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Stalin kehrt nach Kurejka zurück

Wie bekannt, verbrachte Stalin in den Jahren 1913-1916 seine Verbannung zunächst in der Siedlung Kostino und anschließend in Kurejka, am Polarkreis. Hier begannen Häftlinge Ende der 1940er Jahre eines der größten Bauwerke auf dem Territorium der Sowjetunion zu errichten – ein Führerpantheon. Für den vom Architekten Chorunschij geplanten Bau benötigte man hunderte von Pfählen aus Lärchenholz. Später schützte man das Bauwerk mit einer kegelförmigen Anlage aus Marmor und Granit. Nach I.W. Stalins Tod wurde das Pantheon auf Initiative Chruschtschows geschlossen. Langsam verwitterte und verfiel es und würde zuguterletzt durch einen Waldbrand fast vollständig zerstört.

Die Regionsbehörden haben sich daran gemacht, im Rahmen eines Programms zur Entwicklung des Tourismus in der Region, dieses Pantheon wieder aufzubauen. Der riesige Gedenkkomplex, auf dessen Gelände auch ein gigantisches Denkmal des Führers stehen soll, wird möglicherweise schon in diesem Somemr fertiggestellt sein. Die Initiatoren der Neuschöpfung des Pantheons sind Michail Ponomarew undeinige andere Unternehmer aus Turuchansk. Für den vollständigen Aufbau des Komplexes, einschließlich der erforderlichen Infrastruktur, wird eine Summe von etwa einer Million Dollar benötigt. Die Krasnojarsker zweifeln schon aus Gewohnheit: brauchen wir das denn? – Aber die Geschäftsleute haben sich bereits auf einen Plan zur Realisierung der Arbeiten geeinigt, das Territorium entrümpelt und beabsichtigen nun, im Somemr ans Werk zu gehen.

Während Behörden und Öffentlichkeit streiten, haben wir beschlossen, bekannten Krasnojarskern diese Frage zu stellen:

„Ist es erforderlich, das Stalin-Pantheon in Kurejka wiederzuerrichten?“

JA

Jewgenij Paschtschenko, Berater des Gouverneurs der Region Krasnojarsk:

- Ja, und zwar in erster Linie, um die historische Erinnerung wiederherzustellen. Und später ...

in Kurejka leben 200 menschen. Sie haben keine Arbeit. Wenn das Pantheon wieder aufgebaut wird, garantiert dies einen Zustrom von Touristen. Und das bedeutet, die Leute haben wieder eine reale Arbeit.

NEIN

Aleksej Babij, Vorsitzender der krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“:

- Ich bin der Meinung, dass diese Idee von Grund auf unmoralisch ist und zudem vom geschäftlichen Standpunkt absolut verlustreich ausgehen wird. Nach meiner Ansicht handelt es sich hier um den grandiosen Versuch, die gesamte krasnojarsker Region, und insbesondere Alexander Chloponin, zu kompromittieren.

JA

Serjeg Maslow, Abgeordneter des krasnojarsker Stadtrates:

- Längst ist die Zeit dafür gekommen. Gut, dass sich endlich jemand damit befaßt. Das ist doch schließlich unsere Geschichte!

NEIN

Ljudmila Kosarynzewa, Vorsitzende der regionalen Gewerkschaft für Mitarbeiter in Bildung und Wissenschaft:

- Ich gehe die Sache aus philosophischer Sicht an. Je weniger solcher Denkmäler es gibt, desto so besser. Es ist nicht notwendig, sich mit solchen Projekten zu befassen. Stattdessen sollten lieber mehr Bäume gepflanzt werden.

JA

Leonid Berdnikow, Abgeordneter des krasnojarsker Stadtrates:

- Ja, das Stalin-Pantheon muß wieder aufgebaut werden. Das ist Teil unserer Geschichte. Und sie hat schwarze und weiße Flecken – von jedem etwas. In Deutschland hat man das Lager Buchenwald erhalten: die Deutschen haben begriffen, was ein schreckliches Konzentrationslager bedeutet – denn es ist ein Teil ihrer Geschichte, aus der sie ihre Lehren ziehen müssen.

„Krasnojarsker Komsomolez“, No. 17 (9117), 26.04.2006


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