Am Freitag fand am Gedenk-Komplex „Norilsker Golgatha“ eine Zusammenkunft statt, die dem Tag des Gedenkens an die Opfer der politischen Repressionen gewidmet war.
Am Norilsker Museum standen mehrere Autobusse und warteten auf die Abfahrt zum „Golgatha“. Die Teilnehmer der Versammlung sammelten sich im ersten Stockwerk des Museums. Einwohner der UdSSR, die einst Opfer des Regimes während der Zeit des Totalitarismus waren, wurden durch Schüler höherer Klassenstufen ergänzt, welche die Epoche der Verfolgungen anhand von Lehrbüchern im Unterricht studiert haben. Wie aus einer Umfrage ersichtlich war, schenkt man an der Schule N° 6 der regionalen Komponente große Beachtung.
- Es war eine sehr schwere Zeit, die Jahre zwischen 1935 und 1937, als das Norillag entstand, - erzählte eine Schülerin dieser Schule, Nastja, dem „Polar-Boten“. – Die Gefangenen, die unsere Stadt aufbauten, mussten einfach nur ans blanke Überleben denken. Man händigte ihnen ein-, zweimal pro Jahr irgendwelche Kleidung und Fußlappen aus, sie erkrankten oft und starben. Man fabrizierte eine erlogene Akte über sie und sperrte sie dann wegen angeblicher Spionage, Hochstapelei, Betrügereien oder Mord ein unter anderem auch Frauen und Kinder. Woher kommt so eine Erscheinung wie die Repressionen? Vielleicht benötigte man billige Arbeitskräfte, um die Stadt zu bauen. Denn Häftlingen wurde kein Lohn ausgezahlt.
Dem, was Nastja gesagt hatte, schloss sich Iwan an
- Bei uns gab es nach dem Machtwechsel eine Krise, zu der Zeit, als die westlichen Länder sich entwickelten. In den Lagern wurden damals unser gesamtes Land zum Arbeiten gefangen gehalten. Um billige Arbeitskräfte zu bekommen, haben sie sich, so kann man wohl sagen, auch den § 58 ausgedacht. Darin gab es verschiedene Punkte, auf deren Grundlage sie praktisch jeden beliebigen Menschen in die Verbannung schicken konnten.
Andere junge Leute aus der Schule N° 6 brachten die politischen Verfolgungen mit der Politik in Zusammenhang:
- Das ist alles wegen der schwierigen politischen Situation im Lande passiert: Reformen, zahlreiche politische Veränderungen, die Partei, - meint Jan. – Die Gefangen wurden Opfer von Intrigen. Bei uns in Russland ist es immer so: aufgrund einer Intrige leidet der kleine Mann.
- Unsere Stadt wurde auf den Knochen von Menschen errichtet, die Opfer von Stalins System waren. Er bemühte sich, alle in Angst und Schrecken zu versetzen, in der Meinung, dass es richtig sei: sobald die Menschen dich erst einmal fürchten, ist im Lande alles gut, - erläuterte Anton seine Ansicht.
- In der Stadt gibt es immer weniger Menschen, die nicht aus Lehrbüchern über die Repressionen wissen. Das Gedenken an die Opfer des GULAG und jene tragischen Ereignisse konnte dank der Schaffing der „Memorial“-Gesellschaft in Norilsk erhalten werden, - unterstrich in ihrer Rede während des Treffens die Direktorin des Norilsker Museums Swetlana Slessarewa. – Seine Mitarbeiter durchstöberten die einst geheimen Archive und halfen hunderten von Norilskern bei der Erlangung der Rehabilitation.
Das ausführende Oberhaupt der Stadt Andrej Samochin sowie der an der Spitze der Administration stehende Aleksej Ruschnikow legten am Massengrab der Gefangenen des Norillag einen Kranz nieder, die Teilnehmer der Zusammenkunft brachten echte Nelken mit. Mit diesem Kreuz begann die Entstehung des Gedenk-Komplexes „Noilsker Golgatha“. Unter den widerhallenden Schlägen eines Metronoms ehrten die Zusammengekommenen das Andenken an die Opfer des GULAG mit einer Schwe8igeminute. Die orthodoxen Väterchen Aleksej und Apollinarij hielten einen Gottesdienst für die während der Stalinistischen Verfolgungen unschuldig umgebrachten und umgekommenen Menschen ab und riefen dazu auf, den orthodoxen Glauben wieder aufleben zu lassen. Denn gerade seine Ablehnung würde dazu führen, dass einer auf den anderen losgeht – auch der Bruder a7uf den Bruder.
Nach der Rückkehr in die Stadt und das Niederlegen von Blumen am Denkmal für die Gefangenen des Norillag am Stadtmuseum, machten sich die unfreiwilligen Teilnehmer an den fernen tragischen Ereignissen auf den Weg zum Gedenkessen im Restaurant „Lama“.
- Die Stadtverwaltung hilft uns schon viele Jahre bei der Organisierung dieser Maßnahme. Sie stiftet für das Mittagessen 100.000 Rubel, unsere Verfolgten erhielten Garnituren im Wert von 2,000 Rubel und sind damit sehr zufrieden, - berichtete die Vorsitzende der öffentlichen Vereinigung „Schutz der Opfer politischer Repressionen“ Jelisaweta Obst. - Natürlich hilft uns das Museum bei der Organisation dieses Tages sehr. Das Unternehmen „Norilsker Nickel“ erwies, wie immer, allen nicht arbeitenden, einst repressierten und später rehabilitierten Bürgern der Stadt materielle Hilfe und ließ jedem von ihnen eine Summe von 3.000 Rubel zukommen. In diesem Jahr bekamen 130 Personen eine Hilfsleistung.
Die jungen Teilnehmer an der Zusammenkunft zogen los, um auch weiterhin die Geschichte von Norilsk zu studieren, wozu die Direktorin des Museums, Swetlana Slessarewa, sie auch aufgerufen hatte. Und worin sie es, nach Überzeugung des „Polar-Boten“, teilweise auch schon weit gebracht haben.
Foto: Denis Koschewnikow
Text: Tatjana Rytschkowa
„Polar-Bote“, 02.11.2009