen sie gleich mit und fuhren nach Hause zum Großvater – in das Dorf Tolytomysowo. Später zogen sie nach Suchobusinskoje. Zuerst arbeitete Großmama als Technikerin im Haus der Pioniere, später in der Bibliothek; der Großvater war die ganze Zeit in der Sowchose auf dem Traktor tätig.
Seitdem sind nun schon mehr als fünfzig Jahre vergangen. Sie haben vier wunderbare, kluge Kinder großgezogen, zwei Mädchen – Olga und Tamara, zwei Jungen – Alexander (mein Papa) und Viktor, sowie zehn Enkel und sieben Urenkel. Wir verstehen uns alle sehr gut, besuchen uns gegenseitig, schimpfen nicht miteinander, und natürlich fahren wir auch zu Omi und Opi zu Besuch.
Ich denke, dass meine Großeltern unseren ganzen Respekt verdienen, weil sie ihr ganzes Leben lang für das Wohl unserer Heimat und die Region Krasnojarsk gearbeitet, ihre Kinder zu ebensolchen Patrioten erzogen haben, ohne jemals die Hände in den Schoß zu legen. Ich bin stolz auf sie, und das ist meiner Meinung nach das Wichtigste.