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Aufklärungsprojekt der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“

Aufklärungsarbeit – das ist eines der Hauptanliegen unter den Aktivitäten der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“. Diese Art der Tätigkeit wird seit dem Tag der Gründung von „Memorial“ ausgeübt. Es genügt nicht, lediglich Material über politische Repressionen zu sammeln, obwohl auch das eine äußerst umfangreiche und wichtige Aufgabe ist. Diese Information muß „arbeiten“, sie muß der Zuhörerschaft zugänglich sein, vor allem jungen Menschen. Aus diesem Grund wurde in der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ ein Aufklärungszentrum geschaffen, das im Rahmen des Projektes „Das lange Echo. Die Menschenrechte im Zusammenhang mit der Geschichte und dem heutigen Rußland“ mit Unterstützung der Europäischen Union (Brüssel) tätig ist.

Ausstellungen

Im Rahmen eines Projektes der Internationalen Gesellschaft „Memorial“ wurden zwei Wanderausstellungen ausgearbeitet – „Das lange Echo“ und „Vor deiner Geburt“, welche durch die Schulen der Region „wandern“. Es sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass die Ausstellung „Vor deiner Geburt“ erst vor zwei Monaten in Krasnojarsk zu sehen war, bereits in zehn Schulen des Scharypowsker Kreises sowie in Schelesnogorsk und Kosylka gezeigt wurde und sich zur Zeit gerade in Irbejskoje befindet.

Außerdem wird innerhalb des Projektes „Erinnerung des Herzens“ jedes Jahr am 30. Oktober, gemeinsam mit dem krasnojarsker Museumszentrum, eine Ausstellung eröffnet, die den politischen Repressionen in der Region Krasnojarsk gewidmet ist: „Der erschossene Glaube“, „Die verhaftete Muse“, „Repressierte Flußschiffer“, „Der Kolyma-Trakt“, „Der schwarze Rabe“ (zum Thema der repressierten Kosaken), „Nelidowka“ (über repressierte Stolbisten; die Brüder Nelidow waren Stolbisten, wie man die Bergsteiger im Naturschutzgebiet „Krasnojarsker Stolby“ nennt; Anm. d. Übers.). Einige von ihnen werden ebenfalls zu Wanderausstellungen werden.

Vorlesungen

Vorlesungen für Schüler der höheren Klassenstufen werden sowohl im krasnojarsker Museumszentrum, als auch direkt bei „Memorial“ oder unmittelbar an den Schulen abgehalten. Im Durchschnitt werden pro Monat nicht weniger als vier Vorlesungen gehalten, und das nicht nur in Krasnojarsk, sondern auch außerhalb der Stadtgrenzen (Selenogorsk, Jenisejsk, Schila, Kosylka, Schelesnogorsk, usw.). Hier das Vorlesungsverzeichnis: „Die Lager der krasnojarsker Region“, „Lagerkultur als Teil des kulturellen Milieus im Lande“, „Schöpferische Intelligenz und totalitäre Macht in den Jahren 1920-1950“, „Das Phänomen Lew Gumilew oder wie unter der Pritsche eine Idee geboren wird“, „Die Besserungs-arbeitslager in der UdSSR“, „Der große Terror“, „Der geistige Genozid (Repressionen gegen die krasnojarsker Intelligenz)“, „Das Völkergefängnis (Deportationen in die krasnojarsker Region)“, „Die große Neuverteilung (Bauernverbannung 1930-1935)“, „Der Lohn für Platin (wie die Buntmetallfabrik gebaut wurde)“, „Das Serpentarium (die Repressionen der 1930-er Jahre innerhalb des Parteiapparates der krasnojarsker Region)“. Die Texte dieser Vorlesungen sind auf der Internetseite ausgestellt, so dass die Lehrer sie auch selbst für ihre Unterrichtsstunden verwenden können.

Bibliothek

Seit 2003 ist die Bibliothel der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ in Betrieb. Genau genommen ist es ein Leseraum, denn die Literatur kann den Lesern nicht nach Hause mitgegeben werden. Interessierte können jedoch Fotokopien oder elektronische Kopien der Materialien bekommen. Die meisten Bücher und Zeitschriften waren nicht im freien Verkauf erhältlich und wurden nur über gesellschaftliche Organisationen verbreitet; daher kann man sich mit ihnen in Krasnojarsk nur an einem einzigen Ort vertraut machen – in unserer Bibliothek. Die gemeinverständlichsten Ausgaben übertragen wir in elektronische Form und veröffentlichen sie auf unserer CD, von der weiter unten noch die Rede ist.

Elektronische Mittel

Neben den traditionellen Informationsmitteln begann das Krasnojarsker „Memorial“ als eines der ersten, sich die elektronischen Möglichkeiten zunutze zu machen. Die Web-Seite memorial.krsk.ru existiert seit 1998, wird aktiv besucht (200-300 mal pro Tag) und nach dem Zugriffszähler zu urteilen, stellen die jüngeren Interessenten nicht weniger als die Hälfte dar. 1998 nahm diese Web-Seite bei einem gesamtrussischen Wettbewerb den ersten Platz ein. Für viele Schulen ist jedoch bislang das Internet noch nicht zugänglich – sowohl aus finanziellen, wie auch aus technischen Gründen (vor allem in den Kreisen). Deshalb wurde von der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ eine spezielle CD für Lehrkräfte der Region Krasnojarsk erarbeitet, die außer einer Kopie unserer Internetseite auch methodische Materialien für Lehrkräfte, hilfreiche Literatur sowie die gesammelten Arbeiten der Sieger des allrussischen Wettbewerbs „Der Mensch in der Geschichte. Rußland. 20. Jahrhundert“ enthält. Seit 2003 wurden in der Region mehr als 500 Kopien dieser CD in Umlauf gebracht.

„Der Mensch in der Geschichte. Rußland. 20. Jahrhundert“

Der allrussische Geschichtswettbewerb für Schüler der höheren Klassenstufen, den die Internationale Gesellschaft „Memorial“ bereits zum sechsten Mal durchführt, ist durchaus etwas Außergewöhnliches. Die Schüler sollen die Geschichte Rußlands im 20. Jahrhundert mit den Augen erines gewöhnlichen Menschen sehen – den Großvater, den Nachbarn, die Bewohner aus demselben Dorf. Die Richtung spricht für sich selbst: „Die Geschichte der Familie“, „Die Hiesigen – die Fremden. Eine andere Nationalität, eine andere Religion, andere Überzeugungen“, „Person und Gesellschaft“, „Mensch und Krieg“, „Der Mensch und seine kleine Heimat“ (gemeint ist z.B. das Dorf, aus dem jemand stammt; Anm. d. Übers.). Ziel des Wettbewerbs ist es, bei den jungen Menschen das Interesse zu wecken, sich selbständig mit Forschungen zu befassen, die der russischen Geschichte des vergangenen Jahrhunderts gewidmet sind. Das Aufklärungs- und Lernzentrum der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ koordiniert die Arbeit für den Wettbewerb in der Region Krasnojarsk sowie den Republiken Chakassien und Tuwa. Lehrern und Schülern wird methodische und technische Hilfestellung gegeben, sie werden mit Adressen von Menschen versorgt, die im Verlauf der Forschungstätigkeit befragt werden können (beispielsweise Ostarbeiter, GULAG-Häftlinge, usw.). Die Arbeiten der Schüler werden auf der Web-Seite der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ veröffentlicht.

Gemeinschaftliche Arbeit in den Kreisen

Ein sehr wichtiges Resultat der Aufklärungstätigkeit sind gemeinsame Projekte der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“ mit Aktivisten „vor Ort“. Diese Zusammenarbeit ist von gegenseitigem Nutzen: „Memorial“ bekommt auf diese Weise wertvolle Informationen und freiwillige Mitarbeiter, und die ortsansässigen Aktivisten – methodische Unterstützung und Hilfe bei der Organisation. Nach anfangs episodisch stattfindenden Treffen und dem Austausch von Briefen, entwickelt sich aus manchen Kontakten eine dauerhafte Zusammenarbeit.

Als Beispiel sollte hier die gemeinsame Arbeit mit der Jenisejsker Fachschule für Pädagogik (JFP) erwähnt werden. Neben der kompakten Arbeit am eigentlichen Wettbewerb und der Verbreitung methodischer Materialien in der jenisejsker Region, wurden kostenlose Sprechstunden für Repressionsopfer abgehalten und im Juli 2004 eine Expedition der JFP, zusammen mit „Memorial“, in die Ortschaften Jarzewo, Nikulino, Kriwljak durchgeführt. Die Expeditionsteilnehmer waren – Studenten des ersten Kurses der JFP. In Jarzewo fand eine Befragung von 24 Opfern politischer Repressionen statt, man half ihnen in Haus und Hof (Brennholz, Gemüsegarten). Außerdem wurde ein Monitoring durchgeführt, das aufzeigen sollte, ob die praktische Durchsetzung des Rehabilitationsgesetzes in Jarzewo realisiert wird. Für die Opfer politischer Repressionen wurde ein Abendtreff im örtlichen Klubhaus organisiert (Teetrinken, Konzert, Gespräche über die Realisierung des Rehabilitationsgesetzes, gemeinsame Erinnerungen). Besichtigt wurde ferner eines der ersten Lager auf dem Territorium der Region Krasnojarsk (SibULON) in der Siedlung Kriwljak, und in der Siedlung Nikulino fanden eine Zusammenkunft von ortsansässigen Heimatkundlern sowie der Besuch des Mahnmals für die Opfer politischer Repressionen statt. Derartige Expeditionen werden regelmäßig durchgeführt (für 2005 ist das Arbeiten in der Siedlung Kriwljak geplant, im Bezirk des SibULON-Sees). Die Schüler interessierten sich für die Thematik der politischen Repressionen und werden die Arbeit in Jenisejsk fortsetzen.

Derzeit sind wir dabei, den Rahmen der Zusammenarbeit auch auf andere Organisationen auszuweiten – „Memorial“-Stützpunkte werden in den Kreisen Scharypowo, Irbej und Kosyl geschaffen.

Unserer Meinung nach ist die Aufklärungsarbeit im Bereich der Menschenrechte und der Geschichte der politischen Repressionen eine der Aufgabenstellungen von größter Priorität: bis jetzt ist nicht weniger als die Hälfte der Bürger Rußlands moralisch bereit, zum Totalitarismus zurückzukehren.

A.A. Babij
Vorsitzender der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“

Veröffentlicht: Gebietskonferenz zum Thema Menschenrechte, 09.12.2004.
Gesammelte Vorträge


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