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Bericht von Daniel Jegorowitsch Root

Daniel Jegorowitsch Root wurde 1926 geboren. Der Vater hieß Jegor Danilowisch (geb. 1896), die Mutter Anna; sie starb als Daniel Jegorowitsch 5 Jahre alt war. Später heiratete der Vater noch einmal und es wurden weitere Jungen geboren, aber er kann sich nicht an die Namen aller Verwandten erinnern.

Er lebte in der Ortschaft Straub. Bezirk Kukkus, Republik der Wolgadeutschen (Ortschaft Skatowka, Rownesker Bezirk, Gebiet Saratow). An der Wolga ging es der Familie nicht schlecht: sie hatten ein großes Haus, hielten Schafe, Kühe und Pferde. Vor der Abfahrt gelang es ihnen noch, das Haus zu verkaufen, wofür sie etwa 100 Rubel bekamen. Ansonsten konnten sie nichts Besonderes mitnehmen.

Bereits aus Sagaiskoje wurden Daniel Jegorowitschs Vater und der ältere Bruder 1942 in die Arbeitsarmee (ins WjatLag) geholt. Im Frühjahr 1943 wurde der Vater demobilisiert und an seinen Wohnort entlassen. Doch er kehrte nicht nach Hause zurück. Nach seiner Freilassung begab sich der Bruder zu Daniel Jegorowitsch. Er berichtete, dass in dem Lager, in dem er gewesen war, deutsche Kriegsgefangene gearbeitet hätten und dass man sich, ungeachtet der Tatsache, dass er und andere Deutsche aus dem Wolgagebiet doch Russen-Deutsche waren, ihnen und den deutschen Kriegsgefangenen gegenüber gleich schlecht verhalten hätte. Und die Lebensbedingungen selbst waren dort schrecklich, viele erfroren damals in ihren Baracken. Irgendwann bestimmte man ihn dazu die Post auszutragen, und nach seinen Worten überlebte er nur deswegen, weil er sich mal hier, mal da aufwärmen konnte und etwas zu essen bekam.

Daniel Jegorowitsch kannte seinen genauen Geburtstag nicht, denn die Dokumente gingen verloren. Er vermutete, dass er am 22. Juni geboren wurde, aber er mochte das Datum nicht, weil an diesem Tag der Krieg begann. Er beschloss dies genau festzustellen, und man schickte ihm wiederholt eine Geburtsurkunde, auf der der 23. Juni angegeben war. Für Daniel Jegorowitsch stellte eine solche Information eine große Erleichterung dar.

Mit den Ortsansässigen gab es keine größeren Konflikte. Sie hatten einen recht freundlichen Umgang miteinander.

Als die Wolgadeutschen anfingen nach Kasachstan zu fahren, um dort „schnelles Geld“ zu machen, da fuhr auch Daniel Jegorowitsch mit seiner Familie (damals hatte er schon seinen Sohn Sergej, geb. 1958) dorthin. Dort wurde noch eine Tochter geboren (Jekaterina, geb. 1962). Seine Frau erinnert sich, dass er ein ordentlicher Mann und guter Arbeiter war. Er arbeitete viel und übte dabei ganz unterschiedliche Tätigkeiten aus: er pflügte, kultivierte und erntete Baumwolle. Drei Jahre später kehrten sie wieder zurück. Die Deutschen reisten einer nach dem anderen nach Deutschland aus, aber Daniel Jegorowitsch kehrte nach Sagaiskoje zurück.

Er heiratete eine Russin, Valentina Iwanowna. Bis heute hat die Familie noch die Reisetasche aufbewahrt, die als Aufbewahrungsort für die Mitgift der Braut diente. Seine Kinder lehrte er kein Deutsch, sprach es aber selber gelegentlich, wenn zu Hause Verwandte zu Besuch waren, die aus Deutschland kamen. Trotz allen durchgemachten Schwierigkeiten wollte er selber nicht nach Deutschland gehen. Valentina Iwanowna erinnert ihren Mann als guten, fleißigen und im Dorf geachteten Menschen: „Du kannst jeden fragen und man wird dir sagen, dass er ein guter Mensch war“.

Das Interview wurde geführt von Darja Swirina.


Sondersiedler-Bescheinigung


Rehabilitationsbescheinigung


Archiv-Auskunft

Forschungsreise der Staatlichen Pädagogischen W.P. Astafjew-Universität Krasnojarsk und der Krasnojarsker „Memorial“-Organisation zum Projekt „Anthropologische Wende in den sozial-humanitären Wissenschaften: die Methodik der Feld-Forschung und Praxis der Verwirklichung narrativer Interviews“ (gefördert durch den Michail-Prochorow-Fond).

 


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