Nachrichten
Unsere Seite
FAQ
Opferliste
Verbannung
Dokumente
Unsere Arbeit
Suche
English  Русский

Verbannungs-/Lagerhaftbericht von Lidia Karpowna Melnikowa

 Geboren in Tomsk. Die Familie bestand aus 5 Personen. Die Eltern arbeiteten auf dem Umschlagplatz in Tomsk, Timoschka hieß er, und sie haben dort Eisenbahnschwellen hergestellt. Sie hatten eine eigene Wirtschaft und die Großmutter besaß ein eigenes Haus. Die Nachricht über die Deportationen aus Tomsk wurde schlecht aufgenommen. Man transportierte sie von September bis in den Oktober hinein. Unterwegs blieben wegen der Bombardierungen und wegen des Hungers von 68 Waggons nur 28 übrig. Bei der Ankunft in Tomsk verschickten sie sie in verschiedene umliegende Dörfer. Zu Beginn der Fahrt gab man ihnen zu essen (als sie aus Krasnojarsk abfuhren), aber als sie sich dann der Front näherten hörten sie damit auf. (Wie waren sie eigentlich untergebracht?).

Die Repressierten wurden in die Häuser der Dorfbewohner einquartiert und arbeiteten zunächst auf dem Feld – unter dem Schnee holten sie herabgefallene Ähren hervor.

Die Bevölkerung verhielt sich ihnen gegenüber schrecklich; niemand gab ihnen irgendetwas, alle bezeichneten sie mit den unterschiedlichsten Schimpfworten. Viele der Angekommenen waren Deutsche, welche die russische Sprache nicht konnten. Nach dem Krieg begannen die Kinder in die Schule zu gehen. Wo sie arbeiteten, daran erinnert sie sich nicht mehr, aber sie weiß noch, daß sie für ihre Arbeit mit Brot und Geld bezahlt wurden. Hauptsächlich in der Produktion waren sie tätig. Es gab keienrlei Ansporn oder Aufmunterungen. Sie waren verpflichtet zur Kommandantur zu gehen und sich dort regelmäßig zu melden und registrieren zu lassen.

Allen wurde gesagt, daß sie sich unbedingt rehabilitieren lassen sollten (aber wie sollte das denn gehen?) oder daß man sonst einen Prozeß anstreben würde. Und verbannt hatte man sie deswegen, weil die anderen Angst hatten, daß sie sich auf die Seite Hitlers schlagen würden.

Sie fuhren nicht wieder in die Heimat zurück, weil ihnen die finanziellen Mittel dazu fehlten. Viele Bekannte fuhren dorthin zurück, aber viele ließ man nicht gehen. Nichts ist von der Heimat geblieben. Was die Sondervergünstigungen für Repressionsopfer betrifft, so nutzt sie nur die für Strom, und die Rente haben sie ihr um 49 Rubel erhöht.

Sie kann sich nur noch an wenige Dinge erinnern, denn ihre Eltern wurden bereits zu Opfern der Repressionen, als sie noch ein kleines Mädchen war, und es ist nicht viel, was Mutter und Vater ihr darüber erzählten.

Die Befragung wurde durchgeführt von O. Pomolotowa, L. Aleksejenko (historische Abteilung der Jenisejsker Fachschule für Pädagogik).

Erste Forschungsexpedition für Geschichte und Menschenrechte


Zum Seitenanfang