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Was versteht man unter "Sondersitzung"?

Die Sondersitzung als außergerichtliches Organ, das ist ein Organ, in deren Namen Urteile in Abwesenheit der betreffenden Person ergingen, ist keine Erfindung der Kommunisten: sie übernahmen diese wertvolle Praxis vom zaristischen Strafsystem, entwickelten es jedoch zu Maßstäben, die unter der Herrschaft des Zaren undenkbar gewesen wären.

"Die Sondersitzung des OGPU-Kollegiums" (OGPU = Vereinte staatliche politische Verwaltung) war während der 20er Jahre aktiv, geriet aber Ende 1929 mit dem Auftauchen der territorialen "Sonder-Troika" in den Hintergrund. Die Sondersitzung vor dem NKWD (genannt OSO des NKWD, des Volkskommissariats für innere Angelegenheiten) verfügte 1936 sowie in der ersten Hälfte des Jahres 1937 den grundlegenden Teil der Lagerhaftzeiten. In der Zeit des Großen Terrors begann sie erneut eine Hilfsrolle zu spielen. In all diesen Jahren legte die OSO in der Regel die Lagerhaftdauern fest und manchmal auch die Dauer der Verbannung oder "Ausweisung" ("Minus"), d.h. das Verbot in einer bestimmten Anzahl namentlich aufgeführter Städte zu leben.

Beginnend mit dem Jahr 1939 kam die Sondersitzung erneut auf den Plan, wobei durch sie jetzt auch schon Höchststrafen (Tod durch Erschießen) verfügt wurden. Erschießungen polnischer Kriegsgefangener im Jahre 1940 wurden durch eben diese OSO rechtskräftig beschlossen. Sie wurde auch während des Krieges aktiv genutzt.

In der zweiten Hälfte der 40er Jahre diente die OSO des NKWD (und ab 1946 die OSO des MGB, des Ministeriums für Staatssicherheit) als Hilfs-, aber dennoch wichtiges Mittel für die rechtskräftige Ausfertigung von Akten über die Teilnehmer des Widerstandes gegen die sowjetischen Besetzer - in den baltischen Ländern und im von der UdSSR annektierten Teil Polens. In die OSO schickte man alle Akten, die mit weißen Fäden zusammengenäht waren, damit Gerichte und Kriegstribunale (sogar Truppen-Tribunale des NKWD / MWD) sie "umdrehten" (d.h. damit sie nicht bearbeitet wurden) . Im übrigen wurde sich dieser Praktiken noch während des Krieges bedient - bei den Akten von "Vaterlandsverrätern". Gelang es doch fast allen wahren Handlangern der Hitleranhänger zu verschwinden, und das Plansoll hinsichtlich der Verräter mußte man ja sowieso erfüllen.

Letztendlich erwies sich die Sondersitzung des Ministeriums für Staatssicherheit als sehr nützlich, als man in den Jahren 1948-1950 damit begann, alle "Povtorniki", d.h. "Wiederholte" (ehemalige Häftlinge, die nach dem Paragraphen 58 verurteilt worden waren, mit Ausnahme derer, die einzig und allein den reinen § 58-10 hatten) zu ergreifen und rechtskräftig in unbefristete Verbannung zu schicken, eine "Ansiedlung auf ewig". In der Regel führten sie darüber keine neuen Akten, sondern verurteilten nach den vorangegangenen Unterlagen, in der kommunistischen Überzeugung, eine zweite Strafe für das erste (und dazu auch noch ausgedachte) Verbrechen festge-setzt zu haben.

Der OSO des MGB krepierte sogleich nach Stalin, dem Genie aller Zeiten und Völker.


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