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Hoffen wir, dass man uns hört

Sehr geehrte Redaktion!


An Sie wendet sich die Versammlung der deutschen Gesellschaft «Wiedergeburt». De Kern unseres Anliegens ist folgender:

1995 wurde das Gesetz «Über die Rehabilitierung der Opfer der politischen Repressionen» verabschiedet, welches auch für die Kategorie der Personen deutscher Nationalität gilt, die 1941 an der Wolga lebten. Nach ihrer Zwangsaussiedlung von ihren angestammten Wohnorten gerieten sie nach Sibirien, viele andere auch ins Altai-Gebiet, nach Kasachstan, Kirgisien usw.

Inzwischen sind bereits fast 3 Jahre seit Inkrafttreten des Gesetzes vergangen, doch in seine Realisierung ist noch keine Bewegung gekommen. In einign Institutionen heißt es: wir haben kein Geld, in anderen – Sie fallen überhaupt nicht unter den Geltungsbereich dieses Gesetzes oder - Sie haben die entsprechenden Bescheinigungen nicht vorgelegt. Keine einzige Institution, an die der Russland-Deutsche sich wendet, hat jemals den Versuch unternommen, diese Angelegenheit gegenüber den Ratsuchenden in einfacher Sprache, ruhig und verständlich, zu erklären. Auch in der Presse gibt es praktisch keine Informationen. Übrigens muss man beim Aufsuchen einer regionalen oder höheren Institution lediglich einen bedeutenden Unterschied machen. Dort hören sie einem zu, erklären und geben Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Aber in unserer Arbeit … Im Gegensatz zu dem, was uns in den Bezirksbehörden gesagt wird, wissen wir sehr wohl, dass dieses Gesetz in anderen Gebieten und sogar in den Regionen in allen seinen Abschnitten umgesetzt wird. Wir möchten die Administration des Bezirks, die Finanzbehörde, das Sozialamt fragen – was ist los?

Wie lange können wir die Lösung dieser Frage noch hinauszögern? Unterliegt unser Bezirk denn nicht den Gesetzen Russlands, oder haben wir uns vielleicht von ihm losgesagt?

Warum befinden sich russische Bürger, zu denen auch die Deutschen Russlands zählen die ihre Gesundheit geopfert, die für das Vaterland gearbeitet, die während der stalinistischen Repressionen alles verloren haben - ihr Haus, ihren beweglichen und unbeweglichen Besitz und mitunter auch ihre Verwandten, die Auf dem Weg zu ihrem Verbannungsgort ums Leben kamen – auch weiterhin in ihrem eigenen Heimatland im Status von «Geächteten»? Bis heute sind die Deutschen im Verständnis der Beamten – Feinde. Offensichtlich haben sich unsere Beamten nicht die Mühe gemacht, sich mit diesem Thema zu befassen und die Geschichte der Russlanddeutschen kennen zu lernen, die seit mehreren Jahrhunderten in Russland leben und sich seit mehreren Generationen zu Recht als russische Staatsbürger betrachten.

Während des Großen Vaterländischen Krieges haben an den Fronten hunderte Deutsche gekämpft, die auf jede mögliche Weise ihre Zugehörigkeit zur deutschen Nation zu verbergen suchten, um gegen den Faschismus zu kämpfen. Unter ihnen befinden sich auch einige Helden der Sowjetunion, wenn es allerdings Stalins Bluthunden an der Front gelang, derartige Soldaten "einzufangen", dann wurden sie, wie viele andere Unschuldige, in Konzentrationslager, Arbeitsarmeen und Arbeitskolonnen geschickt.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da das ganze Land sich auch die Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Sieges über das faschistische Deutschland vorbereitet, wollen viele die «nationale Karte» nutzen. Wir befinden uns in der gleichen Lage wie all die anderen, die hinter den feindlichen Linien schufteten und an der Front kämpften.
Und da das Gesetz verabschiedet worden ist, haben wir das Recht, seine Umsetzung zu erwarten. Wir bestehen auf einem Ende der Diskriminierung von uns Deutschen in unserem Bezirk.

Wir laden alle interessierten Parteien ein, über dieses Thema zu sprechen. Vielleicht in Form eines „runden Tisches“.

Wir erwarten eine offizielle Antwort auf den Seiten unserer Bezirkszeitung.

Im Auftrag der Versammlung: W, Enslinger, Vorsitzender der deutschen Bezirksorganisation «Wiedergeburt».

NEUE ZEIT, ¹ 1, 6.01.1995.


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