(Anmerkung: in den Listen existieren zwei Personen mit Namen Rudolf
Rudolfowitsch Krause, Vater und Sohn. Hier ist die Rede von Vater Kraus, dem
Ehemann von Irma Genrichowna Fetzer).
Geboren am 10.09.1932 in der Ortschaft Neuburg (Nowogradowka), Gebiet Odessa; lebte dort auf einem Einzelgehöft. Sein Schicksal während und nach der Okkupation waren die Zwangsmigration nach Deutschland und die Deportation nach Sibirien – eine Wiederholung des Schicksals, das auch Irma Genrichowna widerfuhr.
R.R. ist ein äußerst schweigsamer, verschlossener Mensch, er ist es gewohnt viel
zu arbeiten und nicht zu reden. Auf unsere Fragen antwortete stets ausführlich
seine Frau, und seiner Meinung nach ist dem auch nichts anderes hinzuzufügen.
I.G. hat auch berichtet, daß R.R. etliche Jahre als Holzfäller in der
Waldwirtschaft arbeitete und für seine gute Arbeit mehrmals eine Prämie erhielt:
ein Transistorgerät, ein Hemd, ein Samowar. In der Familie werden zahlreiche
Ehrenurkunden verwahrt.
Als die Frage nach der Möglichkeit eines Umzugs nach Deutschland aufkam, äußerte sich R.R. strikt dagegen, weil er ständige irgendwelche Arbeiten macht, immer am Herumwerkeln ist. Er kann es sich einfach nicht vorstellen nichts zu tun. Und dort, in Deutschland, wird er untätig herumsitzen, und das ist für ihn gleichbedeutend mit dem Tod. Im allgemeinen ist man in der Familie der Meinung, daß der Mensch nur lebt, so lange er arbeitet.
P.S.: Wir glauben, daß diese Leute, für die das Arbeitsleben im Alter von 13 Jahren begann, Arbeiten gewöhnt sind, genau so wie sie sich daran gewöhnt haben, sich selbst zur vertrauen und sich auf ihre eigene Kraft zu verlassen – sonst wären sie nicht lebensfähig.
Die Befragung erfolgte durch Irina Saranowa und Maria Pitschujewa
(AB – Anmerkungen von Aleksej Babij, Krasnojarsker „Memorial“)
Fünfte Expedition für Geschichte und Menschenrechte, Nowokargino 2008