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Wird die Lokomotive bis zum Jahre 2006 fahren?

Wertvolle Lokomotiven der OW-Serie, den sogenannten „Schäfchen“, sind verschwunden

Dem Stalinschen „Jahrhundert-Projekt“ – der nördlichen Eisenbahnstrecke Salechard-Igarka – war es nicht beschieden, sich einen Weg durch den ewigen Frist und die unwegsame Taiga zu bahnen. Der Bau begann mit der Arbeitskraft von GULAG-Häftlingen im Jahre 1949 und wurde gleichzeitig von beiden Endpunkten aus in Angriff genommen – dem Obsker (das streng geheim gehaltene Objekt No. 501) und dem Igarsker (das Objekt No. 503). Und 1953, nach dem Tode des Führers, brach amn die Aktion in aller Eile ab. Einen Teil der Ausrüstungsgegenstände übergab man an verschiedene Unternehmen. Aber sehr viele wertvolle Dinge – Lokomotiven, Winden, Kutter, Loren, bereits errichtete Brücken und Bahnkörper – überließ man in der Taiga dem Verfall durch Rost.

An jener Stelle stehen bis heute die Gerippe von Lagerbaracken. In einer von ihnen ist ein Kinderbett aus Metall erhalten geblieben, das von igrnedeinem handwerkskundigen Häftling zusammengeschweißt wurde. Auch einige stabilere und bequemere Behausungen der Aufseher sind erhalten geblieben – hier sieht man noch Tapeten, die damals mit Nägeln an die Wand geschlagen wurden. Leim oder Kleister in diese Abgelegenheit zu schaffen war wohl nicht für würdig befunden worden. 1991 wurde in Jermakowo ein Kreuz zum Gedenken an die beim Bau der Polartrasse Umgekommenen errichtet und geweiht.

Von Zeit zu Zeit, wenn es Interessenten dafür gibt, bringt man Exkursionsteilnehmer mit dem Dampfer an diesen Ort, der sich 120 km von Igarka entfernt befindet. Leider wird Jernakowo in der verbleibenden Zeit ungeachtet aller Verbote beraubt. Von jedem, der Lust hat: wilde Horden von Touristen, leidenschaftlicher Sucher, Vertreter von Fernsehsendern, die aus dem Ausland ankommen, unternehmungslustige Jäger nach Metall. Dieser Tage erfuhren die Mitarbeiter des Museums von Igarka eine zutiefst erschütternde Nachricht – zwei äußerst seltene Lokomotiven, „Schäfchen“ genannt, sind verschwunden. Im ganzen Land gibt es von diesen Maschinen inzwischen nicht mehr als 12-14 Stück – ein echtes historisches Relikt.

Als wir von dem Geschehenen erfuhren, machten wir uns zusammen mit Vertretern der Igarsker Abteilung für innere Angelegenheiten auf den Weg zum Objekt No. 503, - erzählt die Museumsdirektorin Marina Mischetschkina. – Vor Ort sahen wir nur noch zwei von vier Lokomotiven, wobei diese bereits auseinandergenommen und zerlegt waren, fertig zum Abtransport. Auf dem Fluß lag ein Lastkahn, am Ufer standen ein Hebekran und ein Traktor.

In Jermakowa arbeitete eine ganze Brigade aus Swetlogorsk. Sie berichteten, dass sie hier auf Befehl des Direktors des Kurejsker Wasserkraftwerks tätig wären, und dass jener wiederum die Anordnung dazu vom Oberhaupt des Turuchansker Kreises – Simon Jurtschenko, erhalten hätte. Die Arbeiter erzählten uns, dass die Lokomotiven, wie sie gehört hätten, wohl zum Restaurieren fortgebracht werden sollten. Aber warum hat man dann nicht vorher das Museum darüber verständigt? Und auch uns wurde nicht ein einziges Schriftstück darüber gezeigt.

- Noch im Mai vernahm man Gerüchte, nach denen die Lokomotiven zur Metallverschrottung gebracht werden sollten, - sagt der Leiter der Museumsfiliale Alexander Toschtschew. Wir glaubten ihm nicht, denn schließlich konnte so etwas doch wohl nicht sein. Wir schließen auch eine andere Variante nicht aus – die „Schäfchen“ sollen verkauft werden. Und die Legende von der Restaurierung tauchte nur deshalb auf, weil die Angelegenheit anfing Staub aufzuwirbeln. Übrigens, auch die Arbeiter selbst sind nicht sonderlich froh darüber, dass sie in diese Sache verstrickt sind: über einen nach dem anderen von ihnen ist das Unglück hereingebrochen. Einer von ihnen verstarb plötzlich und unerwartet, einer stolperte, fiel und zog sich einen Schädelbruch zu – die Luftrettung mußte kommen ... Sie sagen selbst: „Im Grunde genommen entweihen wir hier einen Friedhof. Wahrscheinlich üben die Toten Rache ...“

Die Frage, ob die einzigartigen Lokomotiven zu ihrer ewigen Haltestelle zurückkehren werden, bleibt bislang offen.

Rak Ljubow.

Trud Nr. 148 vom 13.08.2005


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