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10 Jahre nach der Weihe des Josef Werth zum Bischof

„Du mein Auserwählter, an dem meine Seele Wohlgefallen hat“ (Jesaja 42,1)
(10 Jahre nach der Weihe des Josef Werth zum Bischof)
Auszug aus einer Publikation.

„Geboren wurde ich am 4. Oktober 1952 in Karaganda. Meine Familie war traditionell katholisch. Meine Eltern, Russland-Deutsche, waren als Kinder nach Kasachstan deportiert worden – der Vater 1931 aus dem Wolgagebiet, die Mutter 1935 aus der Ukraine. Besonders schwer erging es den Erstgenannten, die 1931 ausgesiedelt wurden. Der Zug mit den Umsiedlern hielt in der kahlen Steppe. Die Menschen mußten mitsamt ihren Habseligkeiten aussteigen. Dann verschwand der Zug in der Ferne, und so wurde eine neue Stadt – Karaganda – gegründet. Es war Spätherbst, ein strenger Winter stand bereits vor der Schwelle. Dreißigtausend Menschen fingen an, sich im buchstäblichen Sinne in die Erde einzugraben. Sie deckten die Gruben mit den Zweigen von Sträuchern und mit Erdschichten zu. In diesen Höhlen überwinterten die Deportierten, viele ertrugen diese schwere Last nicht ...

Viele Jahre später erinnerte Vater Alexander Chira, Bischof in der Verbannung, der 26 Jahre lang mit deutschen Katholiken in Karaganda zusammengearbeitet hatte, die Gläubigen an die „würdigen deutschen Geistlichen“, die dem Volk einen festen Glauben anerzogen hatten. Diesen Märtyrern schrieb er den Verdienst zu, daß der Glaube in den Jahrzehnten grausamer Verfolgungen und Unterdrückungen überleben konnte ...

Karaganda war überhaupt das größte katholische Zentrum im asiatischen Teil der UdSSR. Dort arbieteten nach Stalins Tod katholische Geistliche, die aus den karagandinsker Lagern herausgekommen waren. Es gab Zeiten, zu denen man ihrer mehr als zehn zählte. Eine Zeit lang dienten sie unseren Leuten, dann kehrten sie zu sich in die Ukraine oder die baltischen Staaten zurück, aber ein Teil blieb. Als die Deutschen sich nicht mehr regelmäßig in der Kommandantur melden und registrieren lassen mußten, fuhren viele von ihnen geradewegs nach Karaganda, weil sie gehört hatten, daß es dort katholische Geistliche gab. Auf diese Weise konzentrierten sich in Karaganda die besten katholischen Kräfte.

Getauft wurde ich von Vater Wladislaw Bukowinskij, der mich später auch weihte, und auf den Empfang der Sakramente wurde ich von Mama und Schwester Getrud Detzel vorbereitet. Soweit ich mich erinnern kann, war der Glaube in unserer Familie etwas ganz Selbstverständliches. Kaum hatte ich als Kind sprechen gelernt, da brachte sie mir bei, auf die Frage: Wer bist du?“ – zu antworten: „Ich bin ein katholischer Christ!“

In den Schuljahren durchlief der christlich-katholische Glaube alle Arten von Hohn, Spott und Erniedrigungen von Seiten des unversöhnlichen Atheismus. Aber trotz der Verfolgungen, Verbote und Demütigungen kann ich mich nicht darauf besinnen, daß wir uns jemals in einem Zustand der Unterdrückung befanden, uns als Menschen zweiter Klasse fühlten oder an Minderwertigkeitskomplexen litten. Mag sein, daß unser Glaube sich irgendetwas Kämpferisches vom Gegner angeeignet hat. „Für Gott, Kirche und Seele“ – in diesen Worten meines Bischofswappens habe ich schon damals so etwas gefunden, für das es sich lohnt, sich ganz und gar hinzugeben ...“.

Sibirische Katholische Zeitung No. 6, Juni 2001 (Zeitschrift, herausgegeben in Nowosibirsk)


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