Man kann häufig hören, dass es keine härtere Arbeit gibt, als die in der Landwirtschaft. Und das stimmt auch. Erst jetzt sind in den landwirtschaftlichen Betrieben (allerdings nicht überall und einstweilen auch nur in geringer Anzahl) geeignete Maschinen aufgetaucht, die über eine automatische Lenkung, weiche Sitze, hermetisch geschlossene Kabinen; Lärm-Isolierung, Klima-Anlagen und Computer verfügen. Und die Mechanisatoren arbeiten auf den Feldern in sauberen Hemden.
Aber hat sich wohl irgendjemand Gedanken darüber gemacht, wieviel Staub die alten Traktoren- und Mähdrescher-Fahrer geschluckt haben – und die Fahrer, die ihr Leben lang in Fahrzeugen vaterländischer Produktion gearbeitet haben, denen jedweder Komfort fehlte? Das Sitzen auf einem Traktor aus Eisen, Hände. die ewig mit Öl verschmiert waren, und ein Kopf, in dem es vor lauter Vibrationen, Krachen und Klappern nur so dröhnte und rüttelte. Und wie viele Male man während einer Schicht aus der Fahrerkabine springen musste, um die Güte der Arbeit und den Zustand des Fahrzeugs zu überprüfen. Heute hat man alles vor Augen – auf dem Monitor des Computers.
Schwere körperliche Arbeit bringt der Gesundheit keinen Nutzen. Es kommt nicht von ungefähr, dass viele Traktor- und Mähdrescher-Fahrer auf dem Lande schlichtweg ihrer Rente nicht mehr erleben.
Die Ortschaft Schilinka hat 475 Einwohner. Männer über 60 gibt es dort nur 30, aber mehr als doppelte so viele Frauen in diesem Alter. Na ja, das ist die allgemeine Tendenz – die Lebensdauer bei den Männern ist erheblich geringer, als die der Frauen. Als ich darum bat, mich mit den Alteingesessenen des Dorfes bekannt zu machen, stellte sich heraus, dass es sich bei den meisten von ihnen um Frauen handelte. Aber an dem kleinen Verkaufsstand, inmitten unter Dutzenden von Veteranen-Frauen, entdeckten wir dann doch noch drei Männer. Wir traten heran, um sie kennen zu lernen.
Andrej Alexandrowitsch Stengauer (Steinhauer?) – auf dem Foto ganz rechts. Er blickt auf ein Berufsleben von 81 Jahren zurück! Nein, werter Leser, das ist kein Druckfehler. Nach dem früher geltenden Gesetz zählten die Jahre zwei- oder dreifach, welche die Menschen in Sonderansiedlung verbracht hatten. Andrej Alexandrowitsch wurde 1941 zusammen mit seinen Eltern nach Sibirien verschleppt und 1956 freigelassen. 1994 wurden alle Mitglieder der Familie rehabilitiert und ihnen die Jahre in der Verbannung entsprechend angerechnet.
Aber auch ohne Berücksichtigung dieser Jahre hat Stengauer 48 Jahre gearbeitet! Er ist im Besitz des Titels „Veteran der Arbeit“. Er arbeitete als Traktor- und Mähdrescher-Fahrer, und zwar vornehmlich auf schweren Traktoren mit Kettenraupen. Er begann sein Berufsleben in der dritten Abteilung der Sowchose „Tajoschnij“. Mehr als 30 Jahre opferte er der Lehrwirtschaft „Minderlinskoje“.
Anatolij Michailowitsch Dudorow (auf dem Foto in der Mitte). Auch er kann auf ein Arbeitsleben von 48 Jahren zurückblicken(!). Er begann als Schmierer in einer Waldwirtschaft im Ural. Von 1956-1959 diente er in der Armee. Danach zog die Familie nach Schilinka um. Über 30 Jahre verbrachte Anatolij Michailowitsch hinter dem Lenkrad eines Lastwagens. Mehrere Jahre arbeitete er als Instruktor im Schilinsker Internatshaus, auch noch, als er sich bereits in Rente befand. Er ist Veteran der Region Krasnojarsk.
Viktor Michailowitsch Postolatij ist jünger als eine Kameraden – er vollendet im Oktober das 68. Lebensjahr, doch auch auf seinen Schultern lasten bereits 40 Arbeitsjahre. Seinen Armeedienst leistete er in Deutschland ab. Eine leichte Arbeit hat er sich nicht ausgesucht – er arbeitete viele Jahre als Fahrer von Kraftfahrzeugen, Traktoren- und Mähdreschern. Fünf Jahre vor seinem Renteneintritt war er im Baubereich tätig.
Jetzt befinden sich alle drei im wohlverdienten Ruhestand. Untätig herumsitzen können sie nicht; sie befassen sich mit ihrer häuslichen Wirtschaft. Ihren Mut verlieren sie nicht. Offensichtlich wurden ihnen die guten Gene ihrer Eltern mitgegeben.
Text und Foto: Olga Wawilenko
„Landleben“ (Suchobusimskoje), 29. August 2008