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Die Toten werden von den Lebenden gelenkt

Offizielle Erklärung der regionalen „Memorial“-Gesellschaften

Der Richtung, welche die politischen Entwicklung in Rußland nimmt, wendet sich unablässig zurück in die Vergangenheit. Das Imperium fordert neue Opfer. Und die neuen Politiker des 21. Jahrhunderts verkünden Reformen, deren Gedanken und neue politische Ideen sich in Wirklichkeit keineswegs als derart neu erweisen. Die Toten des 20. Jahrhunderts packen uns am Boden und zerren uns zurück zu Millionen unschuldiger Opfer, Millionen verkrüppelter Schicksale, Millionen zerstörter Träume.

Generalstaatsanwalt Ustinov schlägt vor, gesetzlich eine Einrichtung für die Stellung von Geiseln zu verankern – aber gerade das entspricht doch den Praktiken der Tscheka bis zur endgültigen Vervollkommnung durch die Anordnung des NKWD im Hinblick auf die Familienmitglieder von Vaterlandsverrätern. Auch die Vorstellungen des Staatsanwaltes zur Vereinfachung des Untersuchungsverfahrens in Fällen, die im Zusammenhang mit Terrorismus stehen, sind keineswegs neu: diese Art von „Untersuchungsverfahren“ wurden mit Wirkung vom 1. Dezember 1934 in die Praxis eingeführt, nur wenige Stunden nach dem Mord an Kirov.

Innerhalb des Prozeßes der Umwandlung von Vergünstigungen in Geld wurden aus dem Gesetz der Russischen Föderation zur Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen Fragmente beseitigt und abgeschafft, die keinerlei Bezug zu einer Umwandlung in Geldleistungen haben: der Staat verweigert die Anerkennung des seelischen Schadens, der an den Opfern politischer Repressionen verursacht wurde.

Vor diesem Hintergrund ruft der Appell B. Gryzlovs über eine Änderung der Haltung gegenüber Stalin schon keine Verwunderung mehr hervor. Die Verbrechen der Stalin-Ära bezeichnet er lediglich als „Unebenheiten“. Wie bezeichnend das ist!

Er war keinesfalls ein blutiger Tyrann, der sich nichts aus seinem Volk gemacht hat, sondern vielmehr ein ganz „außergewöhnlicher Mensch“, der mit diesen „Unebenheiten“ ganz recht getan hat. Die gleiche tiefe Verachtung demonstriert auch die heutige Staatsmacht gegenüber ihrem Volk, indem sie fortgesetzt heuchelt, das Bewußtsein der Massen manipuliert und sie an die unabdingbare Wahl der „starken Hand“ und der „Lenkung der Ordnung“ gewöhnt.

Offenbar gibt es in Rußland keinen anderen Zement, als das Blut seiner Mitbürger. Und je mehr von diesem Blut vergossen wird, um so fester wird das Gebäude des großartigen Imperiums stehen, das uns die Herren des neuen Lebens immer wieder aufzwingen.

Handeln Sie, Herr Gryzov. Wischen Sie die „Unebenheiten“ und das Blut aus der stalinistischen Maschinerie des Dialoges der Macht mit dem russischen Volk fort und bringen Sie sie in Gang. Aber vergessen Sie nicht, dass jede knochenbrechende Maschine, die zur Verbreitung von Terror gedacht ist, früher oder später die Knochen ihrer Schöpfer selbst brechen wird.

Komi Menschenrechtskommission „Memorial“, Igor Sazhin
Krasnojarsker Gesellschaft „Memorial“, Alexej Babij
„Memorial“ Woronesch, Wjatscheslaw Bitjutzkij
“Memorial” Nowosibirsk, Leonid Trus


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