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„Erinnerung des Herzens“ – gestern und heute

Unser Leser Iwan G. aus Atschinsk möchte gern wissen, was es mit dem Projekt „Erinnerung des Herzens“ auf sich hat, in dessen Rahmen unlängst im Krasnojarsker Museumskomplex für Kultur und Geschichte das Buch „Momente der Geschichte“ herauskam, das dem Thema der politischen Repressionen in der UdSSR gewidmet ist.

Über die Präsentation dieses Buches haben wir bereits geschrieben, aber von dem eigentlichen Projekt Erinnerung des Herzens“ erzählt die Kuratorin des Projekts, die stellvertretende wissenschaftliche Direktorin des Krasnojarsker Museumskomplexes für Kultur und Geschichte – Walentina BONDAREWA:

- Das Thema der politischen Repressionen wurde von uns bereits im Jahre 1997 aufgenommen. Der erste war der bekannte Menschenrechtler Wladimir Georgiewitsch Sirotinin, der über zehn Jahre in unserem Museum tätig war, viel Zeit in den Archiven verbrachte und eine ungeheuer große Datenbase zusammentrug. Dank seiner Tätigkeit wurde auf Grundlage unseres Museums die krasnojarsker „Memorial“-Organisation gegründet, die eine der ersten ihrer Art war und inzwischen zu einer der führenden regionalen Organisationen in Rußland wurde. Das Thema ist inzwischen mit unserem Museum verwachsen, aber in Abhängigkeit von den Tendenzen der Zeit haben sich die Herangehensweise und der praktische Umgang mit dieser Thematik geändert. So führen wir seit dem Jahr 2000 einmal jährlich die Aktion „Entzünde eine Kerze“ durch. Nirgends in Rußland wurde dieses Projekt in einem derart großen Maßstab realisiert wie hier bei uns. Zu uns kommen Menschen aus anderen Bezirken der Region, aus anderen Gebieten des Landes, aus dem Baltikum, und im vergangenen Jahr waren sogar zehn Personen aus Deutschland anwesend (ehemalige repressierte Wolga-Deutsche). Wir arbeiten unter der Schutzherrschaft der regionalen Ministerien für Kultur und Sozialfürsorge, die insbesondere Autobusse für diejenigen organisieren, die aus anderen Bezirken zu uns kommen möchten. Die Jenisejsker Dampfergesellschaft stellt jedes Jahr kostenlos einen Kutter für die Zeremonie zur Verfügung, bei der Trauerkränze zum Gedenken auf das Wasser des Flusses herabgelassen werden.

Das Projekt unterliegt ständigen Neuerungen, es gibt eigene Veröffentlichungen, es gibt themengebundene Begegnungen, Konferenzen und Filmvorführungen. Wenn wir von der traurigen Vergangenheit erzählen und dazu aufrufen, aus dieser vergangenen Zeit die Lehren zu ziehen, sind wir bestrebt, den Menschen keine vorgefaßten Schlußfolgerungen aufzuzwingen, sondern sie vielmehr zu eigenem Nachdenken anzuregen, wie man unsere Gesellschaft bürgernäher und demokratischer gestalten könnte. Dies ist ohne Kenntnis der Geschichte, ohne eigenes Miterleben und Mitleiden nicht möglich. Wir haben uns aus der Position der Schuldzuweisungen weit entfernt und sind übergegangen zur Position des Dialogs und der allgemeinen Diskussionen mit den Bürgern. Und die vorherigen Methoden werden ersetzt durch neue Formen, eine neue interaktive Sprache, eine Sprache der zeitgenössischen Kunst.

Unser Museum stellt das methodische Zentrum für alle Museen der Region dar, und die politischen Repressionen wurden zu einem durchgehenden Thema für die Bezirksmuseen, mit denen wir zusammenarbeiten. Im vergangenen Jahr haben wir erstmalig zwei methodische Seminare veranstaltet, eines im Museum von Biriljussy zu Problemen musealer Projektierungsarbeit. Das Projekt „Erinnerung des Herzens“ wurde zu einem Netzwerk; es erstreckte sich weit über den Rahmen des Krasnojarsker Museumszentrums, und sogar die Grenzen der Region, hinaus. So gibt es beispielsweise in dem Sammelwerk „Momente der Geschichte“ Materialien aus verschiedenen Regionen Rußlands. Wir arbeiten partnerschaftlich mit der „Memorial“-Organisation und dem Andrej-Sacharow-Zentrum zusammen, und seit 2005 ist unser Museum auch Mitglied der Internationalen Koalition der Museen Historischer Stätten der Bewußtseinsbildung. Das ist eine sehr maßgebende un kompetente Organisation, die eine riesige Anzahl von Museen in der ganzen Welt umfaßt, und eines ihrer Mitglieder zu sein bedeutet ein großes Ansehen. Zum Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen, der, wie gewohnt, am 30. Oktober begangen wird, bereiten wir eine umfangreiche Ausstellung vor. Es wird auch eine große Konferenz stattfinden, es sollen Gäste kommen, unter anderem auch vom Museum „Perm-36“, mit dem wir kooperieren. Unsere städtischen Museen werden ebenfalls vorgestellt. Die lokale Geschichte soll für die weitere Entwicklung zur Priorität werden.

Iwan BELJAKOW

„Krasnojarsker Arbeiter“, 21.07.2010


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