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Mitteilung von Jekaterina Andrejewna Schmahl

Jekaterina Andrejewna wurde 1947 in der Siedlung Taskino, Bezirk Karatus, Region Krasnojarsk, in einer kinderreichen deutschen Umsiedler-Familie geboren.

hre Eltern, Genrich (Heinrich) Genrichowitsch Schmahl (geb. 1904) und Amalia Augustowna (Mädchenname Scherer, geb. 1908), wurden, wie tausende andere Deutsche auch, aus der Autonomen Republik der Wolgadeutschen zwangsausgesiedelt. Auf dem Weg nach Sibirien wurde der Familie Schmahl Tochter Anna geboren. Mit großer Mühe, unter Bedingungen, die während der Fahrt und auch noch in den ersten, allerschwierigsten Monaten der Anpassung praktisch einem Hungerdasein gleichkamen, gelang es den Eltern, das kleine Mädchen am Leben zu halten.

Die Familie geriet in die Ortschaft Taskino, Bezirk Karatus, Region Krasnojarsk. Fast unmittelbar danach mobilisierten sie den Vater zur Arbeitsarmee, von wo er 1945 zurückkehrte. Nach der Heimkehr des Familienoberhauptes wurden die Kinder Viktor, Jekaterina, Maria und Emma geboren. Amalia Augustowna wurde sogar wegen ihrer vielen Kinder eine Medaille verliehen.
Die Eltern der von uns Befragten haben ihr Leben lang in der Kolchose gearbeitet: der Vater „transportierte mit einem Pferd Brennstoff“, die Mutter arbeitete „beim Tabak“.

Nach Jekaterina Andrejewnas Erinnerungen gerieten andere Angehörige der Familie nicht nach Taskino. Einige der Verwandten wurden nach Nowosibirsk geschickt, aber nachdem Amalia Augustowna verstorben war, erwiesen sich die verwandtschaftlichen Beziehungen als unwiderruflich verloren.

Weit entfernt von der Heimat, versuchten die Deutschen in den ersten Jahrzehnten ihre Sprache und ihre Traditionen zu bewahren. Sie kamen in ihren Häusern zusammen, sangen Lieder, sprachen Gebete. Die Ältesten unter ihnen tauften die bereits in Sibirien geborenen Kinder. Deutsch „blieb in den deutschen Familien die Haussprache. Allerdings, so erinnert sich Jekaterina Andrejewna, sprachen nur die Eltern Deutsch. Sie und ihre Geschwister wollten nicht Deutsch reden, sie lernten Russisch, was die deutsche Sprache in der Familie rasch verdrängte.

Jekaterina Andrejewna sagt, dass sie sich in ihrer Kindheit und Jugend wegen ihrer Nationalität geschämt hätte, mit den Eltern wenig Umgang hatte, obwohl sie heute gut versteht, dass sie ein sehr schweres Leben hatten. Amalia Augustowna und Genrich Genrichowitsch verbrachten ihr ganzes Leben in Taskino.

Die von uns Befragte weiß nichts über Rehabilitation, sie führt ein sehr bescheidenes Leben. Viele Jahre arbeitete sie im Fernmeldewesen, zog drei Kinder groß, die inzwischen auch alle ihre eigenen Familien haben.

Lediglich die jüngste Schwester von Jekaterina Andrejewna strebt danach, die Familien-Geschichte zu bewahren; sie ist hauptamtlich bei der Deutschen Gesellschaft in Tschernogorsk angestellt, reiste ins Wolgagebiet, versuchte das einstige Haus der Eltern ausfindig zu machen.

Bei Jekaterina Andrejewna ist von der deutschen Familie lediglich noch das Zubereiten traditioneller Gerichte erhalten geblieben: Kompott-Suppe, Krebl und andere.

 

Das Interview wurde aufgezeichnet von Jelena Sberowskaja

Expedition der Staatlichen Pädagogischen W. P. Astafjew-Universität Krasnojarsk zum Projekt "Völker in Sibirien: Bedingungen zur Wahrung der kulturellen Erinnerung" 2017, Bezirke Karatus und Kuragino.


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