Region Krasnojarsk. Etwas weiter südlich von Igarka, in der Ortschaft Jermakowo, das man heute nicht einmal mehr auf der detailliertesten Landkarte findet, befand sich in den 1950er Jahren die Bauverwaltung N° 503 – des östlichen Abzweigers der einst legendären Eisenbahn-Trasse Salechard – Igarka.
Es wird erzählt, dass die Amerikaner die Idee für den Bau dieser Magistrale Stalin schon zur Zeit es Krieges unterschoben. Diese „Nord-Ost-Passage“ auf dem Landweg sollte zukünftig Murmansk über Workuta, Salechard und Igarka mit Norilsk, Magadan und Alaska verbinden.
Im Sommer 1949 wurde auf einer Sondersitzung der schicksalsträchtige Beschluss verabschiedet. Und der Bau, der den Staat nach den bescheidensten Berechnungen zwischen 40 und 45 Milliarden Rubel kostete und tausende Menschenleben forderte, wurde begonnen.
In demselben Sommer wurden mehrere große Lager entlang der ersten Etappe der geplanten Bahnlinie, von Salechard bis nach Jermakowo (Igarka) errichtet. In der „Hauptstadt“ des östlichen Trassenzweigs entstand innerhalb weniger Monate eine Siedlung mit Sägewerk, ein Wärmekraftwerk, Reparatur-Werkstätten und Anlegestellen für Frachtschiffe. Um das Geld war es ihnen nicht schade. Wie die meisten GULAG-Objekte wurde auch das Bauprojekt N° 503 „rückwirkend“ finanziert. Anders wäre es auch gar nicht möglich gewesen. Nicht einmal die Erschließungsarbeiten wurden in sachlicher Weise geführt. Man baute die Trasse „frei nach Augenmaß“.
Der Bau endete ebenso unerwartet, wie er auch schon begonnen hatte. Stalin starb, und im Sommer 1953 wurde die Finanzierung der „Jahrhunderttrasse“ eingestellt. Zu dem Zeitpunkt befanden sich bereits ungefähr 850 Kilometer Streckennetz in unterschiedlichen Betriebsstadien. Und wenn man den sozialistischen Verpflichtungen der Erbauer Glauben schenken kann, dann wären bis zum 1. Mai 1954 schon 1000 Kilometer Schienenstrecke fertig gewesen, und 2 oder 3 Jahre später hätte die Bahnlinie in vollem Umfang ihren Betrieb aufgenommen.
Im Herbst begann die eilige Evakuierung der Menschen und technischen Ausrüstungen von der in Ungnade gefallenen Trasse. Nach den Berichten von Augenzeugen erinnerte das alles eher an Flucht. Allein in Jermakowo schrieb man 20 Waggons mit verschiedenen Elektrogeräten, tausende Kubikmeter Säge- und Schnittholz, ein Dutzend Lokomotiven, hunderte Waggons ab und vernichtete sie. Im Stich gelassen wurden zwei Kraftwerke, 7 Kesselhäuser, ein ganzes Holzverarbeitungskombinat, Reparatur-Werkstätten mit ihrer gesamten Einrichtung und Ausrüstung.
So endete das nördliche Abenteuer, das Milliarden Rubel verschlang.
Auf den Fotos: bereits seit vierzig Jahren steht die Lok auf dieser Taiga-Lichtung. Denn die verrosteten Schienen führen ins Nichts; die Krasnojarsker „Memorial“-Gesellschaft war die erste, die Touristenbesuche zu den stalinistischen Lagern organisierte. Hierher kann man heute nur noch mit einem Allrad-Fahrzeug gelangen.
„Auf dem richtigen Weg“, Ausgabe der Behörde für Korrektur-Angelegenheiten bei der Behörde für innere Angelegenheiten beim Gebietsexekutiv-Komitee Tjumen, N° 40 (598), 11. Oktober 1991.