Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Русский

Verbannungs- / Lagerhaftbericht von Jekaterina (Tochter von Jossif) Alexandrowa

Im März 1930 wurde aus der Siedlung (?) PAWLOGRAD (PODZWES), Dorfrat SJATKOWA RETSCHKA, Kreis CHABAROWSK, Region SIBIRIEN (heute ALTAI-Gebiet), die ukrainische Bauernfamilie DENISSENKO deportiert:

Als man die Familie „rechtskräftig“ in die Verbannung schickte, wurde das Alter der Kinder einfach um 3-4 Jahre hinaufgesetzt.

Man verschleppte sie nach KRASNOJARSK, und brachte sie im Sommer auf einem Lastkahn nach JENISSEJSK. Dort hielt man sie etwa ein Jahr lang in der Verbannung fest, und transportierte sie im darauffolgenden Sommer noch weiter den Jenissej abwärts; unweit JARZEWO setzte man sie am Ufer, an einer völlig unbewohnten Stelle, ab. So entstand hier eine Verbannten-Siedlung, die den Namen TAMAROWO erhielt, am linken Ufer des Jenissej, 15 km oberhalb von NISCHNESCHADRINO. Dort kam I. (J.) DENISSENKO ums Leben. 1935 floh G. (I.) DENISSENKO aus der Verbannung nach Krasnojarsk.

Im Jahre 1936 wurde die Familie DENISSENKO nach NIKULINO, am linken Ufer des Jenissej, unterhalb von Jarzewo und Kriwljak, verlegt. Die Verschleppten arbeiteten in der Waldwirtschaft (beim Bäumefällen und Holzabflößen).

In NIKULINO starb S. (J.) DENISSENKO (der dort die Schule besuchte).

Ungefähr 1940 wurden Verbannte, darunter auch Mädchen, nach NORILSK geschickt, um dort den Führerschein zu erwerben. K. (I.) DENISSENKO fuhr ebenfalls dorthin.

In NISCHNESCHADRINO, an der Mündung des Flusses Kas, befand sich eine russische Bauernfamilie in der Verbannung, die im Sommer 1930 aus der Ortschaft BELSK (BOLSCHAJA BELAJA), PIROWSKER Kreis, deportiert worden war:

L. (A.) ALEXANDROW wurde aus der Waldwirtschaft nach NIKULINO geschickt.

1939 heiratete E. (I.) DENISSENKO ihn. Die Ehe wurde von der Sonder-Kommandantur registriert. 1940 zogen sie nach NISCHNESCHADRINO um, und 1941 verlegte man sie in die Siedlung SCHERTSCHANKA (SERTSCHANKA), die den Kas etwas weiter flußauf-wärts gelegen war.

Unweit der Siedlung, in der Taiga, befand sich ein alter Lager-Friedhof: Holzlatten mit kleinen Namenstäfelchen, aber die Aufschriften waren schon fast vollständig verwischt.

Einmal fanden sie auf einem abgesägten Baum eine kleine Ikone, die in das Holz hinein-gewachsen war.

In derselben Siedlung, jedoch in getrennten Baracken, lebten Leute, die aus politischen Gründen verbannt worden waren. Viele waren es, einige –zig. Es waren sowohl junge als auch alte Menschen, darunter ein paar Kaukasier. Unter den Polit-Verbannten gab es eine ganze Reihe Städter, die recht gebildet waren, unter anderem einen betagten Mann mit dem Familiennamen SAJTSCHIK. Auch diese Verbannten arbeiteten in der Waldwirtschaft. Anfang der 40-er Jahre (noch vor dem Krieg) wurden sie alle irgendwohin abtransportiert.

Im Herbst 1941 brachte man zahlreiche litauische Deportierte nach NISCHNESCHADRINO. Die Meisten von ihnen schickte man den Kas aufwärts, oberhalb SCHERTSCHANKA (wohl nach Nowij Gorodok und zu einer Stelle, wo aus Baumstämmen Flöße zum Holzabflößen zusammengebaut wurden und von denen es am Kas viele gab). In SCHERTSCHANKA gab es keine Litauer.

Im Jahre 1942 ließ man L. (A.) ALEXANDROW aus der Verbannung frei und schickte ihn an die Front. Er kam in Ostpreußen ums Leben.

Ab 1943 arbeitete J. (J.) DENISSENKO (ALEXANDROWA) als Postbotin in NISCHNE-SCHADRINO. Zu dieser Zeit brachte man einen Arzt hierher in die Verbannung, der aus dem NORILLAG entlassen worden war. Es handelte sich um Alexander (Sohn von Alexander) BAJEW (geb. ~1892), der in Moskau verhaftet worden war. Er arbeitete im Krankenhaus.

Etwa 1945 brachte man ihn auf Abruf nach Moskau.

Ebenso geriet während des Krieges ein Oberst (Panzersoldat) nach NISCHNESCHADRINO in die Verbannung – Sergej (Sohn von Iwan) AREFJEW. Später wurde er aufgrund seiner Rehabilitation freigelassen und erhielt 40 Tsd. Rubel, sein Gehalt für die gesamte Strafe, die er nach seiner Verhaftung verbüßt hatte.

Späte brachte man den Tiermediziner BIRJUKOW dorthin in die Verbannung, ebenfalls nachdem er seine Lager-Haftstrafe abgesessen hatte. Er arbeitete in der Kolchose als Veterinär. Danach verlegte man ihn nach FOMKA (s. unten).

Mitte der 40-er Jahre arbeitete im Kreis-Krankenhaus in JARZEWO der bekannte Leningra-der Chirurg Michail (Sohn von Wassilij) RUMJANZEW. Auch er geriet nach Verbüßung seiner Strafe im NorilLag in die Verbannung. Mitte der 50-er Jahre wurde er in die Freiheit entlassen und kehrte nach Leningrad zurück.

Die Verbannten („Kulaken“) im damaligen Kreis JARZEWO wurden nach dem Krieg freigelassen und erhielten Pässe. Die Eltern von L. (A.) ALEXANDROW blieben in NISCHNESCHADRINO wohnen. Damals erhielt auch E. (J.) ALEXANDROWA (DENISSENKO) einen Paß. Danach verlegte man sie zum Postamt im Revier FOMKA, ebenfalls am linken Ufer des Jenissej, unterhalb der Mündung des Kas, wo sich eine separate Sowchose mit Namen Molokowa befand. Auch dies war eine reine Verbannten-Siedlung. Dort gabe es viele verbannte Letten, die 1941 aus LETTLAND deportiert worden waren. Alisa FRIZKAUS (geb.~1900), brachte die Post nach FOMKA. Sie war allein, ohne ihre Kinder, in die Verbannung geraten. Jan EMPELS (geb.~1920) arbeitete in der Sowchose.

In FOMKA befand sich auch Maria KALTYNEKS mit ihrem Sohn Wladimir in der Verbannung. Nach ihrer Freilassung aus der Verbannung in der zweiten Hälfte der 50-er Jahre fuhren sie alle in die Heimat zurück.

Ebenfalls in FOMKA befand sich der Diplomat (NKWD-Mitarbeiter) Gawriil (Sohn von Iwan) STROTSCHIZKIJ (geb. ~1890). Er war nach der Lagerhaft in die Verbannung geraten und arbeitete als Hausmeister und Verwalter.

Früher, in den 30-er Jahren, gab es auch 7 km unterhalb von FOMKA ein Lager. Es wurde erzählt, daß man dort im Sommer die Gefangenen „den Mücken aussetzte“ und sie im Winter bei strengstem Frost mit Wasser übergossen.

A.(J.) ALEXANDROW wurde am 12.03.1997 vom Informationszentrum der Verwaltung für Inneres der Region Krasnojarsk rehabilitiert. I. (J.) DENISSENKO, J. (M.) DENISSENKO und ihre Tochter J. (I.) DENISSENKO wurden am 09.06.1997 vom Informationszentrum der Verwaltung für Inneres im Altai-Gebiet rehabilitiert.

09.06.1999, aufgezeichnet von W.S. Birger, Krasnojarsk, Gesellschaft “Memorial“

Im Archiv


Zum Seitenanfang