Heute finden in Krasnojarsk, ebenso wie überall in Russland, verschiedene Veranstaltungen statt, die zeitlich auf den Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen abgestimmt sind. An ihnen nehmen Vertreter der regionalen Machtorgane, gesellschaftliche Organisationen, Rehabilitierte und ihre Angehörigen sowie Einwohner von Krasnojarsk teil, die den schweren Schicksalen politisch Verfolgter nicht gleichgültig gegenüberstehen.
Am Abend, um 18 Uhr, werden Blumen am Gedenkstein für die Opfer politischer Repressionen niedergelegt; ferner findet ein feierliches Herablassen von Kränzen und brennenden Kerzen auf das Wasser des Jenisej statt. In einer Schweigeminute werden alle Teilnehmer der Begegnung der Umgekommenen und Verstorbenen gedenken.
Der Große Terror – das ist die Zeit der Massenrepressionen und politischen Verfolgungen in der UdSSR in den Jahren 1937-1938, in der hunderttausende Menschen zu Opfern wurden. 1991 wurde auf Anordnung des Obersten Sowjets der RSFSR der Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen offiziell eingeführt. Seitdem werden an jedem 30. Oktober Trauerveranstaltungen durchgeführt, auf denen die Namen der Umgekommenen geehrt und Blumen zum Gedenken an die Menschen niedergelegt werden, die gelitten haben.
In der Region Krasnojarsk leben mehr als 23000 Rehabilitierte, die unter den politischen Verfolgungen zu leiden hatten. Die Organe der Staatsmacht widmen ihnen besondere Aufmerksamkeit, indem sie ihnen Maßnahmen sozialer Unterstützung zukommen lassen.
Wie das regionale Ministerium für Sozialpolitik mitteilte, gibt es gegenwärtig auf regionaler Ebene für rehabilitierte Staatsbürger einen ganzen Maßnahmen-Komplex sozialer Fürsorge; unter anderem werden ihnen monatliche Geldauszahlungen zugesprochen, ein 50%iger Zuschuss zur Miete und zu kommunalen Dienstleistungen, Preisermäßigungen auf Arzneimittel, die aufgrund eines ärztlichen Rezepts verordnet werden, kostenlose Fahrt mit Vorort-Bahnlinien, Erstattung der Fahrkosten innerhalb Russlands (einmal pro Jahr), materielle Hilfe und andere bewilligt.
25.10.2012 Am Vorabend des Tages zum Gedenken an die Opfer politischer Repressionen händigte die Deputierte des Krasnojarsker Stadtrats, Nina Michalewa, an 7 Mitglieder örtlicher Wohltätigkeitsorganisationen für Opfer Dankesschreiben aus. Nach Michalewas Worten verlief die Veranstaltung in herzlicher Atmosphäre: „Die Veranstaltung spielte sich auf einem hinreichend hohen Niveau ab. Die Organisation, die sich mit Problemen von Opfern politischer Verfolgung beschäftigt, führte den Tag des Gedenkens an die Opfer 0politischer Repressionen durch. Alles fand im Palast der Arbeit und Harmonie statt. Es waren unglaublich viele Menschen anwesend. Und eines war klar: das was damals geschah, hat einen schwarzen Fleck in der Geschichte unseres Lanes hinterlassen, den man nicht fortwischen kann. Das Wichtigste ist, dass die Menschen, die hier feierlich zusammengekommen sind, die gelitten haben, nicht verbittert sind, denn Böses bringt ohne Zweifel wieder neue Bosheit hervor, und dass kann erneut zu nationalen Zwistigkeiten und Verfolgungen führen. In unserem Lande gibt es jetzt auch so schon Voraussetzungen dafür, viele Andersdenkende, und deswegen habe ich gestern während der Veranstaltung in den Menschen keinerlei böse Regungen entdeckt – die Leute haben getrauert und sich ihren Erinnerungen hingegeben“.
„Autoritäres Radio“
Am 30. Oktober führt das Krasnojarsker Museumszentrum einen ganzen Zyklus von Veranstaltungen durch, die dem Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen gewidmet sind. Hauptthema der Veranstaltungen war das denkwürdige Datum – 75 Jahre Großer Terror. An diesem Tag finden die Eröffnung der Ausstellung „Nicht-Widersetzung“, der Vortrag „Die Erschießungen von Nowotscherkassk“, ein runder Tisch zum Thema „75 Jahre Großer Terror“ sowie ein Konzert und die Aktion „Erinnerung des Herzens“ statt.
Organisatoren der Veranstaltung: Kulturministerium der Region Krasnojarsk, Krasnojarsker „Memorial“-Gesellschaft für Geschichtsaufklärung und Menschenrechte sowie der Krasnojarsker Museumskomplex für Kulturgeschichte.
Um 13.00 Uhr findet in den Roten Sälen die Eröffnung der Ausstellung „Nicht_Widersetzung“ statt. Autoren des Projekts: Wadim Marjasow, Aleksej Babij. Oksana Budulak. Fotograf: Vladimir Dmitrienko. Das Fotoprojekt stellt eine künstlerische Interpretation der Museumsmitarbeiter zum Thema Massen-Erschießungen dar.
Um 14.00 Uhr wird im Kino- und Vorlesungssaal des Museums der Film „Die Vita der Jefrosinia Kersnowskaja“ aus dem Jahr 2007 gezeigt – ein Dokumentarfilm aus der „Memorial“-Kollektion, Regisseur Vladimir Meletin.
Um 15.00 Uhr hält Ella Zuzkarewa, Vorsitzende der Vereinigung der Rehabilitierten in der Region Krasnojarsk, im Kino- und Vorlesungssaal einen Vortrag zum Thema „Die Nowotscherkassker Erschießungen“.
Um 15.30 Uhr nimmt der runde Tisch seine Arbeit unter dem Motto „75 Jahre Großer Terror“. Leitung: Aleksej Babij. Teilnehmer: Fachleute aus dem Bereich der Geschichte.
Um 16.30 Uhr präsentiert Aleksej Babij den neuen Band „Buch der Erinnerung“, welcher der Entkulakisierung gewidmet ist.
Im 17.00 Uhr gibt das Kollektiv „Krasnojarsker Virtuosen“ ein Konzert. Auf dem Programm stehen Romanzen und Lieder aus der Zeit des Krieges.
Um 18.15 Uhr findet eine feierliche Kranzniederlegung am Gedenkstein für die Opfer politischer Repressionen statt, und um 18.30 Uhr folgt am Ufer des Jenisej die Aktion „Erinnerung des Herzens“, bei der die Organisatoren brennende Kerzen auf den Fluss herabsenken.
Kontakte
Pressedienst des Museums
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Am 30. Oktober wird in Krasnojarsk der Opfer politischer Repressionen gedacht. In den roten Sälen des Krasnojarsker Museumszentrums findet die Eröffnung des Ausstellungsprojekts „Nicht-Widersetzung“ statt, das von Mitarbeitern des Museums sowie Aleksej Babij, dem Vorsitzenden der Krasnojarsker „Memorial“-Gesellschaft für Geschichtsaufklärung und Menschenrechte, als Mitautor ins Leben gerufen wurde. In der Ausstellung befinden sich 14 Schwarz-Weiß-Fotografien, die mit Hilfe von Kleidungsstücken der Abgebildeten ergänzt sind.
Außerdem gehören zum Programm die Vorführung des Films „Die Vita der Jefrosinia Kersnowskaja“ des Regisseurs Wladimir Meletin, ein Vortrag der Vorsitzenden der Vereinigung der Rehabilitierten der Region Krasnojarsk – Ella Zuzkarewa – zum Thema „Die Nowotscherkassker Erschießungen“, eine Diskussion am runden Tisch sowie ein Konzert des Ensembles „Krasnojarsker Virtuosen“.
Um 18.15 Uhr findet eine Kranzniederlegung am Gedenkstein für die Opfer politischer Repressionen statt – und um 18.30 Uhr die Aktion „Erinnerung des Herzens“ am Ufer des Jenisej. Die Organisatoren werden dort brennende Kerzen auf den Fluss herablassen.
Die Veranstaltungen erfolgen mit Unterstützung des Kulturministeriums der Region Krasnojarsk und unter Mitwirkung des Zentrums für internationale und regionale kulturelle Verbindungen.
NKK (Unsere Region Krasnojarsk), 30.10.2012
Jelena Wlassowo, Anastasia Lipatowa, Jurij Warlamow, Liudmila Koschewnikowa, Anna Achpaschewa
Gebiet Nowosibirsk
Im Gebiet Nowosibirsk sind heute mehr als 20.000 Menschen offiziell als Opfer politischer Repressionen anerkannt. Jedes Jahr, am 30. Oktober, versammeln sich diejenigen, die in der Lage sind zu kommen, hier am Gedenkstein. Sie gedenken derer, die schon nicht mehr am Leben sind, spreche über die Notwendigkeit, die Geheimhaltung der Archive aufzuheben und über die Hoffnung Auf Wiederkehr der vor einigen Jahren gekürzten Vergünstigungen. Heute erhält diese Kategorie der Bewohner von Nowosibirsk monatlich einen Teil der Kosten für die Kommunale Wohnungswirtschaft und für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erstattet. Einmal im Jahr können sie kostenlos mit dem Zug auf dem gesamten Landesterritorium fahren. Die Kosten dafür trägt die Gebietsverwaltung. Und buchstäblich am Vorabend des Gedenktages hat die Regierung den Rehabilitierten noch eine weitere Vergünstigung angeboten.
Sergej Pychtin, Minister für soziale Entwicklung der Region Nowosibirsk: „Die Möglichkeit einer Kostenerstattung für die Zugbenutzung nicht nur bei der Eisenbahn, sondern auch die Übernahme von 50% der Fahrkosten auf dem Wasserwege, per Luft oder mit dem Auto. Unabhängig von den Bahnverbindungen“.
Aber es geht hier nicht nur um Vergünstigungen. Wichtig ist, dass die Nachfahren diese Seite der Geschichte nicht vergessen. Gerade deswegen haben viele in der Öffentlichkeit Tätige den Beschluss der Behörden mit Ablehnung aufgenommen, das Territorium, auf dem einst viele Jahre das Gebäude des Durchgangsgefängnisses stand, zur Bebauung frei zu geben. Der neue Eigentümer des Grundstücks hat entschieden, hier ein mehrgeschossiges Haus zu errichten und das alte Gebäude dem Erdboden gleich zu machen. Er hat übrigens versprochen, an der Wand des zukünftigen mehrstöckigen Hauses eine Gedenktafel anzubringen oder eine kleine Räumlichkeit für ein Museum politischer Häftlinge zur Verfügung zu stellen. Mitarbeiter der Öffentlichkeit sammeln bereits Materialien zur Geschichte. Angehörige ehemaliger Politgefangener sind bereit, Fotografien, Briefe und persönliche Gegenstände dafür zu stiften. Allerdings ist die Frage, wo die Exposition stattfinden soll, einstweilen noch nicht geklärt. Vielleicht findet sich dafür ein Platz in dem Gebäude, das anstelle des alten Durchgangsgefängnisses gebaut werden soll, aber möglicherweise wird man die Objekte auch in einem der Nowosibirsker Museen unterbringen.
Gebiet Omsk
Im Gebiet Omsk leben heute fast 16.000 Personen, die auf die eine oder andere Weise unter politischen Verfolgungen zu leiden hatten. Viele, die einst den Stempel „Volksfeind“ trugen, sind heute bereits nicht mehr am Leben.
Insgesamt wurden in der für das Land so schweren Zeit fast 32.000 Omsker zu Opfern des totalitären Regimes, mehr als 7.000 davon wurden erschossen, die übrigen verhaftet und in Lager verschleppt. Heute existieren in Omsk für die Opfer des Terrors verschiedene Maßnahmen sozialer Unterstützung: monatliche Auszahlung von Geldmitteln, Mietzuschüsse, Vergünstigungen bei den kommunalen Diensten, Kostenerstattung bei der Telefoneinrichtung, außerordentliche Bewilligung kostenloser medizinischer Hilfe sowie kostenlose Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Heute gedenken die Omsker der Opfer politischer Repressionen auf traditionelle Weise – sie legen Blumen und Kränze am Monument nieder, das zu Ehren jener errichtet wurde, die unschuldig unter dem Stalinistischen Regime gelitten haben.
Altai-Gebiet
Von 1919 bis 1965 waren mehr als 250.000 Menschen unterschiedlichen Repressionen im Altai-Gebiet ausgesetzt. Zum Vergleich – es starben etwa ebenso viele unserer Landsleute in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges.
Angaben zu Repressionsopfern werden bislang im Buch der Erinnerung“ gesammelt und ergänzt; übrigens ist unsere Region unter den ersten, welche damit angefangen hat, Informationen über politisch Verfolgte wiederherzustellen. Vor zwei Jahren wurde in der Regionshauptstadt ein Denkmal zu Ehren der Opfer politischer Repressionen eingeweiht. Auch die Familie des Urhebers der Skulptur wurde enteignet und in die Altai-Region verschleppt. Auch heute wird man sich an die Opfer der Repressionen erinnern. Auf dem Platz, am Denkmal, wird eine feierliche Totenmesse gehalten. In zahlreichen Museen wurden bereits Ausstellungen zum Thema „Unschuldig Getötete“ eröffnet. Dort kann man persönliche Sachen, Dokumente und sogar sterbliche Überreste sehen.
Die Bewohner des Altai-Gebiets wurden in den Norden geschickt – dort sollten sie an grandiosen Bauprojekten mitwirken. An ihre Stelle schickte man ins Altai-Gebiet neue Menschen, die ebenfalls den Stempel „Volksfeind“ trugen. Die Listen der Repressionsopfer wachsen ständig weiter. Aber wir werden kaum erfahren, wie viele tatsächlich gequält und umgebracht wurden.
Region Krasnojarsk
Norilsk weiß, wie keine andere Stadt in Russland, was die Stalinistischen Repressionen bedeuten. Denn es entstand und entwickelte sich auf den Knochen hunderttausender Häftlinge. Durch den Willen des Schicksals wurde unsere Stadt zu einer der Inseln des großen Archipels GULAG. Jetzt ist es schon schwierig, die genaue Zahl der Menschen zu nennen, welche die Norilsker Lager durchlaufen haben. Historiker nennen unterschiedliche Ziffern – zwischen 300.000 und 500.000 Menschen.
Die dem Tag des Gedenkens an die Opfer politischer Repressionen gewidmeten Veranstaltungen beginnen einen Monat vor dem traurigen Datum. Ausstellungen von Kinderzeichnungen, Gedenk-Unterricht in den Schulen, Vorlesungen zum Thema für Studenten, Begegnungen mit Zeugen jener schrecklichen Ereignisse. Leider gibt es in der Stadt heute nur noch 8 Personen, die einst Häftlinge des Norillag waren. In dieser ganzen Zeit werden Menschen zum Norilsker Golgatha, am Fuße des Schmidt-Berges, kommen, wo sich früher der größte Gefangenen-Friedhof befand. Sie legen dort Blumen nieder, gedenken der vielen hunderttausend Menschen, die nicht zerbrochen sind, sie sich vom Schicksal nicht haben entwurzeln lassen. Diese Menschen haben nicht nur die Geschichte des Nordens, sondern des ganzen Landes gestaltet. Gumiljew, Fjodorowskij, Urwanzew, Schschenow, Smoktunowskij und viele, viele andere.
Republik Chakassien
Die politischen Verfolgungen in Chakassien begannen bereits Ende der 1920er Jahre und nahmen 1937-1938 an Grausamkeit zu. Die Zahl der Opfer politischer Repressionen liegt nach letzten Angaben bei über 60.000. Es ist offensichtlich, dass die genaue Zahl niemals ermittelt werden wird.
Unter den tausenden von Familiennamen am Memorial in Abakan gibt es nicht wenige bekannte Leute. Männer, die in den 1930er Jahren an der Spitze der Republik standen, stattliche gesellschaftliche Akteure, der ganze Stolz des chakassischen Volkes. Hier findet sich auch der Name von Michail Grigorewitsch Torosow, seinerzeit Vorsitzender des Gebietsexekutiv-Komitees. Klara Michailowna war im Todesjahr ihres Vaters gerade einmal 8 Jahre alt.
Klara Torosowa, Tochter von M.G. Torosow: „Die Haussuchung begann unverzüglich und in völlig rücksichtsloser Art und Weise. Sie warfen sogleich alle Bücher auf den Boden, nachdem sie sie einzeln durchgeschüttelt hatten. Und dann dieser Baranow. Aber trotzdem kam es auch bei ihnen gelegentlich vor, dass sie ein gewisses Mitleid zeigten. Er kommt heran und sagt: weine nicht, Mädelchen, dein Papa kommt ja wieder“.
Das war gelogen. Genau wie all die Beschuldigungen, die gegen Torosow erhoben wurden. Mehrere Tage verbrachte er, zusammen mit anderen, in Verliesen auf heimischem Boden. Anschließend brachte man die Häftlinge unter dem Schleier der Nacht nach Krasnojarsk. Gerichtsprozess. Erschießung. Stumme Zeugen jener Ereignisse – die Gebäude aus den dreißiger Jahren in Abakan, die bis heute erhalten geblieben sind.
Nach Meinung der Historiker muss man diesen Bezirk wenigstens in jenem
Zustand erhalten – als Ort, an dem Abakan seinen Anfang nahm, und als Ort, an
dem so unendlich viele Schicksale zerbrochen wurden.
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