Am 30. Oktober wurde in Krasnojarsk der Tag des Gedenkens an die Opfer
politischer Repressionen begangen. Vor zehn Jahren war das Thema Repressionen
von den Zeitungsseiten und Fernseh-Bildschirmen nicht wegzudenken, doch jetzt,
so scheint es, sin d sie zu einem Gemeinplatz geworden, der schon bei niemandem
mehr ein besonderes Interesse hervorruft. Aber schade: indessen antworte ich auf
die Frage „kann sich das alles im Zeitalter des Internets und anderer
Köstlichkeiten der Zivilisation wiederholen“ leider ganz entschieden mit „ja,
das kann es – und wie!“ Wie Woland gerechterweise bemerkte, sind die Menschen
dieselben geblieben – egal, ob sie nun mit der Gänsefeder oder dem
Kugelschreiber schreiben oder auf die Tastatur ihres Computers hauen...
Und es gibt nur ein Mittel dagegen – denken und gedenken... Und zu diesem Zweck
existiert ja eigentlich auch die „Memorial“-Gesellschaft. Und deswegen wurde
auch in Krasnojarsk die Ausstellung „Norillag - 65 Jahre“ in Krasnojarsk
organisiert, die selbstverständlich am 30. Oktober eröffnet wurde.
Galina Prichodowa, stellvertretende Direktorin des Museumskomplexes für
Kultur und Geschichte, und Wladimir Sirotinin, Vorsitzender der Krasnojarsker „Memorial-Gesellschaft
bei der Ausstellungseröffnung.
Jonas Diktschus, Vorsitzender der Assoziation der Opfer illegaler
Verfolgungen
Sirotinin erzählt von der Ausstellung
Die Exposition – ein Labyrinth aus roten Rädern. Man muss dazu sagen, dass
sowohl die ausgestellten Dokumente (Rehabilitationsbescheinigungen, Urteile,
Lager-Dokumente), als auch das Labyrinth selbst großen Eindruck hinterlassen.
Die Leute tun sich schwer, nachdem sie das Ende der Ausstellung erreicht haben,
den Rückweg anzutreten.
Die Website des Krasnojarsker MEMORIAL,die auf der Ausstellung gezeigt wurde,
erfreute sich großer Beliebtheit. Die Leute traten heran, suchten im Martyrolog
ihre Angehörigen - und fanden sie! Hier übrigens, auf der Fotografie oben – die
Tochter des verfolgten Partisanen Krawtschenko. Und unten – Jusus
Alkesandrowitsch Askarow, der auf der Website sich selber ausfindig machte – und
ein Foto zur Erinnerung machte. Da ist er – auf dem Monitor, vor 50 Jahren, und
der steht er in höchsteigener Person.
Es hat sich wirklich gelohnt, an dieser Seite zu arbeiten, allein schon aus
diesem Grund: die Menschen haben gesehen, dass man sich ihrer erinnert, dass man
keinen in Vergessenheit geraten lässt... Ich lüfte übrigens ein Geheimnis: man
arbeitete derzeit an einem elektronischen Martyrolog der Opfer politischer
Repressionen für die gesamte Union, und das Krasnojarsker „Memorial“ nimmt aktiv
an dieser Arbeit teil. Wie sich herausstellte, sind gerade die Krasnojarsker in
dieser Hinsicht schon sehr weit vorangekommen....
Nun ja, alles ging sehr traurig und feierlich zu Ende. Auf dem Jenissei schwammen hunderte kleiner Flöße mit brennenden Kerzen.
Beisammensein im Zentrum für Kultur und Geschichte
Wolodja Birger, Anatolij Ilin. An der Stirnseite des Tisches –Galina
Prichodowa
Die Eheleute Sirotinin
Aleksej Babij, Wladimir Sirotinin
Nina Uschakowa, Wolodja Birger
Marina Wolkowa, die Eheleute Sirotinin
Fotos und Text: Aleksej Babij