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Verbannungs-/Lagerhaftbericht von Robert Ludwigowitsch Schuman

Robert SCHUMAN wurde in der Region KRASNOJARSK geboren, in der Nähe von UJAR.

1941 setzte er durch, daß er an die Front geschickt wurde. Er beendete die Schule für Post-, Nachrichten- und Fernmeldewesen in NOWOSIBIRSK, kämpfte in der Nähe von MOSKAU, dann am DON (im Jahre 1943). Am 02.08.42 wurde er, während er noch in der Armee diente, nach §§ 58-1b, 58-6, 58-10b verhaftet. Hauptgrund: der deutsche Vor-, Vaters- und Familienname (obwohl Robert Ludwigowitsch SCHUMAN Pole war). Das Untersuchungs-verfahren zog sich bis zum Oktober hin. Der Untersuchungsrichter hieß KOROL. Der Fall mit Korol, als Robert Schuman sein Abendbrot aß. 18 Leute ließ man bei lebendigem Leibe erfrieren (sie wurden nackt dem Frost ausgesetzt), weil sie angeblich versucht hatten zu fliehen. 6 Monate lang wusch er sich nicht, nur einmal, als Schnee fiel, wusch er sich mit Schnee. Er wurde von der Militär-Trojka verurteilt. Am 31.01.43 gaben sie ihm 7 Jahre.

LIPETSK: eine Zelle, gedacht für 20 Häftlinge, darin saßen 79. Ein Baptist verweigerte das Gefängnis-Essen und starb an Hunger. Die Sowjets bereiteten den Gefangenentransport ins KRASLag vor. Robert SCHUMAN fuhr nicht; er hatte Angst, daß er in die Heimat davon-laufen würde. Er schärfte einen Haken von seinem Mantel und brachte sich damit eine Verletzung bei, die den Eindruck erweckte, als hätte er eine geöffnete Vene. Man gab ihm Suppe in einer irdenen Schüssel und 550 gr Brot.

Im Mai ging dann der Gefangenentransport los, über MINUSINSK ins TEMLag.

Robert SCHUMANN kam zum 17. Lagerpunkt (einem Straflagerpunkt), in der Siedlung MUCHANSAWOD. Täglich starben dort 8-11 Gefangene beim Bäumefällen. Der Lagerleiter hieß DISKIN, seine Frau war Leiterin der URTSch (Registrierungs- und Verteilungsstelle). Der Leiter des TEMLag war General Ziwjan. Der Konvoi bestand aus Alten, alle Mordwinen. Am 17. Lagerpunkt floß die Mokscha vorbei. Station JAWAS, Postadresse: 288/17 (das Postfach ersetzte den Namen der Strafinstitution in der Postanschrift der Gefangenen). Als Brigadiere waren dort Skakun, Grigosarjan, Kotljarow. Die Balanda wurde aus Brennesseln bereitet. Im Lager waren 600 Gefangene. Der Kommandant lief ständig mit einem Eisenstock in der Hand herum. Selbstmord-Methoden waren: unter fallende Bäume geraten oder - Flucht vortäuschen.

Robert SCHUMAN machte der Frau von DISKIN ein Kompliment - und hatte das Glück, in die URTsch (= Registrierungs- und Verteilungsstelle) zu geraten. Man gab ihm mehr zu essen, damit er zu Kräften kam.

Danach schickte DISKIN ihn zu einem Lagerpunkt, wo man mit Maschinen arbeitete (in den 10. Lagerpunkt, und dann in den 20.). Dort saß Olga Petrowna Jewstignejewa aufgrund einer von den Kreml-Ärzten ausgestellten Akte ein. Und Georgij Stepanowitsch ARCHAROW, Verbindungsmann von MECHLIS (hochrangiger Parteifunktionär, Mitglied des NKWD). Er war 1937 zu 10 Jahren verurteilt worden. "Zur Arbeit abrücken ohne Nachzügler" (eine Methode, das Sammeln und Aussenden von Sträflingen zur Arbeit zu beschleunigen, indem man Hunde einsetzte, um die Zurückgebliebenen hinterher zu hetzen).

Das Zuschneiden von Eisenbahnschwellen: 250 Schwellen waren die Norm für eine Brigade aus 12 Leuten. Das Zurechtschneiden von Holzklötzen: die Klötze wurden mit Keilen zer-hackt. Die Schmiede: dort fügten die Häftlinge Tarnnetze für die Soldaten an der Front zusammen. Tote begrub man in einer Tiefe von einem halben Meter. Dort saßen Konter-revolutionäre (KRs), konterrevolutionäre trotzkistische Aktivisten (KRTDs), gesellschaftlich gefährliche Elemente (SOEs), Mitglieder von Familien, in denen es einen Vaterlandsverräter gab (ChSIRs). Das Lager war gemischt. Das Lager: ein Dorf, in dem ausgesiedelte, ver-triebene Menschen lebten, eingezäunt von Stacheldraht - und so sah das gesamte TEMLag aus.

Dort saßen auch General RICHTER und seine Frau ein, General ARNOLD (er schrieb im Lager Bücher: "Was ist das für ein Land der Bolschewiken?", "Die Stalinistische Macht". Und Robert SCHUMAN las sie). Auch Krasnow und Schkuro saßen im TEMLag. Schkuro reichte die Balanda (wässrige Suppe) nicht und er schimpfte: "Leute, was ist das für eine Abscheulichkeit!"

Dezember 1989, aufgezeichnet von A. Babij, Krasnojarsk, Gesellschaft "Memorial"


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