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Verbannungs- / Lagerhaftbericht von Tamara Michailowna Maslowskaja

Kreis Jemeljanowo, Dorf Oestschanka

9. April 1989

Am 18. Dezember 1937 wurden an der Station Katscha 18 Männer festgenommen, die meisten von ihnen Eisenbahner. Von ihnen kehrte lediglich ein betagter Verkäufer wieder zurück. In Krasnojarsk warf man sie ins innere Gefängnis des NKWD und folterte sie: man übergoß sie mit eisigem Wasser, hing Gewichte an ihre Geschlechtsorgane. Unter ihnen befanden sich: der Holzfuhrmann Wladimir Nikiforowitsch Maslowskij (er starb im Gefängnis an den Foltern), Saborskij und Ganuschschenko. Man sagte, dass sie von Schewtschenko und Lobanowskij denunziert worden waren.

Anfang der 1950-er Jahre begann T.M. Maslowskaja als Lehrerin an der Station Katscha zu arbeiten. Zu dieser Zeit saßen im Lager 288/2 eineinhalb- bis zweitausend Häftlinge, hauptsächlich Kranke und Invaliden. Unter ihnen gab es viele Moskauer. An einen kann sie sich noch erinnern – den Metroerbauer und Ingenieur Goroschko. Im Lager arbeitete er als Leiter der Abteilung für Massenbedarfsartikel. Später wurde er freigelassen und fuhr an einen anderen Ort.

Dieses Lager existierte ab 1934 oder 1935. Der erste Leiter dort war Janson. Zu Beginn der 1950-er Jahre stand es unter der Leitung von Jurjew. Bis 1949 war es sowohl ein Männer- als auch Frauenlager, aber dann wurde das Frauenlager nach Arijsk verlegt, 3 km von Sneschnitza entfernt. Die Mehrheit der Insassen in dem Lager waren Menschen, die nach § 58 verurteilt worden waren. Es lag an der Eisenbahn-Zweiglinie in der Nähe der heutigen Holzspänefabrik. Als Lehrerin stand T.M. Maslowskaja kostenloses Brennholz zu, und sie kann sich noch gut daran erinnern, wie dieses Holz auf Leiterwagen transportiert wurde, vor die man bereits halbtote Häftlinge gespannt hatte, jeweils mehrere pro Wagen. Auf diese Weise wurden ganze Wagenzüge voll mit Brennholz befördert. Einmal, im Jahre 1947, sah irgendwer aus dem vorbeifahrenden Zug Moskau - Peking so einen Treck, und anschließend achtete die Lagerleitung darauf, dass die Gefangenen nicht mehr dort auftauchten, wo man sie von der Eisenbahn aus sehen konnte.

Die Sterblichkeitsrate im Lager war sehr hoch. An der Stelle, wo sich damals eines der großen Massengräber befand, steht heute die Holzspänefabrik (ständig ragen dort noch Arme und Beine aus dem Boden hervor); das andere Massengrab war in der Niederung hinter dem See, am anderen Ufer der Katscha. Es gibt auch noch eine Anhöhe, wo viele Leichen verscharrt und später die ganzen Lagerabfälle hingeschüttet wurden.

In Pestschanka, Jemeljanowo, Starzewo, Schuwajewo, Arej, Logowika gibt es viele verbannte Deutsche. Sie sind alle aus ein und demselben Dorf und haben bis heute die Verbindung untereinander nicht abgebrochen. In Pestschanka leben Rosa Jakowlewna Feijser, Maksim Iwanowitsch Wajman(n), Nina Eduardowna Tichonowa und andere. In Krasnojarsk gibt es auf dem Nikolajewsker Friedhof einen Begräbnisplatz für die Opfer des Terrors – hinter der Kirche unter drei Birken.

Aufgezeichnet von W.S. Birger, A.P. Agapow


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