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Auf den Schienen der Geschichte

Am 5. August begehen die Arbeiter der Norilsjker Eisenbahnlinie ihren Berufsfeiertag.

Als etwas Solides und Monumentales entstand die Norilsker Bahnlinie bei weitem nicht mit einem Schlag – zu Beginn wurden lediglich „Versuchs“-Schienen verlegt. Die Existenz der Bahnlinie bedingte zuerst den Bau und die Entwicklung von Norilsk, wohin man ohne die „Eiserne“ aus eben jenem Krasnojarsk nur schwimmend, mit einem nach Dudinka gehenden Motorschiff und einer Fahrtdauer von 10 Tagen (zurück - 15) oder auf einem Postpferd, das einen halben Monat (!) für die Strecke brauchte, gelangen konnte. Etwas später brachte man Traktoren mit Anhängern auf den Weg, die den Spitznamen „Tundra-Express“ erhielten. Allerdings machten sie ziemlich oft Halt, ohne letztendlich an ihrem Bestimmungsort anzukommen, und so mussten die Leute bis nach Dudinka oder Norilsk zu Fuß gehen- bei jedem beliebigen Wetter.

Nebenbei bemerkt: Dudinka ist von Norilsk durch 90 km fast undurchdringlicher Tundra entfernt, was die Aufgabe des Verbringens von Frachtgütern in die Stadt durch das Fehlen einer normalen Straße praktisch unerfüllbar machte. Der einzige Weg war der über den Fluss, über den Pjasino, den Pjasino-See und den Fluss Norilskaja. Die erste Schiffskarawane folgte dieser Route im August 1935.

Vom Schiff wurde die Fracht mit Booten ans Ufer gebracht, und von dort weiter auf Pferde-fuhrwerken bis zum Nulevoj Piket (Platz in Norilsk, Ausgangspunkt für die Erschließung von Bergwerken; symbolischer Punkt in der Geschichte von N. mit Gedenkstätte; Anm. d. Übers.).
Allerdings konnten auf dem Wasserweg auch nur kleinere Schiffe fahren, so dass die Notwendigkeit des Baus einer Eisenbahnlinie sich immer deutlicher abzeichnete.

Aus dem Bereich des Fantastischen

Im Herbst 1935 ließen sich in den Baracken und vorübergehenden Erdhütten Bauarbeiter der Bahnlinie nieder. Man muss dazusagen, dass in jenen Jahren in der Norilsker Talsenke noch keine vernünftigen Baustellen eingerichtet waren: alles war nur temporär und versuchsweise organisiert. Daher erschien ein derart grundlegendes und revolutionäres Bauprojekt wie die Eisenbahnlinie hinter dem Polarkreis in seiner ganzen Allgemeinheit äußerst kompliziert, denn noch nie hatte jemand zuvor etwas Vergleichbares getan. Und trotzdem unternahm man den Versuch.

Die ersten Kilometer der Strecke wurden buchstäblich aus dem Nichts verlegt: in den Bahndamm brachte man Torf und Bruchholz, Moos und Reisig ein – die Schwellen waren aus unbearbeitetem Lärchenholz. Die 14 km lange Strecke von der Anlegestelle Waljok bis nach Nulevoj Piket wurde im Februar 1936 fertig gebaut. Und sofort wurden Lehrgänge für Lokomotiven-Maschinisten eingerichtet.

Am 25. Februar 1936 traf der erste Zug in der Geschichte der Norilsker Bahnlinie mit technischer Ladung und Lebensmitteln ein. Allerdings bestand der Lokomotiven-Park bis April 1937 nur aus zwei Lokomotiven der Serie „159“ (eine analoge Lok ist übrigens bis heute auf der Bahnlinie Tbilissi in Betrieb). Und mit den nachfolgenden Lokomotiven, die in Norilsk eintrafen, kam es zu einer unplanmäßigen Situation: die Karawane mit der „neuen technischen Ausrüstung für die Lokomotiven-Zugkraft“, wie sie die sieben Loks der Serie „157“ nannten, fror im Eis von Pjasino fest. Eine von ihnen wurde später dennoch auf einen aus Birkenstämmen zusammengebauten Schlitten geladen und zur Anlegestelle Waljok gezogen. Diese stärkste und schwerste der Lokomotiven fuhr anschließend auf der Bahnlinie Norilsk – Dudinka.

Im Sommer begann die Verlegung der etwas größeren Schmalspur-Linie, welche die Siedlung Norilsk mit dem Hafen von Dudinka verbinden sollte. Ihre Streckenlänge betrug ganze 114 km. Dabei hatte man beschlossen, um Geldmittel einzusparen, nicht der direktesten Verbindung zu folgen, sondern durch eine längere Strecke die Unebenheiten des Geländes zu umgehen. Die Bahnlinie wurde hauptsächlich von Gefangenen des NorilLag gebaut.

Wie später Zeugen der Ereignisse in ihren Erinnerungen anmerkten, gab es dieselben Probleme, wie sie auch beim Bau der Linie Norilsk – Waljok herrschten: Mangel an Schwellen, auf dem langen Weg vom Festland verbogene Schienen, das Fehlen von Kies und Schotter, Bauholz und Nägeln. Deshalb wandte man sich wieder der praktischen Nutzung von „Schnee“-Strecken zu. Zuerst untersuchten Spezialisten und Schienenverleger die Eigenschaften des Schnees bei seiner Verdichtung und Berieselung mit Wasser. Dann bauten sie einen fast einen Kilometer langen Bahndamm aus Schnee und legten Schienen darauf – sie hielten. Letztendlich wurde die Schneelinie mit dem Bahndamm aus Schnee und Reisig für gut befunden und mit Wasser begossen. Übrigens hielt eine solche Konstruktion insgesamt etwas zwei Wochen – dann brachte die Sonne den Schnee zum Schmelzen. Nichtsdestoweniger hatte sie ihre Aufgabe erfüllt: alle hatten sehr wohl begriffen, dass man eine Bahnlinie, auch wenn es sich lediglich um eine Schmalspurbahn handelt, vernünftig bauen muss, mit richtigen Aufschüttungen und Einbettung der Schwellen mit Hilfe von Schotter.

Aus den Erinnerungen von Michail Piwowarow, einem ehemaligen Normsachbearbeiter in der Abteilung für Arbeit und Löhne in „Medweschka“:

„Die vereisten Brücken über die Flüsse Duromaja und Kosuja stürzten ein. Um dort hölzerne Brücken zu errichten, mussten aus Dudinka etwa tausend Kubikmeter Holz geschickt werden. Und zwar dringend! Aber für den Transport einer solchen Menge Holz mit Traktoren hätte man mindestens drei Monate benötigt. Man wartete also auf Frachtgut. Und Norilsk war auf Hungerration gesetzt. Damals wurden auf Anordnung des stellvertretenden Leiters der „Norilsker Bauverwaltung“ – Pjotr Apparowitsch – in Dudinka 18 kleine Waggons ohne Wagenkasten für den Transport zugeteilt. Während die Leute die unzuverlässige Bahnlinie benutzten (die Aufschüttungen aus Schnee gaben unter der Sonneneinwirkung nach, und die Schienenstränge hingen teilweise in der Luft), mussten sie die Waggons mit dem Holz aus Dudinka immer wieder vorwärtsstoßen und –zerren. So wurden innerhalb von 24 Stunden jedes Mal 17 Kubikmeter Holz angeliefert. Aber dann kamen sie auf eine Idee und brachten ein Segel mit (genäht aus Häftlingswolldecken – Anm. d. Autors), bei günstigem Wind gelang es dann mit diesem Segel ganze 25-30 Kubikmeter Holz heranzuschaffen…“.

Pjotr Apparowitschz, dem talentierten Leiter, gelang es nicht, dem grausamem Schicksal derer zu erinnern, deren Spuren sich in den Wellen der Unterdrückung jener Jahre im Nichts auflösten. Auf Befehl der Norilsker Bauverwaltung sowie des Besserungs- und Arbeitslagers des NKWD der UdSSR N° 78 vom 10. Februar 1938 wurde Pjor Florianowitsch seines Amtes als Leiter der Eisenbahnabteilung wegen des „Mehrverbrauchs mehrerer Millionen Rubel aus staatlichen Mitteln, die Anlieferung eindeutig ungeeigneten Obermaterials, Abweichung von der Projektierung und dem Bauprojekt usw.“ enthoben. Mit einem Wort, wegen „Ausnutzung des Baus der Eisenbahnlinie durch den Klassenfeind zugunsten seiner eigenen, schändlichen Ziele und Zwecke“. Das Anklagematerial wurde an die Ermittlungsorgane weitergeleitet, um ihn zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen; allerdings sprach das Gericht, wie den Archivdokumenten zu entnehmen ist, Apparowitsch und vier weitere hochrangige Teilnehmer am Eisenbahnbau zunächst frei. Aber schon bald darauf wurde erneut Anklage erhoben. Allerdings erlebte einer der Angeklagten den Gerichtsprozess schon nicht mehr – er starb in seiner Zelle am Herzschlag. Es ist sehr gut möglich, dass es sich bei dieser Person um Pjotr Apparowitsch handelte … Und buchstäblich nur wenige Monate später tauchte an seiner Stelle ein neuer Leiter auf – Dmitrij Wasiljewitsch Wasiljew.

Offiziell wurde der Bau am 17. Mai 1937 vollendet. Und bereits am folgenden Tag fuhr der erste Zug über die Schienen, der seinen Bestimmungsort nach drei Tagen erreichte. Aus Dudinka wurde damals Zement und Glas gebracht. Aus Norilsk – Kohle. Häufig ereigneten sich Unfälle und Entgleisungen (581 waren es beispielsweise allein im Jahr 1939); sie galten ganz einfach als „Betriebskosten“, wenngleich der Verkehr zeitweise für mehrere Monate eingestellt werden musste.

„Tamarotschkas“ und „Korobuschkas“

Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Nutzung der Bahnlinie im Winter war der ständige Kampf gegen den Schnee. An technischen Hilfsmitteln gab es drei Schneeräumer, aber auch die konnten nur Schneewehen bis zu einer Höhe von ungefähr eineinhalb Metern fortschieben. Wenn das Gelände höher zugeweht war, musste mit der Hand gearbeitet werden. Letztendlich hatte man die Idee, zum Schutz vor Schneewehen eine „Wand“ zu errichten, und zwar … aus Schnee. Teile der Strecke wurden mit provisorischen hölzernen Galerien abgesperrt, welche auf zwei Säulen montiert und in einer Höhe von 4,5 Metern abgedeckt wurden. Ganz oben verlegte man einen Belag aus einen Zoll langen Brettern, und von der Außenseite bis zu den Seiten der Bretter wurden Quader aus Schnee verlegt, und das war dann die Schneewand. Nichtsdestoweniger war das einhüllen der gesamten Strecke mit dieser Methode technisch unmöglich, so dass so manches Mal die Züge komplett zugeweht wurden. So traf zum Beispiel einmal ein Zug, der aus Dudinka abgefahren war, erst nach 22 Tagen in Norilsk ein! Und den Zug mussten sie irgendwie im Schnee suchen; sie hoben Gräben aus und legten so die Lokomotive frei; aber der Heizer und der Maschinist starben durch ausströmendes Gas.

Außer der Befestigung der Bahnlinie sowie dem Bau von Brücken, mussten auch Pumpenhäuser errichtet werden. Denn das notwendige Wasser nahmen die Lokomotiven direkt am See auf Ausweichgleisen auf – per Hand. Bei Kälte war das noch komplizierter: der Tender wurde dann anstatt mit Wasser mit Schnee vollgestopft.

Bei der Arbeit an den Zügen waren sogenannte „Sormowki“ (Lokomotiven der Serie „S“ aus der Sormowsker Fabrik; Anm. d. Übers.)im Einsatz, die in der Lage waren, einen Zug mit einem Gewicht von 220 Brutto-Tonnen zu schieben. Bei den Ausweichmanövern waren etwas weniger leistungsstarke in Betrieb – sie wurden zärtlich „Tamarotschkas“ (Serie T) genannt. Anfangs verwendete man bei der Beförderung zweiachsige Waggons, die den Spitznamen „Korobuschki“ („Schächtelchen“; Anm. d. Übers.) trugen; später kamen vierachsige auf, die aus lokaler Produktion stammten.

Wie die Schmalspurbahn unsterblich gemacht wurde

1. Juni 1939 wurde die Eröffnung des Passagierverkehrs verkündet und der Verkauf von entsprechenden Fahrkarten organisiert. Eineinhalb Jahre später, im Januar 1940, wurde eine separate Unterabteilung des Bergbau- und Metallurgie-Kombinats gegründet – der Norilsker Eisenbahnbetrieb. Nach (insgesamt!) nur vier Jahren umfasste die Strecke (Hauptlinie Dudinka –Norilsk – Waljok, plus zahlreiche Zweiglinien zu den Bergwerken und Fabriken) bereits 216 Kilometer an Schmalspurschienen.

Übrigens – in weniger als einem Jahr verabschiedete sich die Schmalspurbahn aus dem Leben: im Sommer 1941wurde im Hafen von Dudinka der erste Breitspurzug ausgeladen. Damals wurde der erste, fünf Kilometer lange Streckenabschnitt mit einer Breite von 1524 mm in Betrieb genommen. Und im Mai 1945 ging die Arbeit an dem Projekt der Elektrifizierung der Breitspurbahn zu Ende. Zur Erinnerung an die Schmalspurbahn in Norilsk ist nur noch eine kleine Lok übrig geblieben – und gerade solche stellten in den 1930er Jahren den Gütertransport sicher.

Aus den Erinnerungen des Aleksander Moros, Leiter der Norilsker Bahnlinie von 1986 – 1994:

Es gab einen kollektiven Beschluss, an der Brücke über das Flüsschen Ambarnaja eine Gedenk-Lokomotive aufzustellen. Wir wollten nicht nur Dokumente ausfindig machen, die sich auf die Zeit der ersten Schmalspurbahnen im Norilsker Bezirk beziehen, sondern auch die Heldentaten ihrer Erbauer für die Ewigkeit wahren.

Krasnojarsker Brückenbauer haben versprochen die Brücke in Ordnung zu bringen; Dokumente über die Erbauer der Bahnlinie sind nach und nach zusammengekommen. Aber es kam die Frage auf: woher soll man eine Lok nehmen? Aufgrund von Dokumenten wusste man, dass zu der Zeit, als die Ära der Schmalspurbahnen in Norilsk zu Ende ging, die verbleibende Technik an andere Unternehmen des Landes übertragen wurde. Und so führte ich 1988 bei der Suche danach das Kommando über mehrere Mitarbeiter, in der Hoffnung, zumindest eine Lokomotive gleichen Typs zu finden. Der Revisor für Verkehrssicherheit, Pjotr Schinkartschuk, hatte Glück“.

Der Eisenbahn-Wolf

Heute befindet sich Pjotr Schinkartschuk im wohlverdienten Ruhestand und lebt auf dem Festland. Nun wird die Sache von seinem Sohn Sergej fortgeführt, und deswegen waren es auch sein Sohn und dessen Ehefrau Natalia, die uns von Pjotr Aleksandrowitschs Arbeit berichteten.

Natascha öffnet einen dicken Aktenordner – darin werden Schriftstücke verwahrt, ein ganz persönliches Archiv, welches Pjotr Schinkartschuk über mehrere Jahre gesammelt hat. In dieser Mappe befinden sich auch seine Erinnerungen an die kleine Lok.

„Im Gaiworonsker Lokomotiven-Depot (Ukraine) fand sich in der Tat eine Lok aus DDR-Produktion mit dem Produktionsjahr 1950. Schade nur, dass sie keine „Norilskerin“ war. Sie stand dort irgendwo hinter den Siedlungen, völlig vernachlässigt und mit Gestrüpp überwuchert. Ich denke, ich werde sie ohne viele Formalitäten und Probleme abholen. Aber das war ganz und gar nicht der Fall! Die Leitung der Odessiter Eisenbahnlinie, der das Depot angeschlossen war, wollte seine Einwilligung nicht geben: er weigert sich, man hat ihm untersagt, das „Alterchen“ herzugeben, das hier zur Erinnerung aufbewahrt wird. Aber was soll das für ein Erinnerungsstück sein, wenn der Anblick so schrecklich ist! Na schön, in der Hauptstadt fanden wir unseren Mann im Ministerium für Buntmetalle, einen ehemaligen Mitarbeiter der Norilsker Eisenbahn. Er erledigte die Angelegenheit. Wir zahlten für das Erinnerungsstück einen Preis, den man auch für Metallschrott bezahlt, und kauften dazu noch einen Traktor der Marke „Belarus“ für den Abtransport. Später halfen Depotarbeiter dabei, das 28-Tonnen-Kaufobjekt auf die Plattform zu verladen, und am 12. Februar wurde es nach Murmansk auf den Weg gebracht – und von dort weiter nach Dudinka. Zum Tag des Eisenbahners, am 29. Juli 1992 wurde die bereits reparierte kleine Lok an Ort und Stelle aufgestellt – auf der Brücke über das Flüsschen Ambarnaja …“.

Übrigens, Pjotr Schinkartschuk, der an den Ursprüngen der Norilsker Bahnlinie stand und den seltenen Beruf eines Revisors für Sicherheit im Zugverkehr beherrschte, wurde von Freunden und Bekannten scherzhaft Eisenbahn-Wolf oder Stern genannt – jener war häufig auf den Seiten der Lokalzeitungen zu finden. Was ja auch im Allgemeinen ganz verständlich ist: kaum jemand konnte derart detailliert wie er auf jede beliebige Frage antworten, etwas erklären oder zeigen. In den vierzig Jahren, in denen er bei der Bahn arbeitete, bekam er eine Menge zu sehen, und er selber hat mehrfach anderen Menschen das Leben gerettet. Und genau dafür erhielt er auch diverse Male von der Bahnleitung eine Prämie. Und man sagt, dass Schinkartschuk alle Regeln und Instruktionen aus dem Effeff kannte. Im Übrigen war er eher mit den Menschen beschäftigt: während seiner Zeit als Gewerkschaftsvorsitzender kam es vor, dass er auch Künstler der Krasnojarsker Philharmonie zu Fest- und Feiertagen nach Norilsk fuhr und die Sieger des sozialistischen Wettbewerbs auszeichnete, und außerdem wandten die Menschen sich immer an ihn, wenn sie einen Rat der Unterstützung brauchten.

Es gibt jemanden zu beneiden

wurde mit dem Bau der Breitspurbahn in Kajerkan begonnen. Erst vier Jahre später wird das Teilstück zur Nutzung freigegeben. Interessant, dass die Norilsker Bahnlinie nach den Plänen, die in den 1940er Jahren ausgearbeitet wurden, nicht lange isoliert bleiben sollte. Ab 1948 begann man die Strecke in Richtung auf den Hafen Dudinka auszubauen. In der Voraussicht auf eine baldige Vereinigung wurde zwischen 1951 und 1953 sogar ein Bahnhof an der Bahnhaltestelle Norilsk-Sortirowotschnaja errichtet. Auf dieses monumentale Gebäude könnten viele größere Gebietshauptstädte neidisch sein…. Nur wurde der Bahnbetrieb hier nie mit voller Kraft aufgenommen: nach Stalins Tod ließ man die Hälfte der nach Igarka führenden, bereits fertig gestellten Bahntrasse im Stich. „Die da oben“ hatten beschlossen, dass die Verbindung zwischen Norilsk und den übrigen Landesteilen auf dem Landwege einfach zu teuer und zudem ein technisch kompliziert zu realisierendes Vergnügen wären.

Am 1. Mai 1961 wurde der Verkehr auf der Strecke Platz des Oktober – Kajerkan – ohne Umsteigen - eröffnet. Ein Jahr später wurden an der Norilsker Bahnlinie verpflichtend das Tragen von Uniformen und Rangabzeichen eingeführt.

Am 3.Juli 1965 war der erste Kilometer der Bahntrasse in Richtung der Station Alykel bis zum Flughafen „Norilsk“ aufgeschüttet. Im Juli desselben Jahres wurde das Verlegen der Schienen auf der Brücke über den Fluss Norilskaja beendet, und die ersten Züge kamen nach Talny.

Genau zehn Jahre danach wird die gesamte Strecke elektrifiziert, und man fängt mit der Umstellung von Lokomotiven-Zugkraft auf Elektro- und Diesel-Loks an. Es gab plötzlich Bedarf an Spezialisten, die Erfahrung im Arbeiten mit der neuen Technik und bei Reparaturen hatten: man forderte sie vom Festland an, denn fast alle Norilsker Eisenbahner kannten sich nur mit herkömmlichen Lokomotiven aus.

Im Jahre 1981, im November, fuhr der erste Elektrozug auf der Strecke Norilsk – Flughafen. Allerdings löste sich die Norilsker Eisenbahn nach 13 Jahren aus ihrer Funktion der Passagier-Beförderung. Ab dem Jahr 1994 fuhren auf der Strecke nur noch Güterzüge. Endgültig wurde das Schicksal der Personenbeförderung am 19. Januar 1999 auf einer Sitzung beim Generaldirektor Johnson Chagaschejew definiert. Damals wurde entschieden, vier Züge zum Verkauf freizugeben. Und ab dem 1. Dezember 1999 gehörten dann alle Mitarbeiter der Norilsker Eisenbahn zum Personalbestand der OAG „Norilsker Bergbau-Gesellschaft“.

Heute versteht man unter der Norilsker Eisenbahn:

die allernördlichste Bahnlinie der Welt;
198 Gebäude mit einer Gesamtfläche von 6500 Quadratmetern;
333 km Gesamtschienenlänge mit 341 Weichenstellen und fast einer Viertelmillion Schwellen;
88 Lokomotiven und knapp 2500 Waggons;
der gesamte Frachtumfang, der in den Jahren der Existenz der Norilsker Eisenbahn beförderten Lasten – etwa 700 Millionen Tonnen. Ein Zug mit einer derartigen Frachtladung würde in Höhe des Äquators viermal um die Weltkugel passen.;

An Dienstleistungen gehören dazu die Bereiche: Schienen, Verkehr, unterirdische Transport-ausrüstung, Signalzeichen und Weichen, Energiewirtschaft, Bahnbetrieb, Reparaturwerkstatt für Schienenfahrzeuge, Werkstätten für die Instandhaltung von Sachanlagen sowie die Bahnverwaltung selbst.

Und schließlich gehören zu all dem noch 2000 Mitarbeiter, von denen viele bereits seit über drei Jahrzehnten hier tätig sind.

Tatjana Satschupejko.
Wir danken der Familie Schinkartschuk für die zur Verfügung gestellten Fotos und Materialien aus dem Familienarchiv.

„Polar-Wahrheit“, 28.07.2007


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