In Usinsk gerieten 800 Menschen unter die Walze der Repressionen
Am 30. Oktober fand in der Ortschaft Wjerchneusinskoje eine feierliche Zusammenkunft anlässlich der Einweihung eines Denkmals zu Ehren der Opfer der politischen Repressionen statt. Zu dieser Veranstaltung kamen Menschen unterschiedlicher Generationen, unter anderem auch Kinder von Repressionsopfern.
Eröffnet wurde die Versammlung vom Oberhaupt des Wjerchneusinsker Dorfrats Aleksander Jekimow. Er merkte an, dass, laut Archivdokumenten, 345 Personen aus dem Usinsker Bezirk unbegründeten Verfolgungen in den 1930er bis 1940er Jahren ausgesetzt waren, von denen 188 erschossen wurden. „Die Erinnerung an sie sollen wir in unseren Herzen tragen und sie an die nächste Generation weitergeben, - unterstrich er. – Das ist nicht nur bei den Rehabilitierten und ihren Angehörigen erforderlich, sondern innerhalb der Gesellschaft als Ganzes, um die Lehren aus der Geschichte zu ziehen und ihre schrecklichen Fehler nicht zu widerholen“.
Unter den Rednern befanden sich auch der Deputierte des Jermakowsker Bezirksrats W. Romanenko, der Vorsitzende des Öffentlichkeitsrats bei der Dorfrats-Administration W. Kruglik, sowie die Rehabilitierten Jelisaweta Oodakaj und Iwan Kaschirin.
Die Idee zur Schaffung eines Denkmals reifte bereits vor langer Zeit heran. An seine Verwirklichung machten sich schließlich Wassilij Romanenko und die Deputierte des Wjerchneusinsker Dorfrats Jelena Krapiwina. Das Denkmal wurde von einem ortsansässigen Meister – den „goldenen Händen“ von Jewgenij Fedko – gefertigt. Für die ganze Arbeit gingen zwei Monate ins Land. Das wie eine glockenähnliche Kuppel aussehende Denkmal symbolisiert die Trauer und den Verlust über die unschuldig Verschleppten, Angeklagten und zur Erschießung Verurteilten (für sie erklingt die Glocke).
Das Recht auf die Einweihung des Denkmals wurde den Einwohnern gewährt, deren Angehörige Verfolgungen ausgesetzt waren und später rehabilitiert wurden: Jekaterina Karagodina (Murygina), Wassilij Jekimow, Faina Bogojawlenska (Michailowa), Jelisaweta Oolakai, Anna Wjelikowa.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Usinsk dicht besiedelt, die Einwohner befassten sich mit Ackerbau. Hier gab es mehrere Mühlen, eine Kirche, drei Schulen, ein Krankenhaus. Der Erste Weltkrieg und die Revolution des Jahres 1917 brachten keine existentiellen Verluste mit sich. Der erste ohrenbetäubende Schlag in der weiteren Entwicklung des Ortes war die Kollektivierung in den 1930er Jahren. Den zweiten Schlag versetzten ihm die Massenrepressionen der Jahre 1937-1938.
Entkulakisiert (als Großbauern enteignet; Anm. d. Übers.) wurden die Familien
Gorbunow – Isot Petrowitsch, Wikul Isotowitsch, Iwan Aleksejewitsch, Iwan
Grigorewitsch. Isot Petrowitsch und Wikul Isotowitsch wurden gemeinsam mit ihren
Familien in die Region Tomsk verschleppt. Iwan Aleksejewitsch verurteilte man zu
10 Jahren Besserungs-/Arbeitslager (ITL), von wo er nicht mehr zurückkehrte
(sein Todesdatum ist nicht bekannt).
Awdej Wenediktowitsch Schischigin wurde 1933 verhaftet und zu fünf Jahren
Konzentrationslager verurteilt, Semjon Fjodotowitsch Schischigin – 1938 (weitere
Informationen sind nicht vorhanden).
Aleksander Nikandrowitsch Polew wurde 1933 verhaftet und zu zehn Jahren ITL
verurteilt. Wassilj Konstantinowitsch Polew – Sohn des Kulaken (Großbauer; Anm.
d. Übers.) wurden 1931 die Wahlrechte entzogen, er selber ausgewiesen. 1938
verurteilte man ihn zu acht Jahren ITL. Iwan Konstantinowitsch Polew wurde 1933
wegen Schädlingstätigkeit angeklagt und zu fünf Jahren ITL verurteilt. Michail
Konstantinowitsch Polew wurde 1935 wegen Sabotage beim Korn-Dreschen und der
staatlichen Getreide-Abgabe angeklagt, 1936 wurde der Fall eingestellt.
Afanasij Andrejewitsch Jekimow verurteilten sie 1932 zu fünf Jahren ITL nach § 79 des Strafgesetzes; sein Besitz, Haus und Hof wurden requiriert. 1938 wurde Afanasij Andrejewitsch nach wiederholter Verhaftung erschossen.
Jakow Afanasjewitsch Jelisejew wurde im Jahre 1931 als Großbauer zusammen mit Ehefrau und fünf Kindern enteignet und ins Gebiet Tomsk ausgewiesen. Iwan Jakowlewitsch Jelisejew wurde 1936 verhaftet; der Fall wurde 1937 eingestellt. Fedot Jemeljanowitsch Jelisejew entzog man 1933 die Wahlrechte, gab sie ihm 1935 zurück, verhaftet ihn 1938 und erschoss ihn. Iwan Jakowlewitsch Ochotnikow wurde 1930 mit seiner Frau und sieben Kindern in die Siedlung Suchoretschenskij im Tomsker Gebiet verschleppt. 1937 wurde er verurteilt und erschossen. Olimpij Iwanowitsch Ochotnikow wurde 1930 in den Turuchansker Bezirk ausgewiesen und 1938 erschossen. Terentij Wasiljewitsch Ochotnikow wurde enteignet und mit seiner Familie in die Moscharser Kommandantur ausgewiesen, von wo er 1934 nach Tuwa flüchtete; man verurteilte ihn zu zwei Jahren wegen Grenzübertritt. 1936 wies man ihn in die UdSSR aus, verhaftete ihn 1937 in der Steschenko-Sache und erschoss ihn.
Jegor Ignatewitsch Schatoxin wurde in der Ortschaft Jermakowskoje geboren, arbeitete in der Kolchose „Bolschewik“ in Wjerchneusinskoje; 1938 wurde er erschossen. Pawel Pawlowitsch Schatoxin entzogen sie 1931 die Wahlrechte und, wiesen ihn mit Ehefrau und sechs Kindern ins Gebiet Kemerowo aus. 1935 wurde er wegen Fluchtversuch verhaftet, 1937 erschossen.
Die Familie Durnew – Konstantin Kusmitsch, Anatolij Konstantinopwitsch, Jewgenij Konstantinowitsch – wurde ins Tomsker Gebiet ausgewiesen. Dmitrij Wasiljewitsch Schtschedruchin wurde 1938 verhaftet. Iwan Sacharowitsch Kryzin erschoss man 1938. Daniil Michailowitsch Kusowlew wurde 1935 zu fünf Jahren ITL verurteilt. Annan Archipowna Kusowlewa wurde 1935 der Sabotage angeklagt; eine Urteilsentscheidung zu diesem Fall gibt es nicht. Die Kolodkins – Aleksandr Jegorowitsch, Aleksandr Nikitowitsch, Afanasij Sawinowitsch, Wasilij Nikitowitsch, Agrafena Afanasjewna, Agrepina Afanasjewna – wurden 1931 ins Tomsker Gebiet ausgewiesen.
Die Schicksale hunderter Familien wurden erbarmungslos verstümmelt. Allein im Zeitraum zwischen den 1930er und 1950er Jahren gerieten nach dem von Jelena Romanowa, Geschichtslehrerin an der Wjerchneusinsker Schule, vorgelegten Material etwa 800 Menschen unter die Räder der Repressionen. Daher wird die Arbeit an einer vollständigen Liste der Opfer der politischen Repressionen fortgesetzt.
Es ist unsere moralische Pflicht, all denen, die unschuldig zu leiden hatten, ihren guten Namen zurückzugeben, die helle Erinnerung an sie zu bereinigen.
Jelena Krapiwina
Lehrerin an der Wjerchneusinsker Mittelschule
„Niwa“ (Jermakowsker Bezirk), 3. November 2016