Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Ðóññêèé

Historische Lokomotiven zur Verschrottung gegeben

Vor einigen Tagen wurden klammheimlich, unbemerkt von der Verwaltung und den Einwohnern Igarkas sowie den Mitarbeitern unseres „Museums des Ewigen Frostes“, aus der Umgebung der ehemaligen Siedlung Jermakowo (Großbau-Projekt Nr. 503 des GULAG) zwei Lokomotiven des Typs OW („Owetschka“ = Schäfchen; Anm. d. Übers.) entfernt, die von hohem historischen Wert sind.

Eine von ihnen steht kurz vor der Verschrottung oder ist möglicherweise bereits verschrottet worden! Im Laufe der vergangenen Jahre wurden ähnliche Versuche von Anschlägen auf die historischen Überreste auch von Passagieren der Touristendampfer sowie Mitgliedern eines ausländischen Fernseh-Teams, leidenschaftlichen Suchern und verschiedenen unternehmerischen Strukturen verübt. In diesem Zusammenhang haben die Mitarbeiter des Museums sich zahlreiche Male an die Verwaltung und den Rat der Volksdeputierten von Igarka gewandt, mit der Bitte, dem Territorium der ehemaligen Siedlung Jermakowo und dem angrenzenden Areal des früheren Großbau-Projektes 503 einen Sonderstatus zu verleihen, das Entfernen jedweder Gegenstände von dieser Stätte zu untersagen und ein besonderes Video-Überwachungssystem im Hinblick auf die Objekte des Eisenbahnbaus zu organisieren und einzurichten.

Dies wurde auch mit dem Ziel getan, die Erinnerung an die umgekommenen Polit-Häftlinge, darunter auch verwandte und nahestehende Einwohner Igarkas zu wahren und die Objekte des „Bauprojektes Nr. 503“ in einem gebührenden Zustand zu erhalten. Im Sommer 1991 reagierte die Russisch-Orthodoxe Kirche auf unseren Appell – am rechten Ufer des Jenisej, in der verwilderten Siedlung Jermakowo, wurde ein Holzkreuz zum Gedenken an diejenigen errichtet, die dort beim Eisenbahnbau ihr Leben ließen. Geweiht wurde es durch den Erzbischof von Krasnojarsk und Jeniseksk – Antonij.

In den Jahren 1992 und 1996 verabschiedeten die lokalen Behörden eine Verordnung darüber, daß diesem Territorium der Status einer historisch-architektonischen Zone verliehen wurde. Aber das barbarische Entfernen von Ausstellungsstücken auf dem Gelände der ehemaligen Lager und die Demontage von Gebäuden geht weiter. Die menschliche Unersättlichkeit macht noch nicht einmal vor den angelegten Friedhöfen halt, auf denen die hier umgekommenen Häftlinge und freien Arbeiter dieses Bau-Projektes begraben sind, das unter der Bezeichnung „Straße des Todes“ traurige Berühmtheit erlangte.

Unter den begrabenen Gefangenen befindet sich auch ein Grab mit einem kleinen Täfelchen – „Nr. G20“. Darin ruht ein ehemaliger Häftling – der Künstler und Ausstatter des „Lager-Theaters der Bau-Projekte 501-503“ namens Dmitrij Wladimirowitsch Selenkow, der vor seiner Verhaftung am Mariinsker und Aleksandrijsker Theater tätig gewesen war (er stammte aus dem berühmten Geschlecht der Lancere und Benois). Es ist genau bekannt, daß der Künstler hier in der Siedlung Jermakowo begraben ist und nicht in Leningrad, wie es in den sowjetischen Enzyklopädien geschrieben steht.

Leider haben unsere Kräfte nicht ausgereicht, um dieses ganz besonders barbarische Vergehen, verübt von Liebhabern des Profits und der Willkür, abzuwenden. Es hat ein Akt von Vandalismus stattgefunden – zwei Lokomotiven sind entfernt worden, von denen eine, wie es heißt, bereits zersägt wurde. Wir appellieren an die Öffentlichkeit, uns bei der Forderung zu unterstützen, diejenigen, die den Raub der historischen Kostbarkeiten zugelassen haben, zur Rechenschaft zu ziehen.

(Dem Schicksal des historischen Schienenweges war auch eine kürzlich stattgefundene Expedition der Zeitung „Krasnojarskij rabotschij“ („Krasnojarsker Arbeiter“; Anm. d. Übers.) gewidmet. Die Skizzen unserer Journalisten werden in den Samstagsausgaben abgedruckt. Den nächsten Bericht lesen sie am 6. August im „Krasnojarskij rabotschij“.)

W. Sergejewa, Igarsker Museum des Ewigen Frostes.
„Krasnojarskij Rabotschij, 04.08.2005


Zum Seitenanfang