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Mitteilung von Maria Emanuilowna Sawranskich (Kiss)

Maria Emanuilowna Sawranskich (Kiss) wurde 1951 in Kuragino geboren. Schwester von Andrej Emanuilowitsch Kiss.

Die Eltern, Emanuil Christianowitsch Kiss (geb. 1914) und Jelisaweta (Elisabeth) Andrejewna Fertich (geb. 1916), lebten in der Ortschaft Bauer, ASSR der Wolgadeutschen. 1941 wurden sie in den Kuraginsker Bezirk deportiert. Neben Maria gab es noch den Bruder Emmanuil (geb. 1938). Drei Kinder verstarben noch in der ASSR der Wolgadeutschen, später (bereits in der Verbannung) wurden noch Andrej, Lidia, Maria, Viktor, Olga und Anna geboren.

Ihr richtiger Familienname lautet Giss, aber der Vater sprach schlecht Russisch, und so wurde er auf der Registrierkarte als Kiss vermerkt; daher wurde sein Ausweis später ebenfalls auf diesen Namen ausgestellt.

Anfangs siedelt man sie in Bragino an. Die Ortsbevölkerung benahm sich ihnen gegenüber gut, sie hatten Glück. Deutsche, die in andere Ortschaften gerieten, berichteten, dass sie in der ersten Zeit äußerst schlecht aufgenommen wurden. Doch auch hier verprügelten die jungen Burschen sie manchmal und beschimpften sie als Faschisten.

1942 wurden die Großmutter und der Vater in die Arbeitsarmee eingezogen. Der Vater kehrte 1947 zurück.

Vater und Mutter arbeiteten in der Kolchose, später wechselten sie in eine Sowchose. Irgendwann war der Vater Invalide und erhielt eine geringe Rente, die Mutter bekam ebenfalls eine kleine Rente. Sie hatten ein schweres Leben, unterhielten ihre kleine Wirtschaft.

Niemand aus der Familie reiste nach Deutschland aus; sie halten das Gebiet Saratow für ihre Heimat. Der Vater meinte: „Einen alten Baum verpflanzt man nicht mehr!“.

Maria Emmanuilowna kann Deutsch, sie unterhält sich mit den Schwestern in dieser Sprache. Zu Hause sprachen die Eltern ebenfalls Deutsch. Ihr Mann ist Russe, für seine Eltern hatte es nie irgendeine Bedeutung gehabt, welcher Nationalität jemand war. Zur Hochzeit kamen deutsche und russische Gäste. Alle Schwestern sind mit Russen verheiratet, nur der älteste Bruder heiratete eine Deutsche.

Die Eltern waren lutherischen Glaubens. Sie besaßen eine deutsche Bibel, sie beteten, und es kam vor, dass sie sich zu dem Zweck mit anderen Deutschen trafen. Sie gingen von Haus zu Haus, sprachen Gebete, lasen aus der Bibel. Es gab viele Deutsche, sie kamen auch aus Juschnij herbei. Sie hatten einen Pastor, der sprach und saß mit ihnen am Tisch. Sie sangen gut, den Russen gefiel das sehr, so schön konnten sie singen.

Ihre Toten beerdigten sie nach deutscher Art, mit einem Grabstein am Kopfende; bei den Russen steht er am Fußende. Die Eltern dachten nicht an eine Rückkehr an die Wolga: sie sagten immer, dass dort ja doch niemand mehr auf sie warten würde. Und wer würde ihnen ihr Haus zurückgeben!?

Ort des Interviews: das Haus der Familie Sawranskich in Kuragino
Interview: Jewgenia Aleksandrowna Franz

Expedition der Staatlichen Pädagogischen W.P. Astafjew-Universität, Krasnojarsk, zum Projekt „Volksgruppen in Sibirien: Bedingungen für den Erhalt der kulturellen Erinnerung“, 2017, Bezirke Karatus und Kuragino


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