Geboren am 1. Oktober 1927.
Lebte bis zur Deportation im Gebiet Saratow, Kamenezker Kreis, in der Ortschaft Pauer (Bauer).
Die Familie bestand aus 8 Personen (2 Erwachsenen, 6 Kindern – sie hatte 3 Schwestern und 2 Brüder).
Die Eltern bewirtschafteten ein kleines Grundstück und hielten Vieh: drei Kühe, Schweine, Hühner.
Es kam der Tag, an dem in der örtlichen Zeitung eine furchterregende Nachricht erschien. Alle Dorfbewohner sollten unverzüglich das Allernötigste zusammenpacken, da sie in Kürze ihre Heimat zu verlassen hätten. Es gelang ein paar Sachen mitzunehmen: das Spinnrad von dem alten Tantchen, Kinder-Stickereien und noch irgendwelche Habseligkeiten.
Und so wurde die Familie Adolf, zusammen mit vielen anderen Bewohnern aus dem Dorfe Bauer auf einen Lastkahn verfrachtet. Sie fuhren auf dem Fluß Wolga entlang und ließen ihre heimatlichen Gefilde hinter sich zurück. Auf dem Lastkahn herrschten „unmenschliche Bedingungen“ (die Menschen wurden wie Vieh behandelt).
Jekaterina Georgiewna kann sich nicht erinnern, wie lange sie auf dem Fluß schwammen. Später stiegen sie um auf einen Zug, in Waggons, die für den Transport von Vieh gedacht waren. Darin waren zweigeschossige Pritschen aufgestellt. Nach einiger Zeit gelangten sie in den Kreis Kuragino, in das Dorf Norta. Nach den Worten von Jekaterina Georgiewna waren die Menschen dort einfach bemerkenswert – sie begrüßten sie mit warmem Essen und einem Tässchen Suppe. Aufgrund des extremen Klimawechsels starben einige der Angekommenen. Nachdem sie ein Jahr in Norta verbracht hatten, wurden sie von dort erneut fortgerissen und nach Kolmogorowo geschickt. Jekaterina Georgiewna sagt aus, „dass dort nur Unmenschen lebten“. Hatten sie in Norta in geräumigen Baracken gewohnt, so hetzte man sie hier unter Wachbegleitung ins Klubhaus, in dem 8 Familien untergebracht waren. Die vorübergehend eingesetzten Wachsoldaten versäumten keinen einzigen Moment, sich in boshafter Weise über ihre Gefangenen lustig zu machen: sie schlugen sie mit Stöcken, warfen sie von der Brücke ins Wasser, ließen sie hungern. Im großen und ganzen war das Leben hier sehr, sehr schwer.
Als sie sich einmal die umgegrabenen Gemüsegärten ansahen, mit dem Ziel irgendetwas Eßbares zu finden, stießen sie auf einen äußerst bösartigen Mann, der eine der Freundinnen Jekaterina Georgiewnas übel zurichtete, so dass sie ihr Leben lang Invalidin blieb.
Die letzten Sachen, die sie aus ihrer Heimat hatten mitnehmen können, tauschten sie gegen Kartoffelschalen und ähnliche Essensreste. Nachdem sie ein Jahr in Kolmogorowo zugebracht hatten, transportierte man sie mit großen Booten nach Fomka, wo Jekaterina Georgiewna in der Sowchose arbeitete. Sie lebten in einer Baracke – drei Kilometer von Fomka entfernt. Und jeden Tag ging Jekaterina Georgiewna zufuß zur Arbeit. Alle Arbeiter bekamen 500 Gramm Brot, die nichtverdienenden Familienmitglieder – 200 Gramm.
Nach dem Krieg hatten die Adolfs eine eigene kleine Wirtschaft. Jekaterina Georgiewnawundert sich noch heute, wie sie unter derart unmenschlichen Bedingungen überleben konnte. Oft denkt sie an den Kommandanten Zimbalow, bei dem sie sich während des Krieges einmal pro Wohe melden und registrieren lassen mußte. Als der Krieg beendet war, schlug man vielen vor, i ihre historische Heimat zurückzukehren. Die Menschen fanden sich vor eine schwere Wahl gestellt – in die Heimat zurückzugehen oder sich endgültig hier niederzulassen.
Jekaterina Georgiewna ist nicht nachtragend – sie sagt, „was gewesen ist, das ist vorbei. Hauptsache man ist gesund“. Sie weiß, welche Sondervergünstigungen ihr zustehen und wie man sie nutzt. Sie ist gegen eine Abschaffung dieser Vergünstigungen und gegen gegen ihre Umwandlung in Kompensationszahlungen.
Hausadresse: ul. Matrosowa 51/2.
Es existiert ein Foto.
04.07.04
Die Befragung wurde durchgeführt von T. Kazupij, S. Moisejew (historische Abteilung der Jenisejsker Fachschule für Pädagogik)
Erste Forschungsexpedition für Geschichte und Menschenrechte