Vom 12. Bis 17. Juli war auf dem Territorium des Kuraginsker Bezirks eine historisch-kulturelle Expedition der Pädagogischen W.P.-Astafjew-Universität Krasnojarsk unter der Leitung der Lehrstuhl-Leiterin für vaterländische Geschichte und Doktorin der Geschichtswissenschaften, J.L. Sberowskaja, unterwegs.
Der Arbeit der Expedition auf dem Territorium des Bezirks war eine Begegnung mit Vertretern der Bezirksverwaltung, der Sozialbehörde, der Filiale der Minusinsker Deutschen Gesellschaft „Wiedergeburt“, Heimatkundlern und Archivmitarbeitern vorausgegangen, die im Bezirksarchiv stattfand.
Bei dieser Zusammenkunft sprach J.L. Sberowskaja über die Ziele und Aufgaben der Expedition. „Die Expedition wird im Rahmen des Projekts „Ethnische Gruppen in Sibirien: Bedingungen für den Erhalt der kulturellen Erinnerung“ realisiert“, - merkte Jelena Leonidowna an; das Projekt wird unter der Ägide des regionalen Wettbewerbs „Russische Machtstellung wird Sibirien und das Eismeer zusammenwachsen lassen“.
Unsere Aufgabe ist das Sammeln von Erinnerungen verfolgter Bürger anhand ihrer Familiengeschichte. Die Mitglieder der Expedition werden mit Erlaubnis der Befragten für Forschungszwecke Tonaufnahmen von den Interviews machen. Im weiteren Verlauf werden die Tonaufzeichnungen und ihre transkribierten Kopien in unserer pädagogischen Universität aufbewahrt und werden der elektronischen Datenbase des Projekts zur akademischen Nutzung zugeführt.
Vom 9. – 11. Juli waren wir im Bereich des Bezirks Karatus tätig. Aber nun sind wir zu Ihnen gekommen und werden diesem Bezirk, der um einiges größer ist, ganze sechs Tage widmen“.
Ein Mitglied der Expedition, der Vorsitzende der Krasnojarsker Regionalfiliale der „Memorial“-Organisation, A.A. Babij, merkte an, dass die Aufmerksamkeit und das Interesse für die Repressionen der Sowjet-Ära in der Gesellschaft nicht nachgelassen haben. Die regionale Krasnojarsker „Memorial“-Gesellschaft stellt seit nunmehr dreißig Jahren eine Datenbase verfolgter Bürger zusammen, auf deren Grundlage mit finanzieller Unterstützung der Regionalverwaltung bereits 14 Bände des Buches der Erinnerung herausgebracht werden konnten einige Bücher des letzten Bandes hat er vorbeigebracht und dem Archiv geschenkt). Ziel seiner Arbeit ist das Einscannen von Archiv-Dokumenten des Bezirks-Archivs, welche die Datenbase über enteignete Bürger vervollständigen.
Aleksej Andrejewitsch unterstrich, dass man im Kuraginsker Bezirk dem Sammeln und Aufbewahren von Dokumenten aus der Repressionsperiode eine Menge Aufmerksamkeit widmet; eine Bezirkskommission ist aktiv mit der Wiederherstellung der Rechte rehabilitierter Bürger beschäftigt. Der Kuraginsker Bezirk ist der einzige auf dem Territorium der Region Krasnojarsk, wo ein Buch der Erinnerung über die Enteigneten zusammengestellt wurde.
Die Kompetenz zur rechtlichen Beurteilung der Repressionsperiode auf Grundlage der Erinnerungen von Befragten oblag dem Mitglied der Expedition, der Leiterin des Lehrstuhls für Politologie und Recht der pädagogischen Universität, M.W. Konstantinowna, die in sorgfältiger und professioneller Weise mit den entschlüsselten Aufzeichnungen arbeitete.
Zur Expedition gehörten auch die beiden Aspiranten der pädagogischen Universität J. Franz und D, Swirina, die großes Interesse am unmittelbaren Kontakt mit den Kuraginskern bekundeten. Sie hatten keine Angst vor den Strapazen der Expeditionsarbeit und scheuten sich nicht davor, den ganzen Tag, mitunter bei schlechtem Wetter, durch unbekannte Ortschaften zu navigieren und Interviews aufzuzeichnen, sie abends zu bearbeiten, sich von Marschverpflegung zu ernähren, zu einer Zeit, in der ihre Altersgenossen sich ausruhen.
Es muss erwähnt werden, dass die Mitglieder der Expedition sich äußerst korrekt gegenüber den Bürgern verhielten, sich offiziell vorstellten, Dokumente vorlegten, und sogar die schriftliche Einwilligung der Befragten über die Bedingungen der Tonaufnahmen einholten – mit Angabe ihrer Telefonnummer für den Fall, dass später noch Fragen aufkommen sollten.
Während ihrer Tätigkeit auf dem Territorium des Bezirks verbrachten sie einige Zeit bei den Bürgern der Siedlungen Kuragino und Bolschaja Irba sowie der Ortschaft Marinino.
Die Fahrt der Expeditionsmitglieder in die Ortschaft Marinino organisierte der Vorsitzende des Bezirksrats der Veteranen, W.N. Lyssenko. Empfehlungen für die Besuche bei den Einwohnern von Marinino bereitete die Vorsitzende des Marininsker Veteranenrats W.A. Lapschina vor. Unter ihrer Mitwirkung gelang es, Tonaufnahmen mit Erinnerungen der Nachfahren von repressierten Deutschen zu machen, die während des Großen Vaterländischen Krieges aus dem Wolgabeiet deportiert wurden.
Wie Jelena Leonidowna anmerkte, wurden die Expeditionsmitglieder von den Einwohnern der Ortschaften, ungeachtet ihres schweren Schicksals, gastfreundlich empfangen – sie teilten ihre Erinnerungen mit ihnen und tranken gemeinsam Tee. Ebenso hob sie hervor, dass die rehabilitierten Bürger mit großer Wärme von ihrer Teilnahme am Tag des Gedenkens für die Opfer der politischen Repressionen berichteten, der jedes Jahr in Kuragino abgehalten.
Am 17. Juli trafen die Mitglieder der Expedition im Bezirksarchiv mit Heimatkundlern und Pädagogen zusammen, die mit begabten Kindern auf dem Gebiet der historischen Heimatkunde arbeiten. Es fand eine sehr nützliche und inhaltsreiche Unterhaltung über die Entwicklung der Heimatkunde, über Zusammenarbeit mit dem Bezirkszentrum für Ressourcen, die Mitwirkung von Lehrkräften an der Vorbereitung von Forschungsarbeiten statt, welche Mitarbeiter der pädagogischen Universität leisten.
Die Leiterin der Expedition, J.L. Sberowskaja, berichtete den Anwesenden aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung von der Themenwahl für die Forschungen, die Festlegung der Ziele und Aufgaben, Hypothesen usw. Sie wünschte für die Kuraginsker Schüler, dass diese sich aktiver an schulischen und regionalen Olympiaden, Wettbewerben bewerben mögen, um ihren Horizont und ihre Kenntnisse zu erweitern, und für die Lehrkräfte – das Streben nach zusätzlichem Unterricht für die Schüler. Zum Abschluss der Begegnung händigte Jelena Leonidowna den Teilnehmern Schreibblocks mit dem Logo der pädagogischen Universität aus.
Die Mitglieder der Expedition zeigten großes Interesse an den Dokumenten des Bezirksarchivs. Fachleute des Archivs hatten für sie eine Ausstellung über den Zeitraum der Repressionen vorbereitet, auf der 18 Original-Akten aus dem Zeitraum 1933-2012 vorgestellt wurden. Außerdem erzählten sie den Gästen von der Arbeit der Bezirkskommission für die Wiederherstellung der Rechte von rehabilitierten Opfer der politischen Repressionen, welche seit 1992 im Bezirk tätig ist. Ihre Arbeitsergebnisse wurden ebenfalls auf der Ausstellung gezeigt.
Praktisch jeden Tag arbeiteten die Expeditionsmitglieder mit Archivdokumenten. J. Franz erforschte Unterlagen der Sowchosen „Kuraginskij“ und „Juschnij“, der Kolchose „Komintern“, Bücher über die Verleihung von Regierungsbelohnungen an Kuraginsker Bürger, unter anderem auch an Mütter mit zahlreichen Kindern. D. Swirina machte sich mit Dokumenten aus dem persönlichen Bestand von N.K. Michailow bekannt – Teilnehmer am Großen Vaterländischen Krieg, der gegenwärtig in Deutschland lebt.
J.L. Sberowskaja las aufgeregt die Personenakte ihres verfolgten Urgroßvaters – dem aus der Ortschaft Butyrak stammenden W.W. Malygin.
Den größten Teil er Zeit innerhalb der Expedition verbrachte A.A. Babij mit den Archiv-Dokumenten. Er sah 97 Dorfrats-Akten aus der Zeit der Repressionen durch und scannte sie ein, ebenso Listen von Arbeitssiedlern des Artemewsker Bergwerks. Im weiteren Verlauf wird auf Basis dieser Dokumente von den „Memorial“-Mitarbeitern eine alphabetische Liste mit den Nachnamen der Bürger erstellt und in die bestehenden Datenbasen eingefügt. Für 2019 plant Aleksej Andrejewitsch für mehrere Wochen zu uns in den Bezirk zu kommen, um die Personenakten und Meldekarten der Repressionsopfer zu bearbeiten, welche im Archiv etwa 2000 Aufbewahrungseinheiten umfassen.
„Im Kuraginsker Archiv sind am Vollständigsten einzigartige Dokumente zur Periode der Repressionen verwahrt, die es in anderen Regionen nicht gibt. Darunter befinden sich Karten der Verfolgten sowie Listen der Arbeitssiedler des Artemewsker Bergwerks und der Ust- Moscharsker Sonder-Kommandantur. Bei sachgemäßer Bearbeitung dieser Dokumente, wie sie von uns durchgeführt wird, werden sie den Bürgern zugänglich gemacht und viele Nachfahren der einst Verfolgten können vom Schicksal ihrer Vorfahren Kenntnis bekommen“.
A.L. Sberowskaja und A.A. Babij sind unsere Landsleute. Viele Jahre schon arbeiten sie mit dem Bezirksarchiv zusammen. Sie schicken uns Dokumente zur Periode der Repressionen, die sie aus regionalen Informationsquellen eruiert haben. In der „Memorial“-Organisation haben sie das Buch der Erinnerung zur Entkulakisierung von Bürgern des Bezirks eingescannt und es freundlicherweise dem Bezirksarchiv zur Verfügung gestellt. Ebenso leistete man jedes Jahr den Kuraginsker Schülern Mithilfe bei der Teilnahme am Allrussischen regionalen Wettbewerb „Der Mensch in der Geschichte. Russland im 20. Jahrhundert“.
Die Arbeit, die auf dem Territorium des Bezirks von der Expedition geleistet wird, ist sehr wertvoll und wichtig – in erster Linie für den Bezirk und seine Bürger, denn eine bedeutungsvolle Menge an Archiv-Dokumenten wird von den Mitgliedern der Expedition qualitativ und professionell abgearbeitet und wird im weiteren Verlauf in eine Struktur gebracht; gesammelt werden auch die Erinnerungen von mehreren Dutzend Personen. Die vorliegenden Dokumente werden in Datenbasen hinterlegt und können von Heimatkundlern abgefordert werden.
Zum Abschluss ihrer Tätigkeit auf dem Territorium des Bezirks hinterließen die Mitglieder der Expedition ein positives Echo im Buch der Ehrengäste des Kuraginsker Archivs, besuchten den Bezirkspark des 40. Jahrstages des Sieges und legten Blumen am Gedenkzeichen für die Opfer der politischen Repressionen nieder.
„Die Aufgaben, die wir uns vor Antritt der Expedition gestellt haben, sind erfüllt worden, - zog J.L. Sberowskaja Bilanz. – Wir sind mit einst verfolgten Bürgern zusammengetroffen, haben Erinnerungen gesammelt, hatten begegnungen mit der Öffentlichkeit, Heimatkundlern und Lehrkräften der Bezirksschulen. Wir danken der Bezirksverwaltung, der Sozialbehörde, dem Bezirksarchiv, dem Bezirksrat der Veteranen für ihre Mithilfe und hoffen auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit“.
A.J. Kaljuga
"Deine Argumente" - 19.07.2017 - ¹ 29