Im Sommer wird in der Region Krasnojarsk das erste Denkmal der neuzeitlichen Geschichte zur Erinnerung an Josef Stalin, der in den Jahren 1922-1953 sowjetisches Staatsoberhaupt war. Dies erklärte heute auf einer Sitzung am „runden Tisch“, die dem Thema der Entwicklung des Tourismus auf regionaler Ebene gewidmet war, der Berater des Gouverneurs Jewgenij Paschtschenko. „Ein krasnojarsker Geschäftsmann hatte die Idee, einen ebensolches Denkmal zu errichten, durch das einst das Pantheon des Generalissimus im Bezirk Turuchansk verschönert wurde. Man hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits Skulpteure mit den entsprechenden Arbeiten beauftragt, - bemerkte er.
Erinnern wir uns daran, daß das Pantheon des Führers der Völker eines der größten Bauwerke zu Ehren Stalins auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion war. Es nahm eine Gesamtfläche von 400 Quadratmetern ein und war mehr als 10 Meter hoch. Erbaut wurde es ab Ende der 1940er Jahre von Arbeitern des GULAG-Systems in der tiefen Turuchansker Taiga, am Ufer des Flusses Kurejka. Am Bau waren mehr als 200 Menschen beteiligt, darunter auch eine Lohnarbeiter-Brigade aus Norilsk. In den Entwürfen des Architekten Chorunschej war vorgesehen, daß das Gebäude von der Konstruktion her einer Nutzungsdauer von 200 Jahren standhalten sollte.
Für die Errichtung des Pantheons wurden hunderte von Pfählen aus Lärchenholz verwendet – einer Holzart, die weder Fäulnis noch Verwitterung unterliegt. Spezielle Fenster wurden mit Sondererlaubnis des „Steuermannes“ Mao Tse-tung aus China herangeschafft.
Neben dem Pantheon wurde ein Kegel aus Marmor und Granit errichtet, und ein wenig später, als die Erbauer das Gebäude übergeben hatten, statteten sie das Interieur zur bleibenden Erinnerung an das Jahr 1913 mit geschwungenen Wiener Stühlen, einem großen Tisch mit einer siebendochtigen Kerosinlampe, einer hölzernen Liegestatt und sogar mit einer Ausgabe des Marxschen „Das Kapital“ aus dem Jahre 1933 aus.
Der monumentale Bau wurde zum Gedenken an Stalins Verbannung errichtet. Von 1913-1916 verbüßte der zukünftige „Vater der Völker“ zunächst in dem sibirischen Dorf Kostino, Region Turuchansk, und später in Kurejka am Polarkreis. Vor der Revolution lebte Stalin einige Zeit in Atschinsk, im Westen der heutigen Region Krasnojarsk. Der „Vater der Völker“ hinterließ im Jenisejsker Gouvernement mehrere uneheliche Kinder. Über ihre Anzahl streiten sich Historiker bis heute. Allerdings ist bekannt, daß Stalin ihnen keine besondere Unterstützung zuteil werden ließ.
Den Anstoß für die Schließung des Pantheons im Jahre 1961 gab Generalsekretär Nikita Chruschtschow. Die ohne Aufsicht zurückgelassene Gedenkstätte wurde baufällig und stürzte ein. 1995 wurde sie durch einen Waldbrand endgültig zerstört und die Überreste in den Fluß geworfen.
Die Idee eines teilweisen Wiederaufbaus des Pantheons kam zuerst Ende der 1990 Jahre mit der Welle der Entwicklung auf dem Gebiet des exotischen Tourismus nach GULAG-Objekten sowie dem Anwachsen der Popularität Josef Stalins auf. Einer Reihe von Umfragen zufolge nimmt der Generalissimus einen Dauerplatz unter den drei bekanntesten sowjetischen und russischen Politikern des 20. Jahrhunderts ein.
2005 wurde in der Region Krasnojarsk zweimal der Versuch unternommen, eine Stalinbüste aufzustellen – in Krasnojarsk und in Schelesnogorsk. In beiden Fällen wurden die Pläne durch die Behörden abgelockt.
Wie heute der stellvertretende Gouverneur der Region Sergej Sokol erklärte, muß man derartige „Projekte mit äußerster Vorsicht angehen, um nicht die Gefühle gewisser Bevölkerungskreise zu verletzen und keine politischen Spannungen zu erzeugen“.
18.04.2006 17:50:22
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