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Eine hohe Einschätzung des Meisters

Das Leben eilt dahin. Es verändern sich die Ortschaften, die Einstellung zur Arbeit, den Wissenschaften, der Erziehung. Aber unsere tiefe Verehrung gegenüber denen, die den Großen Vaterländischen Krieg miterlebt haben, ändert sich nicht. Es bleiben die Jahre, denn die Erinnerung an sie lässt auch heute noch die Alten nicht in Ruhe einschlafen. Neben uns leben bemerkenswerte Leute, die in sich die Kraft gefunden haben, in jenen rauen Zeiten ein leuchtendes Beispiel für zukünftige Generationen zu werden.

Der Krieg ging auch an Wyssotino nicht vorüber. Die Männer gingen an die Front, um den Feind zu schlagen, die heimatliche Erde zu verteidigen. Im ersten Kriegsjahr wurden Verbannungsumsiedler deutscher Nationalität von der Wolga in unser Gebiet gebracht – Kinder, alte Menschen, Männer und Frauen unterschiedlicher Alters- und Berufsgruppen. Die Seele des russischen Menschen ist groß. Leid verbindet, und nach und nach fingen alle an, wie eine große Familie zu leben. Kinder, Alte und Frauen arbeiteten für die Front, für den Sieg.

Nach Sibirien ausgewiesen wurde auch die zahlreiche Familie von Viktor Alexandrowitsch Gildermann. Im Herbst 1941 brachte man die Verbannten nach Wyssotino ins Kolchos-Kontor. Untergebracht wurden die Gildermanns in der Wohnung der Schtschelkunows. Sechs Personen wurden in ein einziges kleines, nur neun Quadratmeter großes, Zimmer gesteckt. 1942 holten sie den Vater, Emmanuels Bruder und die Schwester Natascha in die Arbeitsarmee. Die Männer mussten in Reschoty Bäume fällen, die Schwester in einem Schacht Kohle fördern. Maria Martinowna blieb mit Viktor und der dreijährigen Erna zurück. Hilfe konnte von niemandem erwartet werden.

Viktor Alexandrowitsch erinnert sich, dass die Kinderjahre bitter und voller Hunger waren. Im Herbst 1941, als die Ortsansässigen ihre Obst- und Gemüsegärten abernteten, erlaubte man den Verbannten die in der Erde verbliebenen Kartoffeln zu sammeln. Davon ernährten sie sich. Im Frühjahr gruben sie aus dem halbgefrorenen Boden Wurzeln aus, damit sie nur nicht vor lauter Hunger starben. Die Mutter hütete ein Stall im Schaf, transportierte Heu und Brennholz mit Hilfe von Kühen. Der zwölfjährige Viktor ging nicht in die Schule, er nahm eine Tätigkeit als Hilfsarbeiter in der Kolchose „Pobeda“ („Sieg“; Anm. d. Übers.) an. Die Verwandten kehrten erst 1946 nach Hause zurück. Natascha starb plötzlich und unerwartet. Schuld war eine Verletzung, die sie sich im Schacht zugezogen hatte. Der Vater beschäftigte sich mit Kürschner-Arbeiten; außerdem war er ein beachtlicher Schuhmacher. In den Schnürschuhen, Pelzstiefeln und dem leichten Schuhwerk, das er mit seinen Händen geschaffen hatte, lief das ganze Dorf herum. Maria Martinowna galt ebenfalls als Meisterin. Ihre wunderbaren weißen Schals mit Quasten wurden vom ganzen Dorf gern gekauft oder gegen Lebensmittel eingetauscht.

Als die Familie sich nicht mehr kümmerlich in irgendwelchen Quartieren durchschlagen wollte, kaufte sie sich nach dem Krieg eine alte Hütte, die sie mit den Stiefeln des Vaters, einem Anzug und der Nähmaschine bezahlte, die sie wie durch ein Wunder aus Straßburg hatten mitbringen können.

Viktor arbeitete auf der Pferdefarm, wo er junge Fohlen hütete.1946 lernte er seine zukünftige Ehefrau Nastja Rasmanowa kennen. Ihm gefiel das Mädchen mit den großen Augen. Sie heirateten 1952; damals wurde das erste Kind, Erna, geboren. In diesem Jahr feiern die Eheleute das 60. Jubiläum ihres gemeinsamen Ehelebens.

- Er war ein waghalsiger Zureiter, - erzählt Anastasia Jewgenjewna von ihrem Mann. – Mit Leichtigkeit schwang er sich in den Sattel, hielt sich mit einer Hand an der Mähne fest. Nach dem Krieg züchtete man in der Wirtschaft Rassepferde.. Mehrfach brachte Witja die Rotbraunen zur Rennbahn nach Krasnojarsk. Er hatte an den Tieren einen Narren gefressen.

Viktor beendete die Abendschule, machte eine Ausbildung in Nachwalka und belegte Kurse zum Mähdrescherfahrer in Samjatino. Später schickte ihn der Pferdehof in die Region Krasnojarsk, um dort bei den besten Mechanisatoren in die Lehre zu gehen.

Von früh bis spät arbeitete er auf dem Feld. Eine Zeit lang arbeitete bei „Kommunar“ auch Anastasia Jewgenjewna mit ihrem Mann zusammen. Er als Mähdrescherfahrer, sie als Steuerfrau.

Im März 1958 händigte man ihm aufgrund der hohen Arbeitsziffern bei der Zwei-Phasen-Ernte das Diplom eines Meisters aus. Ein Jahr zuvor hatte er an der Ausstellung über die Errungenschaften der Volkswirtschaft in Moskau teilgenommen und von dort eine Medaille mitgebracht. 1960 bekam er den Titel „Bester Mechanisator der Region“ verlieren. Viktor Alexandrowitsch wurde mehrfach Sieger des sozialistischen Wettbewerbs, wofür er mit Ehrenurkunden des Landwirtschaftsministeriums, der Regions- und Bezirks-Parteikomitees ausgezeichnet wurde, und zudem auch Geldprämien erhielt.

Aber die allergrößte Wertschätzung für seine meisterliche Mechanisatoren-Arbeit, seinen Fleiß, erfuhr er mit dem Rotbanner-Arbeitsorden, der ihm 1987 verliehen wurde. Die Auszeichnung bedeutet dem Veteranen sehr viel.

Sein ganzes Leben hat Viktor Alexandrowitsch seine Erfahrungen mit den jungen Menschen geteilt und ist ihnen stets mit gutem Beispiel voran gegangen. Vor einigen Jahren reisten die Gildermanns zu der jüngsten Tochter nach Deutschland aus. Aber sie konnten sich in der Fremde nicht einleben und kehrten in die Heimat zurück.

Jetzt befindet sich der Ordensträger im wohlverdienten Ruhestand und lebt in Suchobusimskoje. Neben ihm befindet sich seine treue Gefährtin, die ebenfalls ein langes, nicht leichtes Leben durchgemacht hat und ein wunderbarer Mensch geblieben ist. Häufige Gäste in ihrem Haus sind – die Kinder, Enkel und Urenkel. Sie bringen Wärme, Freude und gute Laune. Und, wie die Eheleute sagen: man möchte in solchen Augenblicken weiterleben und den Menschen nützlich sein.

Olga Worobjewa, Tatjana Badenkowa

Ortschaft Vyssotino

Foto aus dem Album der Familie Gildermann

„Land-Leben“ (Suchobusimskoje), 03.08.2012


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