Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Ðóññêèé

Der legendäre Richard Sorge

In der Bolschemurtinsker zentralen Inter-Siedlungsbibliothek wurde ein Informationsgespräch über einen der bedeutendsten Agenten des 20. Jahrhunderts – RICHARD SORGE - abgehalten. Durchgeführt wurde es von Wjatscheslaw Viktorowitsch Kuschnerow – Mitarbeiter der Abteilung des Kriegskommissariats der Region Krasnojarsk für den Bolschemurtinsker Bezirk mit Schülern der 11. Klassen der Kommunalen Fiskalischen Lehreinrichtung der Bolschemurtinsker Allgemeinbildenden Oberschule ¹ 1». Wjatscheslaw Viktorowitsch befasst sich bereits seit langem mit dem Studium der Geschichte des Bezirks, den Biographien herausragender Persönlichkeiten, die zu unterschiedlichen Zeiten auf dem Territorium unseres Bezirks gelebt haben,; er sammelt Gegenstände aus alten Zeiten, polizeiliche Attribute. Er ist auch Numismatiker und besitzt eine große Münz-Sammlung.

Die Bibliothekare wiederum arbeiteten eine Computer-Präsentation mit Fotomaterial über den Spion und Helden der Sowjetunion Richard Sorge und seine Ehefrau Jekaterina Maksimowa aus und stellten Bücher über sein Leben und seine Tätigkeiten vor. Die Zahl der Bücher, die über ihn geschrieben werden, wächst von Jahr zu Jahr. Das attestiert das ungebrochene Interesse zu Sorges Persönlichkeit, den Angelegenheiten seiner Organisation, die auf chinesischem und japanischem Territorium aktiv war.

RICHARD SORGE kam in den Jahren der sich jäh verschärfenden internationalen Lage zum sowjetischen Militär-Geheimdienst. Er war Kommunist, Patriot der Heimat und nahm stets die schwierigsten, verantwortungsvollsten Aufgaben auf sich. Als Marxist, Theoretiker, Doktor der Staats- und Rechtswissenschaften sowie der Soziologie hielt Richard Sorge die praktische Beteiligung an der Verteidigung der Sowjetunion gegen die Aggressionen des internationalen Imperialismus für seine Pflicht.

Seine Pflicht vor dem Vaterland führte Sorge bis zum Ende aus. Seine Aktivitäten bezüglich der Suche nach Feinden des Sowjetlandes, des geplanten Einmarsches des faschistischen Deutschlands in die UdSSR besaßen immense Bedeutung. Sorge war ein Freund des japanischen und chinesischen Volkes, konsequenterweise ein Internationalist und Kämpfer für den weltweiten Frieden.

Sorge verstarb ein halbes Jahr vor dem Sieg. Man bestattete ihn in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Gefängnisfriedhof. Nach dem Sieg wurde das Grab geöffnet. Richards Leiche wurde identifiziert, kremiert und auf dem Friedhof Tamma bestattet, auf dem die bedeutendsten Menschen Japans ihre letzte Ruhe finden. Auf seinem Grab steht ein Denkmal, auf dem in japanischer Schrift sein Name, sein Geburts- und Todesdatum eingraviert sind; ständig liegen dort frische Blumen.

Seine jaoanische Ehefrau Hanako Ishii lebte bis ins hohe Alter. Im Unterschied zu der unglücklichen Jekaterina, der nichts als Erinnerung an ihren Mann blieb, verwahrte Ishii sogar Sorges eigenes kleines Museum: zwei Bronzebüsten Richards, von denen eine nach seinem Entwurf gefertigt wurde, eine Miniaturkopie des Denkmals auf seinem Grab in dem Tokioter Vorort, ein paar Fotos.

Als man den guten Namen Richard Sorges wiederaufleben ließ und ihm den Titel eines Helden der Sowjetunion verlieh, suchten nicht wenige Menschen Bolschaja Murta auf, um den Versuch zu unternehmen, die Grabstelle der Ehefrau des Agenten – Jekaterina Maksimowa – ausfindig zu machen.

Jekaterina Maksimowa begegnete Richard Sorge 1927 in Moskau. Offiziell waren die beiden 11 Jahre verheiratet, aber sie verbrachten lediglich ein halbes Jahr zusammen. Die ganze verbleibende Zeit waren sie nur in Gedanken mit ihrer Liebe beieinander, immer in der Hoffnung, dass sie irgendwann ständig zusammenleben könnten. Katja und Richard nutzten jede Möglichkeit, um sich gegenseitig Nachrichten zu übermitteln. Gerade ein halbes Jahr war vergangen, seit Richard und Katja einander begegnet waren, als er unerwartet nach China abreiste. In der gefahrvollen Ferne dachte Richard ständig an seine Ehefrau, fragte in seinen Briefen beharrlich nach ihrem Leben und beruhigt sie, als er merkt, dass sie sich Sorgen macht: «Du hast keinen Grund Angst zu haben… Du brauchst um mich nicht ängstlich sein». Erst zweieinhalb Jahre später kehrte er nach Hause zurück, und das auch nur für zwei Wochen. Inzwischen wusste Katja bereits, wohin ihr Mann fuhr und weshalb. Später wurden Richard Sorge und seine ganze Gruppe verhaftet und ins Gefängnis Sugamo gebracht. Jekaterina Maksimowa erlitt einen schweren Schock, als sie von der Verhaftung ihres Ehemannes Kenntnis bekam. Die Folge war, dass auch alle Freunde, Verwandten, Arbeitskollegen unter Verdacht gerieten. Fast ein Jahr nach Sorges Verhaftung, das war am 4. September 1942, kamen sie mitten in der Nacht zu Katja, als wäre sie die Frau eines Vaterlandsverräters, legten ihr den Befehl zur Durchsuchung und Verhaftung vor. Bei der Haussuchung fanden sie lediglich eine Karte von Moskau sowie ein kleines Kreuz. Als sie Katja wegbrachten, gaben sie ihr noch nicht einmal den Rat, warme Sachen mitzunehmen, obwohl sie ganz genau wussten – dass es für lange Zeit sein würde.

Sorge kam in eine Einzelzelle. Währenddessen saß Katja neun Monate in einer Einzelzelle in der Lubjanka; anschließend wurde sie in die Region Krasnojarsk verbannt. Am 24. Mai schickten sie Katja nach Bolschaja Murta. Genau zu der Zeit entschied das Gericht, wie mit Richard verfahren werden sollte. Auf die Frage, ob er sich selber für schuldig halte, antwortete Sorge: «Nein. Kein einziges japanisches Gesetz wurde von mir verletzt».

Katja fand sich in einer entlegenen Siedlung wieder, die damals aus drei Straßen bestand, ohne Elektrizität und Wasserversorgung. Sie bezog in einer kleinen verfallenen Holzhütte Quartier.

1943 erhielt Katjas Mutter einen bescheidenen Brief: «Guten Tag! Grüße aus Sibirien. Ich teile Ihnen mit, dass Ihre Katja, die sich zur Genesung im Murtinsker Krankenhaus befand, am 3. Juli 1943 verstorben ist. Bitte machen Sie sich nicht so große Gedanken; offenbar war das ihr Schicksal, und auch jetzt verliert das Land tausende Heldinnen und Helden. Wenn Sie Näheres erfahren möchten, schreiben Sie bitte, mit freundlichen Grüßen Jelena Wassiljewna Makejewa». Später bekam Aleksandra Stepanowna einen weiteren Brief. «Ihre Tochter wurde am 29. Mai mit einer durch Chemikalien entstandenen Brandverletzung eingeliefert. Die Behandlung erfolgte auf offenem Wege, d.h. es wurde ein Gestell angelegt, welches das Bettlaken abdeckte… Mitunter entfuhr ihr unter Tränen die Frage: weswegen? Gelegentlich sagte sie, dass sie nur ihre Mutter gern sehen würde… die 450 Rubel, die sie hinterließ, wurden für das Grab, die Bestattung und ein Kreuz verwendet … T. Schukowa».

Jekaterina Maksimowa wurde in Bolschaja Murta begraben. Einige Jahre später wurde das Haus, in dem Verbannte wohnten, abgerissen. Die Stelle, an der Jekaterinas Asche ihre letzte Ruhe fand, ist nur ungefähr bekannt.
Zum Ende seines Gesprächs mit den Kindern sagte Wjatscheslaw Viktorowitsch: «Selbst heute, Jahrzehnte später, gibt es bei uns eine reale Möglichkeit, die Überreste von Jekaterina Maksimowa wiederzufinden und sogar den genauen Grund für ihren Tod zu ermitteln, damit man das Andenken an eine Frau wahren kann, die unter den Rädern der Repressionsmaschinerie ums Leben kam. Man muss anmerken, dass auf dem Territorium des Bezirks zu unterschiedlichen Zeiten Menschen ihre Verbannungsstrafe verbüßten; dort lebten herausragende Personen, die einen kulturellen Beitrag zur Entwicklung des Bezirks leisteten. Und es ist die Aufgabe aller Bolsche-Murtinsker, auch der jungen, die historische Erinnerung wiederherzustellen».

N.J. Medwedewa, Leiterin der Bildungsabteilung der Zentralen Inter-Siedlungs-Bibliothek.
W.N. Polskaja, Bibliothekarin der Bildungsabteilung der Zentralen Inter-Siedlungs-Bibliothek.

«Neue Zeit», ¹ 42, 22.11.11


Zum Seitenanfang