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Brief von Ewald Pawlowitsch Friedrich

Sehr geehrte Mitarbeiter der „Memorial“-Gesellschaft. Ich lese den „Krasnojarsker Komsomolzen“, die Publikation über Repressionsopfer, deren Schicksale im Zusammenhang mit der Region Krasnojarsk stehen. Ich habe beschlossen einiges über mich zu berichten. Ich, Ewald Pawlowitsch Friedrich wurde am 9. Februar 1921 in Berlin, in Deutschland geboren. Seit 13 Jahren bin ich Rentner. 1990 wurde ich zur Feststellung meiner geleisteten Arbeitsjahre und Neuberechnung meiner Rentenanwartschaft zur Staatlichen Rentenversicherung bestellt. Ich ging in Rente, und man rechnete mir das durchschnittliche Einkommen für das letzte Arbeitsjahr hinzu. Ich bekam 12o Rubel. Die Anzahl der Arbeitsjahre wurde nicht benötigt, sie hatte keinerlei Einfluß auf die Rente, und dabei hatte ich bereits vor Ausbruch des Großen Vaterländischen Krieges in der Stadt Irkutsk angefangen zu arbeiten; und ich arbeitete auch während des Krieges. Ich arbeitete bis zum 25. September 1942. An diesem Tage wurde ich verhaftet, und die ersten Eintragungen in mein Arbeitsbuch erfolgten bei mir erst ab dem Jahr 1948. In der Stadt Irkutsk besuchte ich die Schule Nr. 19; von dort schickte man mich zur Teilnahme an Instruktorenkursen für den Schießsport. Ich beendete die Ausbildung und erhielt eine Bescheinigung, dass ich nun Instruktor für den Schießsport 2. Klasse war. Ich unterrichtete die jungen Woroschilow-Schützen in ihrer Schule.

Am 23. Oktober 1937 wurde meine Mutter verhaftet; ich blieb allein zurück. Die Mutter versicherte mir: „Ich habe gegenüber dem Staat keinerlei Schuld; sie werden das überprüfen, und dann komme ich bald zurück!“ Ich gab die Schule auf, denn nun mußte ich arbeiten. Damals besaß ich noch keinen Ausweis. Ich arbeitete für den Stadtrat, und die Gesellschaft zur Unterstützung von Verteidigung, Luftfahrt und Chemie in der UdSSR schickte mich in die Betriebe, um dort die Woroschilow-Schützen auszubilden. Dafür bekam ich etwas Geld. Ab meinem 11. Lebensjahr lernte ich Musik, im Sommer spielte ich in den Parks in einem Blasorchester, im Winter in Klubs und Restaurants.

Ich trat dem Irkutsker Aeroklub bei, durchlief die ärztliche Untersuchungskommission, aber sie verweigerten mir die Aufnahme: sie wollten keinen mit einer solchen Herkunft – ich war ja der Sohn eines „Volksfeindes“. Schließlich ließ man mich im Auto- und Motorclub der Gesellschaft zur Unterstützung von Verteidigung, Luftfahrt und Chemie in der UdSSR an Chauffeurskursen teilnehmen. Ich machte meinen Abschluß und arbeitete danach als Fahrer im Konzern für Kantinen, Restaurants und Cafes.

Dann brach der Krieg aus. Das Fahrzeug wurde vom Kriegskommissariat beschlagnahmt, ich wurde von meinem Arbeitsplatz entlassen. Ich fand eine andere Arbeit in der Desinfektionsstation, wo ich Lastkraftwagen und Sanitätsautos fuhr. Ich erhielt einen Einberufungsbefehl, brauchte aber vorerst, bis zur weiteren Verfügung, nicht einrücken.

Nach der Verhaftung der Mutter warf man mich aus der kleinen, ehemaligen Küche des früheren Hauswirts heraus, in der ich zusammen mit der Mutter gewohnt hatte.
Man gab mir stattdessen ein kaltes, dunkles Zimmer – einen ehemaligen Lagerraum.

Einen Ausweis bekam ich mit 17 in der 1. Miliz-Abteilung. Nach einiger Zeit wurde ich zum NKWD vorgeladen, wo man mir den Ausweis wegnahm. Sie sagten, dass man ihn versehentlich an mich ausgegeben hätte, dass ich überhaupt kein Recht besäße einen sowjetischen Paß zu besitzen. Dazu mußte man erst die sowjetische Staatsbürgerschaft angenommen haben.

- Wie kann das sein? Meine Mutter ist doch sowjetische Staatsbürgerin, ich bin in ihrem Ausweis mit eingetragen und lebe seit meinem 6. Lebensjahr in Sibirien.

- Stell’ hier keine Fragen; hier hast du drei Fragebögen, füll’ sie für drei Personen deiner Wahl aus, aber es sollten schon Kommunisten sein.

Ich gab die Fragebögen zurück. Es gab keine Menschen, die für mich hätten bürgen wollen. Ich bekam eine Frist von 10 Tagen, um aus Irkutsk abzureisen und durfte mir in einem Umkreis von 100 km keinen neuen Wohnsitz suchen. Ich fuhr nicht.

- Wir verlängern die Frist um 5 Tage. Wenn du dann nicht fährst, kommst du ins Gefängnis.

Ich überlegte, weshalb sie mich einsperren wollten; ich wußte nicht, worin meine Schuld bestand. Sie ließen mich bleiben, gaben mir aber ein Dokument „Duldung des Aufenthaltes in der UdSSR für staatenlose Personen“; ich mußte mich beim NKWD melden und registrieren lassen.

Nach der Verhaftung der Mutter wurde ich innerhalb eines Jahres viermal verhaftet. Es gab Befragungen in der Art von Verhören, mitunter auch Drohungen. Ich spielte im Klub des Zentralen Elektrokraftwerks abends zum Tanz auf; und gegen Ende des Abends kamen sie und transportierten mich ab zum NKWD. Am frühen Morgen entließen sie mich wieder. Zweimal holten sie mich von Zuhause weg.

Mit dieser „Duldung des Aufenthaltes in der UdSSR für staatenlose Personen“ lebte ich bis zum 25. September 1942. Am 5. September kamen drei Männer in Zivilkleidung und führten eine Haussuchung durch. Man konnte alles sehen: den Tisch, zwei Stühle, ein Buchregal, das Bett. Ihre Aufmerksamkeit lenkten sie auf eine Flasche Kerosin und drei Flaschen mit Rohbenzin, das ein wenig heller aussieht. „Woher hast du das?“ Ich sage ihnen, dass ich das Kerosin gekauft habe, man kann es überall erwerben, und das Rohbenzin stand in der Garage. Es brennt gut in der Kerosinlampe, räuchert aber viel weniger. Dann gingen sie fort.

Am 25. September erhielt ich eine Vorladung vor Gericht. Urteil – unbedeutender Produktionsdiebstahl, § 162-E – ein Jahr Freiheitsentzug. Gefängnis, Lager, Lager-Nebenstelle.

Ein Jahr verging, aber sie ließen mich nicht frei. Eineinhalb Jahre später verkündeten sie: „Unterschreiben Sie! Wir werden Sie bis zum Ende des Krieges hier behalten“. In diesen eineinhalb Jahren haben sie mich zu einem Invaliden der Stufe 4 gemacht; so hieß damals die Bezeichnung, die man im Lager dafür vergab. Solche wie ich, die nur kurzfristige Haftstrafen bekommen hatten, wurden abgeschrieben, in die Freiheit entlassen. Bevor ich zum Invaliden geworden war, hatte ich ein Gesuch geschrieben, in dem ich darum bat, an die Front geschickt zu werden, aber sie verbrannten das Schriftstück vor meinen Augen und stießen einen Haufen Beleidigungen und schwerer Kränkungen gegen mich aus. Zum Glück wurde ich dann in ein anderes Lager verlegt; in diesem hier hätte ich sonst wahrscheinlich nicht überlebt. Man könnte viele Beispiele anführen, aber das ist eine lange Geschichte.

Man verlegte mich also nach Irkutsk, nach Lisicha. So hieß das Lager. Dort gab es eine Ziegelfabrik, einer Sattlerei, eine Schusterwerkstatt und eine Spinnerei. Dort konnte ich noch arbeiten. Sie steckten mich auch auf Probe in die Ziegelei, aber das war sinnlos; ich brach zusammen und verbrachte dort nur eine kurze Zeit. Das genaue Datum erinnere ich nicht mehr. Aber irgenwann wurde ich hinausgerufen und sollte auf Etappe gehen. So gelangte ich in die Stadt Kansk.

Sie brachten mich ins Kraslag, Sonderlagerpunkt N° 7, dessen Leiter Major Sawatejew war. Im Vergleich mit diesem Sonderlager N° 7 war Irkutsk die Hölle gewesen; viele waren dort gestorben, jämmerlich umgekommen oder krank geworden. Auch in der Nacht mußten sie unter dem Licht der Projektoren arbeiten - und bei jedem beliebigen Frost. Heißes Essen wurde nicht zum Objekt hinausgebracht. Es gab Verstümmelungen und schwere Erkrankungen. Wie durch ein Wunder blieb ich am Leben. Seit früher Kindheit hatte mir eine gewisse Abhärtung dabei geholfen; physisch war ich gesund.

Im Lager überzeugte ich mich davon, daß alles sich zum Besseren wandte. Ich begriff, daß der Krieg gegen Deutschland im Gange war, und ich war doch in Berlin geboren. Du kannst nicht jedem tief ins Herz hineinschauen; ich mußte mich in Geduld üben. Na ja, der Krieg geht irgendwann zuende, sie werden dich freilassen; Hauptsache, du bist am Leben geblieben.
Der Krieg ging tatsächlich zuende, und man teilte mir mit, daß ich noch bis zur weiteren Verfügung dort festgehalten würde. Die Stimmung sank; ich dachte nach und verstand: ich würde die Freiheit nicht mehr erleben – sie verachteten die Deutschen.

Im Sonderlagerpunkt N° 7 wurde ich nach der Quarantäne als Invalide zu einer landwirtschaftlichen Brigade verlegt. Im Lager gab es ein kleines Amateur- und ein Blasorchester. Nachdem ich wieder zu Kräften gekommen war, unterstützte ich die Musikanten, indem ich in beiden Orchestern mitspielte. Ich kann mich noch an viele erinnern, mit denen ich in den Brigaden arbeitete oder mit denen ich zusammen spielte. Kislik – ehemaliger Dirigent eines Militärorchesters; G. Dobrinskij – Dirigent eines Symphonieorchesters; S.S. Pawlowitzkij – ein, wie es hieß, ehemaliger Kommandant des Kreml; Brejdo – irgendein ehemaliger Minister; M.F. Amarof – er lebt in Kansk. Grimberg, Melnikow, W. Tujachow, Miller, Awdejew, Miljulja Rejno – ein Finne. Das waren alles Musikanten. Sidjukowa und Suworin waren Choreographen. Ich arbeitete beim Zuschnitt von Eisenbahnstellen (Krasnosnamennaja) in der 30. Brigade; Brigadeführer war Alexander Iw. Brandin. In der Böttcherei war Podolskij einer der Brigadiere und der Böttcher hieß P.I. Koronewskij. Ich arbeitete auch in der Mechanikerwerkstatt, wo Nähmaschinen-Nadeln hergestellt wurden, aber auch Angelhaken, Uhren mit Gewichten sowie Federn der Marke „Kraslag“; der Leiter dort war Wl. Paruchnow, Meister – Nikiforow und I.I. Antifejew. In der Lagerzone gab es ein Krankenhaus; dort war als Chirurg Professor Belz tätig; es hieß, er hätte im Kreml gearbeitet. Im Lager starb er. Leiter des Arbeitstrupps war Danilowitsch – Chef des Blasorchesters .... und viele andere.

Sie ließen uns frei, wir waren 18 Mann. Eines Nachts, im Herbst 1947, brahcten sie uns unter der Begleitung von Wachsoldaten zum MGB (Ministerium für Staatssicherheit; Anm. d. Übers.). Der Diensthabende sagt, bringen sie ihn zurück, den bewache ich nicht. Sie riefen den Kommandanten des MGB und Helden der UdSSR – Iwan Stepanow – herbei. Der sagt, wir haben hier bei uns keine Dokumente über euch; geht wohin ihr wollt. Am Montag., um 8 Uhr morgens hätten wir erst dort sein sollen, aber sie brachten uns bereits am Samstag hin. Am Montag transportierten sie uns auf Lastwagen zur Nebenwirtschaft der Sonderverkaufs-organisation des MGB. Dort arbeiteten wir etwa zwei Monate. Nachts schliefen wir in Erdhütten auf Stroh. Dann bestellte man uns in die Stadt. Das waren zufuß 18 km. Es herrschte große Kälte, und wir waren nur halb angezogen. Vor der Freilassung hatten wir unseren Lagerkittel in der Dampfinfektion abgegeben, und wir kamen mit Sachen heraus, wie sie für Häftlinge üblich waren. Wir erledigten alle möglichen Hilfsarbeiten, je nach dem zu welcher Tätigkeit man uns bei der MGB-Sonderverkaufsstelle gerade zwang. Lebensmittelkarten erhielten wir nicht, denn wir gehörten ja zur Hilfswirtschaft, zur Lagerkolchose; sie brachten jedem zwei Kilo Kartoffeln, ein wenig Hafermehl und Milch.

Ich wohnte in der Tischlerwerkstatt. Abends gingen wir zu zweit, paßten aufeinander auf, hoben Kelleräume aus, zersägten Holz – alles, was sie von uns verlangten. Sie erlaubten nicht, daß wir uns eine Arbeit in der Produktion suchten. Sie gaben uns eine Bescheinigung darüber, daß wir Sonderverbannte waren. Mit Müh und Not, und auch nur mit Hilfe der Fürsprache des Klubinhabers der Zellulosefabrik – M.F. Dubinskij -, der auch Leiter des Orchesters war, gestatteten sie mir schließlich, als Heizungsschlosser zu arbeiten. Ich spielte im Orchester, wohnte und schließ im Klub. Jeden Monat gibng ich einmal zum Regsitrieren und Melden zum MGB. Ich war bei I. Stepanow mit auf der Meldeliste.

Auch wenn es vielleicht merkwürdig klingt, wir standen in einer guten Beziehung zueinander, teilten in vielen Dingen unsere Meinung. Dank Stepanow durfte ich innerhalob des Geländes der Gießerei und Maschinenfabrik auf einem Kran arbeiten. Insgesamt blieb ich 7 Jahre dort. Als Fahrer gab man mir keine Arbeit, denn ich durfte mich ja nicht über die Grenzen der Stadt Kansk hinaus entfernen.

1949 heiratete ich, die Eltern meiner Frau lebten in Anzir, das 15 km von Kansk entfernt ist; ich fuhr mit einem zufällig vorbeifahrenden LKW dorthin. Nach 9 km überprüften sie meine MGB-Papiere. Weil ich die Lagerordnung verletzt hatte, steckten sie mich für 5 Tage und Nächte in die Arrestzelle; Staatsanwalt Kaschlew hatte das selbst unterschrieben. Auch wegen nicht rechtzeitigen Erscheinens bei der Meldebehörde brachten sie mich zweimal für 5 Tage und Nächte in den Kerker.

1954 sperrten sie mich erneut ein und wollten mich in den Suchobusimsler Bezirk schicken. Wir hatten bereits eine Tochter, meine Frau brachte mir Kleidung und Essen. Ich kam in die Zelle. Stepanow ließ mich frei un sagt: „Geh zur Miliz und laß dir einen Ausweis geben!“ 1954 erhielt ich einen Paß und wurde von der Meldepflicht entbunden. Ich dachte, jetzt, da ich den Paß hätte, wäre alles gut; aber jetzt wäre es auch nicht schlecht ein Dokument über seine Rehabilitierung in der Tasche zu haben: dann wäre die Anzahl der anzurechnenden Arbeitsjahre größer, die Rente höher und Vergünstigungen gäbe es auch.

Fünf Kinder hatten wir, zwei sind schon gestorben. Von der ältesten Tochter haben wir Enkelinnen im Alter von 12 und 14 Jahren; wir sind wie Vormunde. Meine Frau ist schon Rentnerin. Ich arbeite einstweilen noch für ein halbes Gehalt im Klub der Biochemischen Fabrik als Leiter des Blasorchesters.

Bei der städtischen Fürsorgestelle forderte ich ein Dokument über meine Rehabilitation. Ich ging zum KGB, sprach mit dem Leiter. Er meinte, daß sie über uns dort keine Nachweise hätten. „Wie kann das denn sein?“ fragte ich. „Wir mußten uns doch andauernd bei Ihnen melden und registrieren lassen.“ Er gab mir den Rat, mich ans KGB der Region Irkutsk zu wenden, wo ich auch eingesperrt war.. Ich war in Irkustk bei der KGB-Behörde, sprach auch dort mit dem Chef der Filiale – W.P. Gawrilow., und auch dort lagen keinerlei Informationen über mich vor. Er fragte beim Informationszentrum des MWD und KGB der UdSSR der Stadt Moskau nach; die hatten auch keine Angaben zu meiner Person vorliegen. Er schickte mir eine Bescheinigung über den Antrag nach Moskau. 17. Oktober 1990, N° 9/3-13534, Stadt Irkutsk.

Nach der Zeitung zu urteilen, verstehe ich, daß sie sich mit der Suche nach Repressionsopfern und ihren Schicksalen befassen, und deswegen habe ich mich entschlossen, mich an sie zu wenden. Ich glaube, daß ihre Informationsquelle der KGB ist. Beim KGB in Irkutsk erfuhr ich etwas über meine Mutter, las flüchtig ihre Personenakte durchz. Man gab mir ihren Paß und ihren Gewerkschaftsausweis. Später schickten sie mir den Beschluß des N KWD und der Staatsanwaltschaft der UdSSR vom 25. Juni 1938. Verurteilt zur Höchststrafe – Tod durch Erschießen. Todestag – 25. Juni 1938. Die Rehabilitationsbescheinigung kam posthum. Sterbeurkunde, Todesursache – Erschießung, Alter – 42 Jahre.

Ich konnte nicht glauben, daß sie sie erschießen wollten. Im schlimmsten Fall – Lagerhaft. Ich begab mich zum Gefängnis, um ein Päckchen für sie abzugeben. Es gab nur eine Antwort: hier ist sie nicht mehr. Später begriff ich, daß sie gar nicht mehr am Leben war; es kamen keine Briefe. Sie hatte eine kranke Leber, zuhause hatte sie immer Anfälle gehabt. Die Eltern der Schüler, die sie unterrichtete, schichten aus dem Dorf Hanffett, das linerte den Schmerz.

Mutter Nadeschda Aleksandrowna Tatarinowa, Russin, wurde 1895 in dem Dorf Balagansk, Gebiet Irkutsk, geboren. Sie absolvierte das Irkutsker Gregorianische Gymnasium mit einer Silbermedaille in der pädagogischen Fachrichtung, und besuchte vor der Revolution höhere Kurse für Frauen in der Stadt Moskau. Sie war Biologin, konnte 5 Sprachen und unterrichtete. Ende 1920 fuhr sie mit dem Vater zu ihren Eltern nach Deutschland, nach Berlin.

Der Vater ist Deutscher, er stammte aus derselben Statdt wie die Mutter, lebte nach dem Krieg mit Deutschland 1914 in Rußland. 1926 kehrte die Mutter mit mir nach Rußland zurück, zu ihren Eltern nach Balagansk, und arbeitete dort an der Schule.

1928 zogen sie nach Irkutsk um. Vom Volkskommissariat für Versorgungswesen schickten sie die Mutter ins Dorf Nyrene (Burjatien), nach Listwjanichnoje (am Baikalsee), wo sie unterrichten sollte. 1932 schickte man sie dann aufgrund ihres Gesundheitszustandes ins Irkutsker Finanz- und Wirtschaftsinstitut. Sie unterrichtete and en Schulen gleichzeitig Biologie und Deutsch. Zuletzt war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin des Laboratoriums der Pflanzenschutzstation.

Vom Vater trennte sie sich nicht. Er wollte nach Rußland, aber es gab keine Möglichkeit, zusammen auszureisen. Sie hatten Briefkontakt miteinander; er war Antifaschist, nahm an Demonstrationen teil. 1934 war er acht Monate ohne Arbeit; es kam der letzte Brief.

I. Stepanow, Held der UdSSR, verließ das Ministerium für Staatssicherheit. Ich sah ihnen auch noch einmal wieder, nachdem man mir einen Paß ausgehändigt hatte. In Kansk ist er nicht. Aber in Kansk lebte und arbeitete Jeroschow, mitunter mußte ich mich bei ihm melden und registrieren lassen. Ich bitte um Ihre Hilfe bei der Rehabilitation. Das jedenfalls riet mir der Chef der UKGB-Filiale in der Region Irkutsk - W.P. Gawrilow.

Hochachtungsvoll


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