SIBULON bedeutet "Sibirische Lagerverwaltung zur besonderen Verwendung", mit anderen Worten "Verwaltung der sibirischen Lager zur besonderen Verwendung". Dementsprechend versteht man unter SIBLON "sibirische Lager zur besonderen Verwendung". Häftlinge dieser Lager nannte man in der Umgangssprache Sibulonzer, analog zu den Häftlingen des BAMLag, die umgangssprachlich als Bamowzer bezeichnet wurden (BAM = Baikal-Amur-Magistrale / Eisenbahnlinie).
SIBLON wurde im Jahre 1929 geboren, bevor die Kommunisten auf die Idee kamen, ihre Konzentrationslager in ITL (= Besserungsarbeitslager) umzutaufen. Im Jahre 1935 wurde SIBLON in Siblag umbenannt. Die Lagerverwaltung befand sich anfangs in Nowosibirsk, wurde 1933 nach Mariinsk verlegt, im Jahre 1935 wieder zurück nach Nowosibirsk, 1937 wieder nach Mariinsk, 1939 erneut zurück nach Nowosibirsk.
1943 wurde die Verwaltung des Siblag dann endgültig nach Mariinsk (im heutigen
Kemerowsker Gebiet) verlegt.
SIBLON/Siblag "breitete seine Eulenflügel" vom Irtysch nach Westen, vom Jenissej nach Osten aus, aber daneben war ein schmaler Streifen entlang der Transsibiri-schen Eisenbahn, von Nowosibirsk bis Mariinsk und etwas weiter nach Osten (einschließlich der Stationen Taiga, Jurga, Jaja, Suslowo und vielen anderen).
Innerhalb der Grenzen unserer Region befanden sich die Sibulon-Zonen (Lager-punkte) am linken Ufer des Jenissej in der Umgebung von Jarzewo (Kriwljak, Fomka, ?), und ebenfalls am linken Nebenfluß des Jenissej, am Kass (Schertschanka, bzw. Sertschanka). Möglicherweise handelte es sich hier um eine Lagerabteilung oder sogar zwei. Diese Lager wurden damals "turuchanskische" genannt, weil Jarzewo zum Bestand des Kreises Turuchansk gehörte (heute befindet es sich im Kreis Jenissejsk). Es ist richtiger die Lager "jarzewskische" zu nennen.
Das waren Holzfäller-Gebiete, offenbar in der Größenordnung von jeweils 500-1000 Häft-lingen. Es scheint, daß es nicht mehr als zehn dieser Zonen gab. Aber laut Archivangaben gab es in diesem Teil des SIBLON/Siblag auch Straßenbau.
In den jarzewskischen Lagern herrschten "patriarchalische" Sitten. Die Häftlinge, "die sich etwas hatten zuschulden kommen lassen", wurden im Sommer "den Mücken ausgesetzt", das heißt sie wurden an Bäume gebunden und blieben dort so lange, bis die Mücken und Fliegen das gesamte Blut aus ihnen herausgesaugt hatten.
Diese Lager wurden ungefähr 1940 geschlossen. Einige überlebende Häftlinge (etwa 200) wurden nach Jenissejsk verbracht.
Aber Mitte der 40-er Jahre tauchten an diesen Orten, und gerade am Fluß Kass, neue Holzfäller-Lager auf (Gorodok und andere). Es gibt Abgaben darüber, daß in ihnen die alten sowjetischen Bräuche des "Mückenaussetzens" wieder auflebten.
Uns ist nicht bekannt, ob diese "zweiten jarzewskischen Lager" zum Siblag gehörten, möglicherweise zur Strojka 503 (Lager für den Jenissej-Eisenbahn-Bau), oder ob es sich um Zonen örtlicher (Kreis-) Unterstellung handelte.
Innerhalb der Grenzen unserer Region sind uns, außer den jarzewskischen, keine weiteren Sibulon-Lager bekannt. Möglicherweise gehörte zum SIBLON/Siblag die Atschinsker Landwirtschaftsansiedlung und/oder -Lager an der Station Kemtschug,
Badaloschnaja und andere, aber dokumentierte Zeugnisse über die Zugehörigkeit dieser Zonen liegen uns nicht vor.