Im Juni 2006 wurde im Tajmyrgebiet ein Gedenkkreuz mit der Aufschrift „Hier, in Ust-Chantajka liegen 270 Deutsche aus dem Wolgagebiet und der Region Leningrad, Letten, Esten, Finnen, umgekommen in den Jahren 1942-1944 durch die alle menschlichen Kräfte übersteigende Arbeit, Kälte, Hunger und Skorbut. IHNEN SEI EWIGES GEDENKEN. Wakker, Petri, 2005“.
Damit erfüllte sich der langgehegte Wunsch ehemaliger, im Jahre 1942 an dieser Stelle „ausgestoßener“ Einwohner der Siedlung, zur Errichtung eines Zeichens der Erinnerung an die unschuldigen Opfer des stalinistischen Regimes. Das Kreuz ist aus Metall und 10 Meter hoch. Eine Platte aus rostfreiem Stahl ist angeschweißt; sie trägt den oben genannten Text. Die rote Farbe des am hohen, steil abfallenden Ufer des Jenisej stehenden Kreuzes erinnert an ein ebensolches, allerdings 12 Meter hohes, Kreuz, das zum Gedenken an andere tragische Ereignisse der Periode 1932-1937, als viele zehntausende Häftlinge des GULAG, alle Bauarbeiter des Moskau-Wolga.Kanals, ums Leben kamen. Jenes Kreuz wurde vor einigen Jahren am Ufer, in Höhe von Kilometer 1 der insgesamt 128 Kilometer langen Kanaltrasse errichtet.
Beide Kreuze sind symbolische Mahnmale denn sie stehen nicht auf den Gräbern Verstorbener, sondern an gut sichtbaren Stellen. In Ust-Chantajka wurde das Kreuz in 70 Meter Entfernung vom Massengrab aufgestellt und dient ebenfalls als erinnerndes Mahnmal. Das Aufstellen eines Kreuzes auf einem Massengrab ist unserer Meinung nach unzulässig, denn bei der Montage würde einerseits die Totenruhe gestört, andererseits wäre das Kreuz vom Fluß und den vorüberfahrenden Schiffen aus überhaupt nicht zu sehen. An seinem jetzigen Platz hebt es sich deutlich vom blauen Himmels ab, denn es steht direkt am Jenisej, genau so wie das andere an der Wolga, vor dem Hintergrund des offenen, sauberen, nicht verwilderten Uferrands. Beide Kreute symbolisieren ein- und dasselbe Ereignis im Lande, auch wenn es sich um unterschiedliche Perioden der Sowjetmacht handelt – die stalinistische Gesetzlosigkeit und Willkür.
Die ehemalige Siedlung Chantajka, mit seinen von Sondersiedlern errichteten Gebäuden, existiert schon längst nicht mehr, das gesamte Territorium, an dem sie sich einmal befand, steht heute leer, verwildert von Gestrüpp und Bäumen. Nur der Ort mit diesem Namen ist geblieben, aber zu sehen ist von ihm nichts mehr. Die einstigen Sondersiedler und Einwohner von Ust-Chantajka in den 1940er Jahren, Alexander Wakker sowie Leo und Viktoria Petri, entwickelten die Initiative zur Anfertigung und Aufstellung eines Kreuzes in dieser eheamligen Siedlung. Die Gravur auf der Stahlplatte wurde von der Hamburger Firma „Kramer-Schuster“ eingemeißelt, die ein Drittel der Kosten dafür auf sich nahm. Vielen Dank der deutschen Firma dafür, dass sie auf diese Weise ihre Solidarität mit den Deutschen aus Rußland bekundete.
it der Anfertigung un ddem Transport des Kreuzes befaßte sich Alexander Jegorowitsch Wakker, einer jener Sondersiedler, die unter jenen schrecklichen, lebensfeindlichen Bedingungen leben mußten, sowie seine Kinder und Enkelkinder – die Familie Koch.
Nun, da das Gedenkkreuz seinen festen Platz bekommen hat, muß nur noch der Name der nicht mehr existierenden Siedlung „UST-CHANTAJKA“ erhalten werden.
A.J. Bakker (Dudinka – Rußland), L.O. und V.T. Petri (Hamburg – Deutschland)
„Tajmyr“, 19.07.2006