Befragte: Irma Iwanowna Schewzowa
Geburtsdatum: 9. Dezember 1948
Geburtsort: Republik Tadschikistan
Ort des Interviews: Haus der Familie Schewzow in Kuragino
Nationalität: deutsch
Eltern: Iwan Iwanowitsch Wagner (1917-1994) und Olga Davidowna Wagner (Kaucher, 1920-1997). Sie lebten vor der Deportation in der Ortschaft Bauer, Krasnokamensker Bezirk, Republik der Wolgadeutschen.
Die Eltern waren vorher schon einmal verheiratet gewesen, aber später begegneten sie sich in der Arbeitsarmee. Wie es scheint, befanden sie sich damals in Reschoty. Dort hatten sie ein schweres Leben. Sie hungerten, waren verlaust, viel Schlimmes gab es dort. Zuhause schien es unangebracht, über die Deportation und die Trud-Armee zu sprechen. Nah der Arbeitsarmee gerieten sie nach Tadschikistan, später zogen sie nach Sibirien zur Mutter des Vaters – das war ungefähr 1949. Sie lebten auf der Farm Nr. 5, in Sagore (Kuraginsker Bezirk).
Zuhause sprachen sie Deutsch, in der Schule – Russisch. Die Eltern unternahmen keine Anstrengungen, in ihre Heimat an der Wolga zurückzukehren. Der Onkel wollte zurück ins Wolgagebiet, doch es kam nicht dazu – dafür reiste er nach Deutschland aus. Sie selber gingen nicht nach Deutschland. Die Kinder hegten eine Zeit lang den Wunsch, aber es wurde nichts daraus.
Die Eltern waren religiös, der Vater las die Bibel. Er absolvierte vier Schulklassen, die Mutter sieben oder acht. Sie bereitete sich auf die Aufnahme ans medizinische Technikum vor, aber dann begann der Krieg, und später wurden sie deportiert. Die Beziehungen zur Ortsbevölkerung gestalteten sich unterschiedlich. Es kam vor, dass man sie beschimpfte und beleidigte. Aber schließlich normalisierte sich die Lage.
Forscherin: Jewgenia Aleksandrowna Franz
Gesamtdauer der Befragung: 10 Minuten
Expedition der Staatlichen Pädagogischen W.P. Astafjew-Universität, Krasnojarsk,
zum Projekt „Volksgruppen in Sibirien: Bedingungen für den Erhalt der
kulturellen Erinnerung“, 2017, Bezirke Karatus und Kuragino