Am 30. Oktober, dem Tag der Erinnerung an die Opfer politischer Repressionen, fand im Museumszentrum an der Strelka die Präsentation des neuen Buches „Politische Repressionen in Krasnojarsk (Reiseführer)“ statt, das beim PIK „Offset“ durch die Krasnojarsker „Memorial“-Gesellschaft im Rahmen des internationalen Projekts „Topographie des Terrors“ herausgegeben wurde.
Wie uns der Autor und Herausgeber dieses Buches und gleichzeitig der Leiter des Krasnojarsker „Memorial“ Alexej Babij mitteilte, beabsichtigt das Projekt „Topographie des Terrors“ die Herausgabe einer ganzen Serie von Büchern – kurze Reiseführer zu den Gedenkstätten politischer Repressionen in verschiedenen Städten Rußlands. Die ersten Bücher dieser Serie sind bereits herausgekommen und wurden den Städten Woronesch, Komosmolsk-am-Amur, Krasnojarsk, Pensa, Rjasan und Syktyvkar gewidmet.
- Die Sowjetmacht war untrennbar mit dem Terror verbunden, - sagt Aleksej Babij. – Zwangsmaßnahmen, Repressionen waren das Hauptinstrument bei der Entscheidung von Problemen ganz unterschiedlicher Art. Die Geschichte und Topographie dieses Terrors in Krasnojarsk ist noch sehr wenig erforscht … Ob sich wohl viele Studenten des Rechtsinstituts der Sibirischen Föderalen Universität vorstellen können, daß ihre Uni genau an der Stelle steht, wo sich einst eine der sogenannten „Scharaschkas“ befand - einem Sondergefängnis des OTB-1 (Sonder-Technologie-Büro N° 1) der „Jenisej-Bauverwaltung“? Und auch das Zentrale Isoliergefängnis N° 1 („Weißer Schwan“), das sich nur zwei Schritte entfernt von diesem Institut befindet, verfügte über eine reichhaltige Geschichte. Die Bewohner des Militärstädtchens wundern sich sehr, nachdem sie erfahren haben, daß ihre Wohnungen in der Vergangenheit Unterkünfte eines Konzentrationslagers waren…. In dem Buch versuchen wir, zumindest teilweise, über all das zu berichten.
Mithilfe dieses Buches, in denen es eine Menge seltener Fotografien gibt, kann man eine Exkursion zu allen Gedenkstätten unternehmen, die mit den Jahren des Terrors in Zusammenhang stehen. Und die Exkursion beginnt mit dem Gefängnis, welches man von den Fenstern unserer Redaktion aus sehen kann. Dort gibt es ein Holzkreuz, das vor einigen Jahren neben dem Gebäude der katholischen Kirche errichtet wurde – zum Gedenken an die repressierten Katholiken. Auf einer Fotografie aus den 1930er Jahren kann man das NKWD-Gebäude sehen, wo sich heutzutage die Verwaltung des Russischen Föderalen Sicherheitsdienstes der Region Krasnojarsk befindet. Anfangs war das Haus dreigeschossig, aber 1937 wurde noch eine Etage daraufgebaut und das Gebäude bis zur Straßenecke verlängert, und später wurde immer wieder etwas hinzugebaut. An das Schicksal einiger Repressionsopfer erinnern Gedenktafeln. Da sind zum Beispiel der berühmte Chirurg und Erzbischof W.F. Wojno-Jasenezkij (der Heilige Luka), die Schriftsteller Aleksej Tscherkasow und Nikolaj Ustinowitsch, der Arzt Wladimir Krutowskij, der auch gesellschaftlich sehr aktiv war, der erste Direktor des Naturschutzgebiets „Stolby“ - Aleksander Jaworskij und viele andere. Es wird eine lange und traurige Exkursion sein …
Vor zehn Jahren, am 30. Oktober 2001, wurde neben dem Museumszentrum an der Strelka ein Gedenkstein errichtet, der eine erhobene Hand in symbolischen Fesseln darstellt, mit einem Bruch entlang der Stelle, die als „Lebenslinie“ bekannt ist. Jedes Jahr findet an diesem Tag hier eine Versammlung mit Kranzniederlegung statt, und man veranstaltet hier eine Zeremonie mit wirklich beeindruckendem Anblick – dem Herablassen winziger Flöße mit Kerzen auf die Wasser des Jenisej.
Eduard RUSAKOW
„Krasnojarsker Arbeiter“, 01.11.2011