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Zahlen, die zu Herzen gehen

In Norilsk begann die Woche der Erinnerung an die Opfer politischer Repressionen.

Vor 15 Jahren verabschiedete der Oberste Sowjet der RSFSR den Beschluss, in Russland einmal im Jahr den Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen zu begehen. Das Datum des 30. Oktober steht in Zusammenhang mit den Ereignissen des Jahres 1974, als in den mordwinischen Lagern, den Lagern von Perm und dem Wladimirsker Gefängnis als Zeichen der Solidarität aller politischen Gefangenen der UdSSR zweitägige Hungerstreiks stattfanden. An diesem Tag organisierte der berühmte Wissenschaftler Andrej Sacharow eine Presse-Konferenz für ausländische Journalisten, mit denen er über diese Aktion sprach und ihnen Material übergab, das er heimlich aus den Lagern erhalten hatte. Der Tag des politischen Häftlings, der bis dato nicht im Kalender vermerkt ist, begann man in den Jahren der Perestroika in allen Großstädten zu begehen – und dort, wo sich einst Stalinistische Lager befanden. Am 30. Oktober 1990 wurde in Moskau, auf dem Dserschinskij-Platz, ein Stein errichtet, den man von den Solowetzker Inseln herbeigeschafft hatte. Darauf war die Inschrift eingemeißelt:

„Dieser Stein vom Geländer des Solowetzker Lagers mit besonderer Bestimmung wurde von der „Memorial“-Gesellschaft beschafft und zur Erinnerung an die Millionen Opfer des totalitären Regimes errichtet“.

In Bolschoj Norilsk kommen die Leute bereits seit fünfzehn Jahren im Oktober zum Fuß des Schmidt-Berges, um sich dort im Gedenken an die unschuldigen Opfer zu verneigen.

In diesem Jahr finden Zusammenkunft und Gebet am Gedenk-Komplex „Norilsker Golgatha am 29. Oktober um 11.40 Uhr statt. Traditionsgemäß starten die Leichtathletik-Läufer und die Autobus-Kolonne vom Gebäude des Museums für die Geschichte der Erschließung und Entwicklung des Norilsker Industriegebiets um 11.00 Uhr. Das Niederlegen von Blumen am Denkmal für die „Opfer des Norillag“ in der Grünanlage des Museums – um 12.40 Uhr. Das Gedenkmittagessen wird im Restaurant „Lama“ um 13.00 Uhr abgehalten.

Am Vortag, um 16.00 Uhr, findet im Konzertsaal der Kinder-Musikschule in der Molodjoschnij-Passage 13, eine abend-Veranstaltung statt, welche dem 15. Jahrestag der
gesellschaftlichen Organisation „Schutz der Opfer politischer Repressionen“ sowie dem 15. Jahrestag der Verabschiedung des Gesetzes „Über die Rehabilitation der Opfer politischer Repressionen“.

Am 30. Oktober um 18 Uhr stellt das Museum der Geschichte des Norilsker Industrie-Gebiets die Ausstellung „Norilsk-2 - eine Zone besonderer Aufmerksamkeit…“ vor. in unserer Geschichte ist Norilsk-2 als Fundstätte bekannt, wo im Jahre 1927 geologische Forschungsarbeiten im Gange waren. 1935 wurde hier ein separater Lagerpunkt (mit einem Straf-Isolationsgefängnis organisiert). An dieser Stelle arbeitet seit 1940 die SANO ( Sanitäts-Abteilung) des Norillag für die Schwerkranken, und in den Jahren 1937, 1938, 1942 und 1945 – ist dies der offizielle Ort für die Erschießung von Häftlingen.

Nach Überzeugung der Norilsker Museumsführer kamen ab 1985 unwirkliche Geschichten über diesen Ort auf, mit denen die Historiker nur schwer einiggehen können, welche mit strengen geschichtlichen Fakten und Archivmaterialien operieren, von denen es nur sehr wenige gibt.

Das Museum ist bestrebt, gerade mit der Sprache der Dokumente von Norilsk-2 zu erzählen, ganz ohne Übertreibungen und Mutmaßungen. Unter den Ausstellungsmaterialien, die Mitarbeiter des Museums in den vergangenen 15 Jahren zusammengetragen haben, befinden sich Reportage-Fotos des ehemaligen Foto-Korrespondenten der Zeitung „Sapoljarnaja Prawda“ („Polar-Wahrheit“) – Wladimir Kamyschew.

Nach der heiligen Tradition werden Ende Oktober in den Schulen und Bibliotheken von Groß-Norilsk zahlreiche Exkursionen, Ausstellungen, Gedenk-Unterricht, Begegnungen mit ehemaligen politischen Gefangenen des Norillag durchgeführt. Am 31. Oktober findet in der öffentlichen Bibliothek auf dem Lenin-Prospekt 20a zum ersten Mal ein Treffen im „Literatur-Salon“ statt – „Vor diesem Leid verneigen sich die Berge“, das den Schriftstellern und Poeten dieses tragischen Schicksals gewidmet ist. Und in der Schule N° 43, die sich bereits seit langem mit der Thematik der Repressionen befasst, wird am 27. Oktober um 14.00 Uhr eine städtische Ausstellung eröffnet – ein Wettbewerb unter dem Motto „Zahlen, die zu Herzen gehen“. An diesem Tagt findet hier auch der Vorlese-Wettbewerb „Das erschossene Wort“ statt.

In den Schul-Bibliotheken sind die Ausstellungen „Archive aufgedeckter Geheimnisse“, „Ewiges Requiem“, „Die Geschichte des GULAG“, „zur Geschichte sagt man nicht – „nein““ eröffnet. In der Talnachsker Stadt-Bibliothek, Dickson-Straße 9, findet am 30. Oktober um 13.00 Uhr ein mündliches Journal statt mit dem Titel „Bewahre die Erinnerung des Herzens“. An diesem Gedenktag wird in der Bibliothek von Kajerkan, Filiale N° 10, in der Stroitelnaja-Straße 2a, ein einziges Bild ausgestellt, welches die Arbeit des Norilsker Künstlers Walerij Kostarinow „Straße des Nordens“ darstellt. Hier bereitet man auch eine Buchübersicht unter dem Motto „Kinder und Repressionen“ vor, in der es um Kinder geht, die im GULAG hinter Gittern waren. In Kajerkan, in der Bibliothel-Filiale N° 1, Perwomaiskaja-Straße 42, wird am 31. Oktober anlässlich der Begegnung „Das Schicksal ist schrecklicher als der Tod“ über Kinder-Gefangene des Norillag berichtet.

Junge Norilsker bereiten in ihren Schulen die Ausgabe einer Radio-Zeitung, eines Wand-Drucks, vor, die dem Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen gewidmet sind.

Im Vorführraum des „Retro“-Kinos sehen die älteren Teilnehmer des Klubs „Kino meiner Jugendzeit“ am 31. Oktober um 13.00 Uhr den Dokumentarfilm „Annan Achmatowa. Tagebuchblätter“.

Das Museum der Geschichte der Erschließung und Entwicklung des Norilsker Industriegebiets führt vom 23. bis 31. Oktober speziell für Schüler eine Führung durch seine Ausstellungen sowie die Expositionen „Chronik des Gedenkens an Norilsk“, „50 Jahre Norilsker Aufstand“, „Es gibt überall Licht“.

In der Norilsker Kunst-Galerie kann man am 27. Oktober ab 11.00 Uhr die Exposition „Lebe und erinnere dich“ anschauen, auf der Arbeiten der Norilsker Künstler Nina Kisilowa, Viktor Asadtschikow, Dmitrij Saschin und Oleg Osmuk zu sehen sind.

Mögen die Tage des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen auf die Herzen eines jeden Norilskers Einfluss nehmen und uns dabei helfen, unsere Geschichte besser zu verstehen, unsere Freiheit schätzen zu lernen, unsere Stadt zu lieben und zu hüten.

Irina Danilenko

Nach Informationen, die von der Behörde für Kultur und Kunst sowie dem Museum der Geschichte der Erschließung und Entwicklung von Norilsk zur Verfügung gestellt wurden.

„Polar-Wahrheit“, 26.10.2006


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