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Die Halbinsel der Schätze

Norilsker Chronograph

Die offizielle Geschichte des Norilsker Kombinats begann vor genau 75 Jahren mit der bekannten Anordnung vom 23. Juni 1935.

Am Ufer des Kohlenbachs

Am 18. Juni 1938 nahm die metallurgische Versuchsanlage ihren Betrieb auf, die dafür gedacht war, der Projekt-Abteilung notwendige Daten zu verschaffen und die Bereitschaft des Norilsker Kombinats für den Bau eines Eisenhütten-Unternehmens zu demonstrieren. An diesem Tag wurde der erste Test-Abstich durchgeführt und eineinhalb Tonnen Feinstein hervorgebracht.

Die Versuchsanlage befand sich in der Holzhütte, die 1930 von einer geologischen Gruppe der Unionsgold am Ufer des Kohlenbachs errichtet worden war. Diese Hütte trug auch die Bezeichnung „Metallurgische Versuchsanlage OMZ“. Äußerlich unterschied sich die Versuchsstation von dem berühmten Haus Urbanzews lediglich dadurch, dass es darin einen Brunnen gab und über dem Dach ein 20 Meter langes Stahlrohr aufragte. Die Versuchsstation befand sich in dieser mit weiteren Anbauten ausgestatteten Hütte insgesamt 10 Jahre; 1948 wurde sie in ein neues Gebäude auf dem Areal der Nickelfabrik verlegt. Bis August 1939 unterstand das OMZ dem Haupt-Eisenwerker Fjodor Charin, später, bis zum Herbst 1941, war sein Chef, genauer gesagt seine Chefin, Olga Lukaschewitsch.

Die junge Frau brachte Sawenjagin, nachdem sie das Laboratorium in der Hauptstadt und ihre Dissertation am Lehrstuhl von Professor Wanjukow sen. hinter sich gelassen hatte, innerhalb von 15 Monaten das erste Stückchen schwarzen Norilsker Nickels, das in die Tasche ihres Militärhemdes hineinpasste.

Neue Siedler kommen

Am 19. Juni 1956 trafen auf der Baustelle des Norilsker Kombinats auf Zuweisung des Zentralkomitees des Allrussischen Leninistischen Kommunistischen Jugendverbandes die ersten Freiwilligen ein. Insgesamt waren dem Aufruf des Zentralkomitees der Partei und des Ministerrats der UdSSR von Juni bis Oktober 6500 Neusiedler aus Moskau und Leningrad gefolgt. Zu Beginn des neuen Jahres 1957 kehrten 500 von ihnen in die heimatlichen Gefilde zurück, die verbliebenen bauten die Stadt und richteten sich dort ihr Leben ein.

Der erste Herbst war für die Eingetroffenen sehr warm. Die neuen Bewohner spazierten durch die Straßen, sangen Lieder und spielten Gitarre, was für das Norilsk der damaligen Zeit äußerst ungewöhnlich war… Dafür gab es im Winter den berühmten schwarzen Schneesturm.

15 Jahre später befanden sich in Norilsk immer noch 1500 freiwillige Hauptstadt-Komsomolzen. Sogar im Jahr des 50. Bestehens des Kombinats konnte man den einen oder anderen Ankömmling des Jahres 1956 noch zu sehen bekommen.

Das Gas des Hohen Nordens

Am 20. Juni 1968 wurde die Anordnung des Ministerrats über die Ausarbeitung des Projekts und den Bau einer Gasleitung von Messojacha nach Norilsk verabschiedet. Zu Beginn des Jahres hielt sich Aleksej Kossygin, der die Anordnung unterzeichnet hatte, zu Besuch in Norilsk auf. In seiner Rede im Kultur-Palast des Kombinats verkündete er, dass das Wichtigste heute sei - Gas für das Norilsker Kombinat zu fördern.

Bereits im August stiegen die ersten Bauarbeiter auf der Trasse Messojacha – Norilsk aus, ein Jahr später war die Gasleitung fertig gebaut. Zehn Jahre danach, am 20. Juni 1978, erhielt der Platz, an dem die Talnachsker, Begitschewer und Michailitschenko-Straßen aufeinander stoßen, den Namen Platz der Polar-Gasarbeiter.

Gala-Konzert im Norillag

Am 21. Juni 1945 fand im Gewerkschaftsclub ein Abschlusskonzert von Teilnehmern der Künstler-Olympiade des Norillag statt. Tatsächlich hat es im Lager auch so etwas gegeben.

Es ist bekannt, dass an der Gala-Vorstellung aus zwei Abteilungen mehr als hundert Personen aus acht Kollektiven künstlerischer Laiengruppen des Lagers beteiligt waren. Die ersten Plätze (und Prämien in Höhe von jeweils 1000 Rubel) nahmen die erste und zehnte Lager-Abteilung ein. Der Titel des besten musikalischen Kleinkunst-Kollektives des Norillags fiel dem Laienkreis der vierten Abteilung zu. Zum Dramen-Besten wurde das dramaturgische Kollektiv der dritten Lagerabteilung bestimmt. Das Blas-, Streich- und Jazz-Orchester bekam Ehrenurkunden verliehen. Unter den besten Ausführenden wurden die Gefangenen Tschuprakow, Janukowitsch, Tolotschko, Awdejew, Klimowitsch, Krims und Plotskich genannt. Ein wenig verweilen wollen wir nur bei einem Namen.

Nikolaj Awdejew wurde am 10. Juni 1945 sechsundzwanzig Jahre alt. Zu der Zeit war er bereits seit zwei (von acht Jahren gemäß Urteil) Gefangener des Norillag. Als Sohn eines Volksfeindes, eines repressierten Solisten des Militärchors, war Nikolaj Awdejew ebenfalls Solist, nur eben im Lager-Theater. Nah seiner Freilassung blieb er in Norilsk. Ins Kuban-Gebiet kehrte der Nachfahre von Kosaken zwanzig Jahre nach seiner Verhaftung zurück und unterstützte als einer der Ersten die Wiederentstehung der Kuban-Kosaken.

1992 war Nikolaj Petrowitsch zu Gast in Norilsk. Zur Erinnerung an seinen Besuch hinterließ er der Stadt zwei ausdrucksvolle Bilder, die er extra zu diesem Zweck gemalt hatte.

Metall – für die Front

Am 22. Juni 1941 wurden in Norilsk die Entlassungen in den nächstanstehenden Urlaub eingestellt. Alle, die sich bereits im Urlaub befanden, wurden ersucht, zur Arbeit zurückzukehren. Diejenigen, die Norilsk verlassen hatten, erhielten einen telegraphischen Aufruf.

Mit Ausbruch des Krieges waren auf der Baustelle der Großen Metallhütten (Nickel) Fabrik immer noch erst die Montage-Arbeiten im Gange, und im März 1942 produzierte man Feinstein. Ende desselben Jahres produzierte die Wärmekraftwerkszentrale Strom. Und wenngleich der Stadt Norilsk der Kriegsjahre ab 1942 nur der achte Teil des für das Land produzierten Nickels gehört, war das ihr bester Teil.

Neben der Nickelfabrik und dem Kraftwerk entstanden in Norilsk während des Krieges noch die Kleine Aufbereitungsanlage und das Bergwerk „Sapoljarnij“. Man begann mit dem Bau der Minen „Kohlenbach“ und „Bärenbach“, der Kobalt-Fabrik, dem Flugplatz.

Vor genau 75 Jahren

Am 23. Juni 1935 wurde vom Rat der Volkskommissare der UdSSR, unterzeichnet vom Vorsitzenden Wjatscheslaw Molotow, die Anordnung „Über den Bau des Norilsker Nickel-Kombinats“ verabschiedet. Die Hauptverwaltung der Lager des NKWD wurde verpflichtet „zu diesem Zweck ein Sonderlager zu organisieren".

Als Leiter für den Baus und das Lager ernannte der Volkskommissar des Inneren, Genrich Jagoda, Wladimir Matwejew, der zum damaligen Zeitpunkt über Erfahrungen mit der Leitung von Bauprojekten des GULAG verfügte, doch das Norilsker Bauvorhaben erwies sich für ihn als letzter Bau im Status eines Leiters.

Die ersten Erbauer von Norisk trafen auf Leichtern in Dudinka ein, welche den Raddampfer „Spartak“ begleiteten, auf dem sich Matwejews Familie und eine Forschungsgruppe der Moskauer Industrie- und Transport-Organisation befanden.

Den ersten Befehl zum Norilsker Bauprojekt schrieb Matwejew in Dudinka, in der Hütte, in der die lokale Radio-Station untergebracht war.

Valentina Watschajewa

„Polar-Bote“, 18.06.2010


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