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Die krasnojarsker nicht kommerziellen Organisationen wollen keine ausländischen Agenten sein

james_bond_kvant590.jpgHeute, am 18. Juli, erörtert der Föderationsrat das Gesetz über nicht kommerzielle Organisationen, das die Empfänger von ausländischen Fördermitteln dazu verpflichtet, den Status eines ausländischen Agenten anzunehmen. Unter den gesellschaftlichen Organisationen der Region Krasnojarsk gibt es nicht wenige Nutzer von Fördergeldern ausländischer Spender, wobei es nach den Worten einiger Leiter von nicht kommerziellen Organisationen erheblich einfacher ist, finanzielle Unterstützung aus dem Ausland zu erhalten, als den Weg über die Teilnahme an Subventionswettbewerben russischer Verwaltungsstrukturen zu nehmen.

Wie sich zeigt, sind die Vorsitzenden der regionalen nicht kommerziellen Organisationen nicht einfach nur entrüstet über dieses Gesetzesprojekt, sondern sie halten ihn auch für einen verfassungswidrigen Umschwung, und sind der Ansicht, dass man sie nun dazu zwingt, finanzielle Hilfe nur noch aus verbrecherischen Strukturen, von Banditen, entgegen zu nehmen, denn auf legalem Wege ist der Erhalt von Unterstützungsgeldern jetzt nicht mehr möglich; die kommerziellen Organisationen sprechen jedenfalls davon, dass sie Protestaktionen gegen dieses Gesetz organisieren werden. Nach den Worten von Olga Suworowa, Leiterin zweier nicht kommerzieller Organisationen auf dem Territorium der Region Krasnojarsk, werden die nichtkommerziellen Organisationen auch jetzt schon, ohne die Verabschiedung dieses Gesetzes „ernsthaft in den Schraubstock gespannt“. Alle Mittel, welche die gesellschaftlichen Organisationen erhalten, werden auf staatlicher Eben mit einer Steuer in Höhe von 34,2% sowie einer Einkommensteuer von 13% belegt.

Olga Suworowa erklärt: „Sie treiben die gesellschaftlichen Organisationen so weit, dass wir „schwarz“ zu denen gehen, die uns Geldmittel geben. Und so geschieht es dann, dass unser Staat selbst sich dafür interessiert. Als Leiterin einer Rechtsschutzorganisation und Vorsitzende der Vereinigung „Golos“ kenne in der Region Krasnojarsk gesellschaftliche Organisationen, die aus irgendwelchen banditenhaften Strukturen Geld erhalten und damit die Gesetzgebung umgehen“.

Suworowa teilte mit, dass die nicht kommerzielle Organisation „Obschagi/!“ (bulgar. Bez. F.„Wohnheim“; die Organisation vereinigt Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen, z.B. durch Privatisierung, aus ihren Wohnheimen oder Gemeinschaftswohnungen vertrieben wurden. Anm. d. Übers.) unter ihrer Leitung eine Subvention von der US-Agentur für internationale soziale Entwicklung – USAIED (U.S. Agency for International Development) erhalten hat. „Von ausländischen Organisationen Fördermittel zu erhalten ist sogar einfacher, weil auf lokaler Ebene lobbyistische Strömungen aktiv sind. In der Zeit, wo sich russische Sponsoren mit ihrem „Lokalpatriotismus“ befassen, schauen internationale Geldgeber auf die Ziele und Aufgaben einer nicht kommerziellen Organisation und stellen ohne weitere Fragen Geld zur Verfügung, - fügt sie hinzu. – Der Mythos über irgendeine Zusammenarbeit mit ausländischen Organisationen über diese finanzielle Förderung hinaus existiert seit langem. Während meiner zehnjährigen Tätigkeit im „dritten Sektor“ sind an mich keinerlei Angebote zur Spionage oder anderen Diensten für ausländische Geldfonds an mich herangetragen worden. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass meine gesellschaftlichen Organisationen so oder so als ausländische Agenten abgestempelt werden“.

Nach Suworowas Worten wird sich jetzt eine aktive Welle des Protests unter den nicht kommerziellen Organisationen Russlands erheben. „Die Staatsduma wird gezwungen sein, das Gesetzesprojekt noch einmal zu überprüfen und Korrekturen einzubringen, ein Gesetzesprojekt, das doch nur eine Folge der Angst der Moskauer nach den Demonstrationen auf dem Bolotnaya-Platz und der Sacharow-Straße ist“, merkte die krasnojarsker Aktivistin an.

Aleksej Babij, Chef der krasnojarsker „Memorial“-Gesellschaft – Fördermittel-Empfänger aus der Ford Foundation, ist der Meinung, dass die Initiative der Staatsduma zur Verschärfung des Gesetzes über nicht kommerzielle Organisationen eine „völlig überzogene, hysterische Handlung“ ist. „Diese ganze Serie an Gesetzen – über die nicht kommerziellen Organisationen, das Internet, Demonstrationen – ist sehr dumm und nicht nachvollziehbar. Es ist so weit gekommen, dass die Leute auf einen antikonstitutionellen Umschwung warten. Ich denke, man kann uns dazu verpflichten, den Status eines ausländischen Agenten anzunehmen, aber „Memorial“ hat keineswegs die Absicht, sich als solcher anzuerkennen. Wir machen einfach nur unsere Sache“.

Wie Babij berichtete, ist einer der wichtigsten Bestandteile der Arbeit seiner Organisation – das Zusammenstellen einer kompletten Liste von Repressionsopfern. „Memorial“ arbeitet daran, selbst wenn es dafür keinerlei Gelder erhält. „Wenn uns staatliche Strukturen und ausländische Stiftungen behilflich sind, dann sagen wir nur „danke“, - merkte Babij an. – Dabei entscheiden wir selber, was wir zu tun haben und was nicht. Irgendwelche zusätzlichen Absprachen mit ausländischen Geldgebern sind nicht realistisch. Es existiert der weit verbreitete Irrtum, dass sich auf jener Seite die Auftraggeber, auf der anderen die Ausführenden befinden. Das stimmt nicht“.

Wladimir Michejew, Direktor des Bürgerzentrums für die Nichtverbreitung atomarer Waffen, Empfänger von kleineren Unterstützungsgeldern der US-Botschaft in der Russischen Föderation brachte seine äußerst negative Einstellung gegenüber diesem Gesetz zum Ausdruck. Seiner Meinung nach „versucht die Staatsmacht wieder einmal“, die nicht kommerziellen Organisationen „abzuwürgen“. „Unsere ausländischen Geldgeber besitzen keinerlei Einfluss auf die auf der Internetseite nuclearno.ru veröffentlichten Inhalte. Wir befassen uns mit der Berichterstattung über objektive Informationen, und diese schöpfen wir häufig auf eigene Initiative aus ausländischen Quellen ab, - unterstreicht Michejew. – Wir existieren seit nunmehr zwanzig Jahren, und seitdem haben weder die Regierung noch andere russische Quellen aus auch nur eine einzige Kopeke zukommen lassen. Außerdem haben wir mehrfach Anträge auf Fördergelder der Russischen Atomenergie-Behörde gestellt – es ist völlig sinn- und zwecklos“.

Nach seinen Worten hat die Botschaft der USA bei der Ausgabe der Zuwendung selber eine Bekanntgabe darüber gefordert, dass das Bürgerzentrum für die Nichtverbreitung atomarer Waffen die volle Verantwortung für den Inhalt ihrer Veröffentlichungen trägt, welche keineswegs die Einschätzung oder Meinung der US-Botschaft oder der amerikanischen Regierung widerspiegeln.

Wie Michejew berichtete, wurde das krasnojarsker Bürgerzentrum für die Nichtverbreitung atomarer Waffen bereits im Jahre 2007 von Seiten der regionalen Regierung mit dem Vorwurf der Spionage zu Gunsten der USA und der Ukraine konfrontiert. Damals gewannen die Ökologie-Aktivisten fünf Gerichtsprozesse und hielten auch der Steuerprüfung mit Erfolg stand. Wenn es so weit geht, dass man uns zu ausländischen Agenten erklärt, dann werden wir unsere Organisation ganz einfach liquidieren“, - kündigte er an.

Nach Meinung des Leiters der Agentur für die Realisierung von Programmen zur gesellschaftlichen Entwicklung der Region Krasnojarsk, Konstantin Gurejew, versetzt das neue Gesetz den Aktivitäten der nicht kommerziellen Organisationen einen schweren Schlag. Seinen Worten zufolge, befassen sich gerade nicht kommerzielle Organisationen, die Förder- und Subventionsgelder aus dem Ausland erhalten, ganz real mit aktiven sozialen Tätigkeiten. Aber die Grenze zwischen sozialer und politischer Aktivität ist hinreichend schmal.

„Wenn der Leiter einer gesellschaftlichen Organisation plötzlich bei den Wahlen eine der Oppositionsparteien unterstützt, ist das bereits Politik? Und wenn er die herrschende Partei unterstützt, ist das Politik? Das ist unklar und wird von der Gesetzgebung überhaupt nicht berücksichtigt. Ich bin der Ansicht, dass dieses Gesetz in Widerspruch mit dem föderalen Gesetz „Über nicht kommerzielle Organisationen“ geraten wird“, - verkündete Gurejew.

Photo: kinopoisk.ru

Press-Line 18.07.2012, 14.59


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