Dwojka nennt man kurz gesagt die "Kommission des Volkskomitees für Innere Angele-genheiten des Genossen Jeschow und des Staatsanwaltes der UdSSR, des Genossen Wyschinskij".
Diese Dwojka funktionierte als außergerichtliches Organ, das heißt als Organ, in dessen Namen während der Zeit des Großen Terrors in Abwesenheit der betreffenden Person Urteile verhängt wurden. Die Dwojka vergab, im Unterschied zu den anderen außergerichtlichen oder quasigerichtlichen Organen des kommunistischen "Rechtswesens", ausschließlich das Urteil ERSCHIESSUNG ("WMN" = Höchststrafe).
Manchmal (in unserer Region in 2-3% der Fälle) wurde das Urteil der Dwojka zu einem späteren Zeitpunkt abgeändert in Lagerhaft, verhängt von der sog. "Sonder-Versammlung".
Der erklärte Zweck für die Funktion dieser Dwojka war offiziell der Kampf gegen feindliche (ausländische) Spione und Saboteure. In unserer Region wurden von der Dwojka Akten von Polen, Deutschen, Esten, Letten und Litauern, Chinesen und Koreanern, Finnen und sogar von Charbinern ( Kaweschedinern, d. h. Arbeitern, die von der Ostchinesischen Eisenbahn (KWSchD) aus der Mandschurei zurückgekehrt waren) rechtskräftig erledigt. Für jede dieser Kategorien wurden aus Moskau, aus dem NKWD, BESONDERE PLANSOLL-ZAHLEN angeordnet.
Diese "Charbiner" konnten in den Papieren als ethnische Polen, Deutsche oder Esten auftauchen, - aber wenn man sie als solche in den Akten festgelegt hatte, dann wurden sie (wie auch Chinesen und Koreaner) als japanische Spione gemeldet. In den übrigen Fällen trug man Polen als polnische Spione (oder als "Mitglieder nationalisti-scher Organisationen ein, die mit dem polnischen Spionagedienst in Verbindung standen"), im Falle der Esten - als estnische Spione, usw.
In einigen Fällen erklärte die Dwojka Polen und Angehörige anderer Minderheiten nicht als "Spione", sondern als straffällig im Sinne des §58-10 ("ASA = Antisowjetische Agitation" oder "KPA = Konterrevolutionäre Agitation"). Aber mit dem gleichen Resultat: WMN (= Höchststrafe = Erschießung).
Anscheinend kam es beispielsweise von Zeit zu Zeit vor, daß ethnische Polen für dieses Plansoll nicht ausreichten - dann schrieb man Weißrussen als Polen auf.
Oder wenn gewöhnliche Russen unter die Dwojka gerieten, die irgendwo, irgendwie mit Polen in Zusammenhang zu bringen waren, dann schrieb man ganz einfach: verheiratet mit Polinnen. Oder man flickte das Plansoll bei den Juden zurecht, indem man bei gebürtigen Baranowitschern oder Wilnaern den Vermerk eintrug: "Polnische Kriegsorganisation".
Es kam jedoch auch vor, daß nicht die Dwojka, sondern die "übliche" Trojka ethnische Finnen, Litauer, Polen rechtskräftig verhaftete.
In verschiedenen Regionen wurden vom NKWD auch noch andere Dwojka-Kategorien "aufgenommen". So gab es in der Ukraine ein Plansoll für "Zionisten" (das auch erfüllt wurde).